Zwischen Spektakel und Substanz: Deutscher Nachhaltigkeitspreis
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis (DNP) wurde in diesem Jahr bereits zum 16. Mal verliehen. Er gehört damit zu den ältesten und – wie ein aktuelles Forschungsprojekt der Universität Hohenheim zeigt – bekanntesten Nachhaltigkeits-Awards in Deutschland. Neu war in diesem Jahr dahingegen das Auswahl- und Bewertungssystem: Neben der aktiven Bewerbung der Unternehmen recherchierte und bewertete die Plattform Score4More tausende öffentlich zugängliche Nachhaltigkeitsinformationen und -berichte mithilfe künstlicher Intelligenz. So werden auch Unternehmen ausgezeichnet, die sich nicht selbst beworben haben.
150 Fachjurorinnen und -juroren aus Forschung, Verbänden, Beratung und Zivilgesellschaft wählten die 100 Leuchtturmunternehmen aus der Vorauswahl. Die Teilnahme am Wettbewerb war kostenlos. Für die Nutzung des DNP-Siegels werden die ausgezeichneten Unternehmen allerdings zur Kasse gebeten: Die Rede ist von einem je nach Unternehmensgröße vier- bis fünfstelligen Betrag. Schließlich muss das Award-Spektakel finanziert werden.
100 Branchengewinner und vier Transformationsfelder
Spektakel gab es bei der Preisverleihung reichlich, auch wenn die Übergabe an die Branchensieger im Schnelldurchlauf ablief: In vier Runden zu je 25 Preisen gingen die begehrten DNP-Kugeln über die Bühne und schmücken nun Unternehmen aus so unterschiedlichen Branchen wie Baugewerbe, der Elektrotechnik, der Textilbranche, der Touristik oder der Unternehmensberatung.
Mehr Raum geboten bekamen die Nominierten in den vier Transformationsfeldern. Im ersten Feld „Ressourcen“ waren dies das inklusive Refurbishment-Unternehmen AfB Green IT, die Hartmann Möbelwerke und der Kunststoffrecycler Interzero. DIHK-Präsident Peter Adrian überreichte den Sonderpreis an Interzero-Geschäftsführer Sebastiaan Krol. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst betonte in seiner Laudatio die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft für die Schonung natürlicher Ressourcen.
Das Transformationsfeld „Gesellschaft / Wertschöpfungskette“ gewann der Allgäuer Sportartikelhersteller Vaude. Außerdem nominiert waren die Telekom, die ein Projekt gegen Hass im Netz lancierte, sowie das Sozialunternehmen Acker e.V., das Jugendliche für die Wertschätzung von Natur und Lebensmitteln sensibilisiert. Vaude-Chefin Antje von Dewitz betonte im kurzen Preisträgerinterview die Rolle gemeinsamer Nachhaltigkeitsstandards. Nur so könnten Unternehmen „eine Hebelwirkung entfalten“.
Im Transformationsfeld „Natur“ waren mit Alnatura, Frosta und Lebensbaum drei Unternehmen aus der Lebensmittelbranche nominiert. Alnatura überzeugte die Jury und erhielt die Auszeichnung für sein Engagement für den Erhalt der Artenvielfalt und die Regeneration von Ökosystemen.
Im Transformationsfeld „Klima“ setzte sich der Glashersteller Schott gegen die Bürgerwerke und den Batterierecycler Duesenfeld durch. Die Jury lobte insbesondere die Forschung des Unternehmens zum Technologiewandel in der energieintensiven Glasindustrie.
Ehrenpreise für persönliches Engagement
Neben Unternehmen ehrte der DNP auch Persönlichkeiten, die sich für Nachhaltigkeit einsetzen. Darunter die CNN-Journalistin Christiane Amanpour, die im Preisträger-Interview mit DNP-Initiator Peter Schulze-Hausmann über engagierten Journalismus, den Gaza-Krieg und ihre Hoffnung auf eine friedlichere Welt sprach. Der CDU-Politiker Klaus Töpfer, ehemaliger Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und Chef des UN-Umweltprogramms, wurde für sein Lebenswerk geehrt.
Viel Show – Inhalte nur im Rahmenprogramm
Die Sängerin Macy Gray erhielt den Ehrenpreis für ihr Engagement gegen Rassismus und Polizeigewalt. Mit ihrer Antwort auf die Frage, ob sich seit dem Tod von George Floyd etwas geändert hätte, versäumte sie leider, ein echtes Statement zu setzen. Ebenfalls geehrt wurde der irische Sänger Ronan Keating, der sich mit seiner Stiftung für die Krebsvorsorge einsetzt.
Erklärtes Ziel des Nachhaltigkeitspreises ist es, den Leuchttürmen der Transformation eine Bühne zu geben. Natürlich braucht es dazu einen großen Auftritt, Show und Glamour. Und natürlich sollen die Vorreiter der Nachhaltigkeit auch gefeiert werden. Doch bei all dem Feiern gerieten die Inhalte stark in den Hintergrund. Gab es doch einmal inhaltliche Impulse, musste Schulze-Hausmann die Aufmerksamkeit immer wieder auf die Bühne und weg von den Tischgesprächen lenken, so ausgelassen wurde gefeiert. Dabei feierten die Anwesenden vor allem eines: sich selbst.
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