Rz. 1

ESRS S1 adressiert Offenlegungspflichten zur "eigenen Belegschaft"; dabei handelt es sich um eine bedeutende Gruppe der "betroffenen Interessenträger" (ESRS S1.12), die darüber hinaus als "häufig" angeführte Kategorie von Stakeholdern in ESRS 1 genannt wird (ESRS 1.AR6). Den Begriff "eigene Belegschaft" fasst ESRS S1 breit und subsumiert darunter zwei Belegschaftsgruppen: zum einen Personen, die in einem Angestelltenverhältnis mit dem Unternehmen stehen ("Beschäftigte"), zum anderen "nicht angestellte Beschäftigte", darunter sind primär Selbstständige sowie Arbeitskräfte mit Zeitarbeitsverträgen zu verstehen (ESRS S1.4). Der Standard fordert, dass das Unternehmen die Beschäftigtenstruktur und damit die wesentlichen Merkmale der "Beschäftigten" und der relevanten "nicht angestellten Beschäftigten" beschreibt (ESRS S1.6).

 

Rz. 2

Zu den beiden zu berücksichtigenden Belegschaftsdimensionen "Beschäftigte" und "nicht angestellte Beschäftigte" ist näher differenziert festzuhalten:

  • "Beschäftigte" sind Einzelpersonen, die mit dem Unternehmen in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, das den nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten entspricht.[1]
  • "Unter nicht angestellte Beschäftigte" innerhalb der eigenen Belegschaft des Unternehmens werden zwei weitere Subkategorien unterschieden: Eine Gruppe umfasst Auftragnehmer, die mit dem Unternehmen einen Vertrag über die Erbringung von Arbeitsleistungen geschlossen haben ("Selbstständige"), zur anderen Gruppe zählen Personen, die von Unternehmen bereitgestellt werden, die primär gem. NACE Code N78 im Bereich "Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften" tätig sind, sprich Zeitarbeitskräfte.[2] Näher erläutert werden "nicht angestellte Beschäftigte" in ESRS S1.AR3, dort werden Beispiele für "nicht angestellte Beschäftigte" angeführt. Gemeint sind mit "Selbstständigen" nur Einzelpersonen, die ihre persönliche Arbeitskraft selbstständig anbieten, ob i. R.e. Werkvertrags oder Zeitvertrags. Nicht gemeint sind demgegenüber echte (Klein-)Unternehmen, die im Auftrag des berichtenden Unternehmens tätig werden. Ein mögliches Abgrenzungskriterium wäre, inwiefern über die Arbeitskraft hinaus auch Anlagegüter vom Auftragnehmer eingesetzt werden, z. B. ein eigener Lkw.

Resümieren lässt sich demnach: Beide Kategorien von Arbeitnehmern "Beschäftigte" und "nicht angestellte Beschäftigte" in der "eigenen Belegschaft" werden zwar vom berichtspflichtigen Unternehmen angewiesen, allerdings unterliegen "nicht angestellte Beschäftigte" keiner direkten Kontrolle des berichtspflichtigen Unternehmens. Die sprachliche Exaktheit der deutschen Sprachfassung der ESRS ist jedoch (auch) an dieser Stelle zu kritisieren, da die klare Abgrenzung der englischen Fassung nach "employees" und "non-employees" nicht zum Ausdruck kommt. "Beschäftigte" und "nicht angestellte Beschäftigte" lässt eher eine logische Untergliederung erwarten; tatsächlich wäre aber "Angestellte" die bessere Übersetzung im gegenständlichen Kontext für "employees"/"Beschäftigte". In der folgenden Übersetzung wird der offiziellen deutschen Sprachfassung gefolgt, wobei auf die dargelegte begriffliche Unterscheidung zu achten ist.

 

Rz. 3

Ein berichtspflichtiges Unternehmen hat in seinem Nachhaltigkeitsbericht gem. ESRS S1.1 darzustellen,

  • welche wesentlichen Auswirkungen es auf seine eigene Belegschaft entfaltet;
  • welche Maßnahmen es setzt, um tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen zu verhindern, abzuschwächen oder zu beseitigen – und welche Ergebnisse mit diesen Maßnahmen erzielt wurden;
  • welchen wesentlichen Risiken und Chancen das berichtspflichtige Unternehmen selbst aufgrund seiner Auswirkungen auf und Abhängigkeiten von der eigenen Belegschaft ausgesetzt ist – und wie es diese Risiken und Chancen steuert;
  • welche finanziellen Effekte für das berichtspflichtige Unternehmen aus diesen wesentlichen Risiken und Chancen in kurz-, mittel- und langfristiger Perspektive resultieren.
 

Rz. 4

Die Anforderungen an die Sozialberichterstattung gem. ESRS generell stehen im Einklang mit internationalen und europäischen Rahmenwerken zu Sozial- und Menschenrechtsbelangen, die zugleich das Fundament von ESRS S1 bilden (ESRS S1.7):

  • Internationale Charta der Menschenrechte,[3]
  • UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte,[4]
  • OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen,[5]
  • Erklärung der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit,[6]
  • grundlegende Übereinkommen der IAO,[7]
  • UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen,[8]
  • Europäische Menschenrechtskonvention,[9]
  • Europäische Sozialcharta,[10]
  • Charta der Grundrechte der EU,[11]
  • Europäische Säule sozialer Rechte[12].
[1] Delegierte VO C(2023) 5303, Anhang II, Abkürzungen und Glossar zu den ESRS, Tab. 2, S. 15.
[2] Delegierte VO C(2023) 5303, Anhang II, Abkürzungen und Glossar zu den ESRS, Tab. 2, S. 26.
[3] OHCHR, Fact Sheet No. 2 (Rev. 1), The International Bill of Human Rights, 1996, www.ohchr.org/sites/default/file...

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