Klimaklage vor Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte

Gibt es ein Menschenrecht auf Klimaschutz? Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat am 9. April über drei Fälle entschieden. Eine Schweizer Initiative bekam dabei Recht. Zwei weitere Klimaklagen blieben erfolglos. Die Urteile könnten auch die deutsche Klimapolitik beeinflussen.

Der Verein Klimaseniorinnen Schweiz war heute mit einer Menschenrechtsbeschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erfolgreich. Sie forderten schärfere Maßnahmen gegen den Klimawandel. Der mangelnde Klimaschutz der Schweiz verletze die klagenden Seniorinnen in ihren Menschenrechten, entschieden die Richter. Die Frauen seien in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben sowie in ihrem Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden.

Das Urteil könnte zum Präzedenzfall für weitere Klimaklagen werden und auch Konsequenzen für Deutschland haben. Ein Verfahren, in dem neun Jugendliche und junge Erwachsene mit Unterstützung der Deutschen Umwelthilfe gegen die Bundesregierung und für einen ambitionierteren Klimaschutz klagen, wurde bis zur Entscheidung über das Verfahren der Schweizer Klimaseniorinnen ausgesetzt. Zudem könne die Entscheidung Experten zufolge beispielsweise die Abschaffung der Sektorziele aus dem Klimaschutzgesetz erschweren.

Erstes Urteil mit Symbolcharakter

Der Fall der Klimaseniorinnen war die erste Klimaklage überhaupt, die vor der Großen Kammer des EGMR verhandelt wurde. Die Seniorinnen argumentierten, dass sie aufgrund ihres Alters durch den Klimawandel besonders gefährdet seien, etwa durch extreme Hitzewellen. Die Vereinigung der Schweizer Rentnerinnen wurde von Greenpeace initiiert und unterstützt. Sie hat nach Angaben von Greenpeace über 2.500 Mitglieder mit einem Durchschnittsalter von 73 Jahren.

Der EGMR hat sich zwar schon mit Umweltemissionen wie Lärm oder Luftverschmutzung befasst, aber noch nie mit den Treibhausgasemissionen eines Landes. Zur mit Spannung erwarteten Urteilsverkündung waren mehrere hundert Menschen angereist, darunter auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg.

Zwei weitere Klimaklagen gescheitert

Zwei weitere Klimaklagen wurden abgewiesen. Ein französischer Bürgermeister hatte gegen sein Heimatland geklagt. Die Richter entschieden jedoch, dass ihm die sogenannte Opfereigenschaft, also die besondere Betroffenheit, fehle. Portugiesische Jugendliche klagten gegen 32 europäische Staaten. Sie hätten aber zuerst die Instanzen in Portugal durchlaufen müssen, bevor sie den Gerichtshof in Straßburg anrufen konnten. Sofia Oliveira, eine der jugendlichen Klägerinnen, sagte nach dem Urteil, sie sei natürlich enttäuscht, aber der Sieg der Klimaseniorinnen sei ein Sieg für sie alle.