Rz. 30

Im Herbst 2021 stellte die EFRAG PTF-ESRS noch während der Projektphase einen Prototypen zur Klimaberichterstattung vor. Wegen des Umfangs und der Komplexität der angestrebten Angabepflichten erfuhr dieser jedoch erhebliche Kritik. Im Frühjahr 2022 veröffentlichte die EFRAG PTF-ESRS in kurzer Folge sog. ESRS Working Paper, um einen Einblick in die beabsichtigte Struktur und die vorgesehenen Inhalte der ESRS zu geben. Insgesamt wurden 24 ESRS Working Paper mit über 200 Angabepflichten veröffentlicht. Auch wenn diese ausdrücklich nicht als Konsultationsentwürfe verstanden werden sollten, wurden aus einzelnen EU-Mitgliedstaaten Bedenken hinsichtlich des Umfangs und der Komplexität dieser ESRS Working Paper geäußert.

 

Rz. 31

Ende April 2022 veröffentlichte die EFRAG PTF-ESRS zum Abschluss ihrer Tätigkeit die ESRS-Konsultationsentwürfe.[1] Mittels eines umfangreichen Fragebogens wurden von den Stakeholdern detaillierte Einschätzungen zu den ESRS-Konsultationsentwürfen erhoben. Teilw. wurden auch andere Arten der Stellungnahme genutzt. Es gingen gut 750 Stellungnahmen bei der EFRAG ein. Da das Mandat der EFRAG PTF-ESRS Ende April 2022 endete, übernahm die mittlerweile etablierte neue EFRAG-Gremienstruktur die laufenden Arbeiten.

 

Rz. 32

Am 22.11.2022 hatte der SRB das Set 1 bestehend aus zwölf sektorübergreifenden ESRS-Entwürfen als fachlichen Ratschlag an die EU-Kommission übermittelt. Unter Verwendung der Ergebnisse der 750 Stellungnahmen hatte der SRB im Vergleich zu den vorherigen Konsultationsentwürfen wesentliche Nachbesserungen vorgenommen.[2] Diese beinhalteten zunächst eine bessere Vereinbarkeit mit Arbeiten anderer internationaler Standardsetzer zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, insbes. dem ISSB. Weiterhin wurde der Wesentlichkeitsbestimmung durch Unternehmen eine höhere Bedeutung eingeräumt. Schließlich wurden Berichtspflichten signifikant reduziert, um einem überbordenden Erfüllungsaufwand für die Unternehmen ohne erkennbaren Informationsnutzen entgegenzuwirken.

 

Rz. 33

Die EU-Kommission hatte im Anschluss die von der EFRAG erarbeiteten ESRS-Entwürfe mit diversen EU-Institutionen und EU-Mitgliedstaaten konsultiert. Von höherer politischer Ebene in der EU-Kommission kamen unter dem Eindruck des US Inflation Reduction Act noch während der Finalisierungsphase des Set 1 weitere Vorstöße zum Abbau von Bürokratielasten für EU-Unternehmen. Am 15.3.2023 hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch vor der abschließenden Konsultation des Set 1 durch die EU-Kommission in einer Rede im EU-Parlament[3] eine weitere Reduktion von Berichtspflichten um 25 % gefordert.

 

Rz. 34

Am 5.6.2023 begann die abschließende Konsultation eines delegierten Rechtsakts zum Set 1 durch die EU-Kommission. Nach Abschluss einer vierwöchigen Konsultationsfrist wurde das finale Set 1 am 31.7.2023 formal als delegierter Rechtsakt angenommen.[4] Bereits der Konsultationsentwurf des delegierten Rechtsakts wies einige wesentliche Unterschiede zum im November 2022 von der EFRAG ausgearbeiteten Set 1 auf. Als erste wesentliche Änderung wurden grds. sämtliche Informationsanforderungen der zehn themenspezifischen ESRS einer Wesentlichkeitsanalyse durch das berichtende Unternehmen unterworfen. Weiterhin sah der Konsultationsentwurf anfängliche Erleichterungen für Unternehmen mit weniger als 750 Mitarbeitern vor. Gerade die Betonung der Wesentlichkeitsanalyse führte dazu, dass nach dem Konsultationsentwurf die zuvor etwa 400 verpflichtenden Datenpunkte grds. nun einer individuellen Wesentlichkeitsanalyse durch das berichtende Unternehmen unterzogen werden sollten. Dies schloss die bisher verpflichtenden Angaben zu ESRS E1, bestimmten Angaben in den Sozialstandards als auch von anderen Finanzmarktteilnehmern benötigte Angaben zu Abfragen im Zusammenhang mit der SFDR ein.

 

Rz. 35

Diese Ausrichtung war nicht unumstritten, was die 600 Rückmeldungen zum Konsultationsentwurf gezeigt haben. Angesichts der Ergebnisse der öffentlichen Konsultation hat die EU-Kommission die Betonung der Wesentlichkeitsanalyse durch die Unternehmen nochmals feinjustiert. Dazu gehört, dass mit Bezug auf die umweltbezogenen Standards (ESRS E1 bis ESRS E5) oder ESRS G1 ("Unternehmenspolitik") sämtliche Angabepflichten und Datenpunkte in Bezug auf ESRS 2 IRO-1 ("Beschreibung der Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen") unabhängig von der Wesentlichkeitsanalyse des Unternehmens verpflichtend sind. Ergibt die unternehmensspezifische Wesentlichkeitsanalyse, dass das Thema "Klima" nicht wesentlich ist, und unterbleibt aus diesem Grund die Berichterstattung gem. ESRS E1, muss das berichtende Unternehmen u. a. eine ausführliche Erläuterung der Ergebnisse seiner Wesentlichkeitsanalyse zu diesem Thema offenlegen. Bzgl. der Angabepflichten im Zusammenhang mit der SFDR und anderen EU-Vorschriften gem. ESRS 2 gilt weiterhin, dass die entsprechenden Datenpunkte grds. dem Wesentlichkeitsvorbehalt unterliegen. Allerdings ist lt. ESRS 1...

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