CSDDD: Zustimmung im EU-Parlament

Das EU-Parlament hat den Weg für ein europäisches Lieferkettengesetz frei gemacht. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Mittwoch, den 24. April, in Straßburg für die Regelung. Die Richtlinie wird Unternehmen in Europa dazu verpflichten, ihre Lieferketten auf fragwürdige Umwelt- und Arbeitspraktiken zu überprüfen.

Eine Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament stimmte am Mittwoch in Straßburg für die neue, mit dem Rat vereinbarte Sorgfaltspflicht-Richtlinie (374 Ja-Stimmen, 235 Nein-Stimmen und 19 Enthaltungen). Damit ist der Weg frei für ein europäisches Lieferkettengesetz zum Schutz der Menschenrechte. Ziel des Entwurfs ist unter anderem, dass Unternehmen künftig vor europäischen Gerichten zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten profitieren.

Die EU-Staaten müssen dem Entwurf noch formell zustimmen, was aber als Formsache gilt. Bereits am 15. März hatte eine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (AStV) ihre Zustimmung signalisiert.

Änderungen der Richtlinie

Der Abstimmung im AStV war eine wochenlange Diskussion über den Richtlinienentwurf vorausgegangen. Diese hatte auch innerhalb der Bundesregierung für Streit gesorgt. Während Wirtschaftsvertreter und die FDP vor einer zu starken Belastung der Unternehmen warnten, sahen Vertreterinnen und Vertreter von SPD und Grünen in dem EU-Lieferkettengesetz einen großen Gewinn für den Schutz der Menschenrechte.

Deutschland hatte sich auf Drängen der FDP bei der Abstimmung im AStV der Stimme enthalten. Eine Enthaltung gilt in diesem Gremium als Nein-Stimme. Die EU-Kommission hatte erklärt, sie wolle verhindern, dass sich Unternehmen im Binnenmarkt mit mehreren, möglicherweise unvereinbaren nationalen Regelungen auseinandersetzen müssen. Insbesondere die belgische EU-Ratspräsidentschaft versuchte, die Bedenken der Mitgliedstaaten hinsichtlich eines übermäßigen bürokratischen Aufwands zu zerstreuen.

Dies führte zu folgenden Entschärfungen des ursprünglichen Richtlinienentwurfs:

  • Reduzierung des Anwendungsbereichs:
    Der Anwendungsbereich umfasst nun Unternehmen mit 1000 Beschäftigten (statt 500) und einem Umsatz von mindestens 450 Mio. EUR (statt 150 Mio. EUR)
  • Abgestufte Anwendung:
    Die Anwendung erfolgt stufenweise nach Unternehmensgröße und Umsatz, sodass in den ersten Jahren weniger Unternehmen betroffen sind.
  • Hochrisikosektor-Ansatz wurde gestrichen:
    Das Konzept der schrittweisen Einbeziehung von Unternehmen, die die Kriterien für den Anwendungsbereich nicht erfüllen, aber in Hochrisikobranchen tätig sind, wurde aufgegeben.

Worin die EU-Lieferkettenrichtlinie über das deutsche LkSG hinausgeht

Dennoch würde die Neuregelung in einigen Punkten über das deutsche Lieferkettengesetz (LkSG) hinausgehen. Zu nennen sind hier vor allem die Regelungen zur zivilrechtlichen Haftung: Unternehmen haften für Schäden, die durch die Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten entstehen, und müssen Geschädigte vollständig entschädigen. Darüber hinaus müssen Unternehmen einen Übergangsplan erstellen, um ihr Geschäftsmodell mit der im Pariser Abkommen festgelegten Obergrenze von 1,5 Grad Erderwärmung in Einklang zu bringen.

Mögliche Sanktionen bei Verstößen sind Geldstrafen von bis zu 5 Prozent des weltweiten Nettoumsatzes der Unternehmen.

Gesetz „hart erkämpfter Kompromiss“

Nach der Abstimmung im Plenum sagte die federführende Europaabgeordnete Lara Wolters (Niederlande, Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament): „Die heutige Abstimmung ist ein Meilenstein für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln und ein wichtiger Schritt, um die Ausbeutung von Menschen und unseres Planeten durch Cowboy-Unternehmen zu beenden. Dieses Gesetz ist ein hart erkämpfter Kompromiss und das Ergebnis vieler Jahre harter Verhandlungen.“

Die Abstimmung im Plenum fiel mit dem Jahrestag des Einsturzes des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesch zusammen. Dabei wurden 1.138 Arbeiterinnen und Arbeiter getötet und mehr als 2.000 weitere verletzt. Aruna Kashyap, stellvertretende Direktorin für Unternehmensverantwortung bei der Organisation Human Rights Watch, betonte: „Der 11. Jahrestag der Rana Plaza-Katastrophe ist eine düstere Erinnerung daran, warum ein Gesetz zur Sorgfaltspflicht längst überfällig ist. [...] Das Votum des Europäischen Parlaments sendet die klare Botschaft, dass die EU große Unternehmen nicht länger mit Menschenrechts- und Umweltverstößen davonkommen lassen sollte.“

Zeitplan: Wie es jetzt weitergeht

Die Richtlinie muss nun noch formell vom Rat angenommen, unterzeichnet und im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Zwanzig Tage später wird sie in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten haben zwei Jahre Zeit, die neuen Regelungen in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland wird dies voraussichtlich durch eine Anpassung des LkSG erfolgen.

Die weitere Umsetzung der CSDDD ist wie folgt vorgesehen:

Mai/Juni 2024:

CSDDD tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Mai/Juni 2026:

(2 Jahre nach Inkrafttreten)

EU-Staaten müssen die CSDDD in nationales Recht umsetzen;

in Deutschland durch Anpassung des LkSG.

2027

(3 Jahre nach Inkrafttreten)

CSDDD ist anzuwenden für Unternehmen mit

  • Mehr als 5.000 Mitarbeitern
  • Mehr als 1,5 Milliarden EUR Umsatz

2028

(4 Jahre nach Inkrafttreten)

CSDDD ist anzuwenden für Unternehmen mit

  • Mehr als 3.000 Mitarbeitern
  • Mehr als 900 Millionen EUR Umsatz

2029

(5 Jahre nach Inkrafttreten)

CSDDD ist anzuwenden für Unternehmen mit

  • Mehr als 1.000 Mitarbeitern
  • Mehr als 450 Millionen EUR Umsatz
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