Rethink Business: Das war die B.A.U.M. Jahrestagung 2023

Nicht weniger als der Systemwandel? Kritische Botschaften und tiefgehende Diskussionen prägten die Jahrestagung des B.A.U.M. e.V., bei der es um den Wandel zur sozial-ökologischen Marktwirtschaft ging. Ein Nachbericht.

Nachhaltige Digitalisierung, betriebliches Mobilitätsmanagement, regeneratives Wirtschaften: Ein breites Themenangebot erwartete etwa 300 Besucher:innen bei der Jahrestagung des Netzwerks für nachhaltiges Wirtschaften B.A.U.M. e.V. am 21. und 22. November 2023 in Freiburg. Unter dem Motto „rethink business“ diskutierten Expert:innen   aus Unternehmen, Wissenschaft und Verbänden neue Perspektiven und Lösungen für regeneratives Wirtschaften. Wir haben uns bei dem Event umgeschaut. 

B.A.U.M Umwelt und Nachhaltigkeitspreis 2023: „Nachhaltigkeit muss aus der Nische kommen“

Nachdem Yvonne Zwick, Vorsitzende des B.A.U.M. e.V., und Tina Teucher, Autorin für Nachhaltigkeit sowie Moderatorin des Events, ihre Gäste begrüßt hatten, ging es weiter mit der „Jobrad  -Story“: Im Gespräch mit Dieter Brübach, stellvertretender Vorsitzender von B.A.U.M., stellte Ulrich Prediger, Gründer von Jobrad, die Geschichte seines Unternehmens vor. Danach stand alles im Zeichen des Umwelt- und Nachhaltigkeitspreises, den der Verband dieses Mal in sechs Kategorien vergab: 

B.A.U.M. Jahrestagung: Interview Weimann

  • „Nachhaltigkeit muss aus der Nische kommen“, forderte Dr. Daniela Büchel, Chief HR und Sustainability Officer der REWE Group, die den Preis in der Kategorie „Großunternehmen“ erhielt.
  • Fabian Eckert und Florian Pachaly, beide Gründer und Geschäftsführer der Recup GmbH, wurden in der Kategorie „Kleine und mittlere Unternehmen“ gewürdigt. Beim Gesetz zu Mehrwegquoten müsse der Gesetzgeber noch nachschärfen, erklären die Preisträger. 
  • „Wir mussten unsere ganze Art zu produzieren über den Haufen werfen, um zukunftsfähig zu sein“, berichtete Lukas Weimann, Gründer und Geschäftsführer des Textilunternehmens P.A.C. GmbH. Er bekam ebenfalls den Preis in der Kategorie „Kleine und mittlere Unternehmen“.
  • Noch neun Millionen Eigenheime könnten in Deutschland mit Solaranlagen ausgestattet werden, betonte Dr. Christine Prauschke, Chief Digital Officer beim Solaranlagenanbieter Enpal B.V., die den Preis in der Kategorie „Digitalisierung“ bekam. 
  • In der Kategorie „International“ wurde Karla Magruder, Gründerin und Präsidentin der gemeinnützigen Organisation Accelerating Circularity, ausgezeichnet. Ihre Botschaft: „Circularity is a team score.“ 
  • Ein anderes Anliegen äußerte die Preisträgerin in der Kategorie „Wissenschaft“, Prof. Dr. Maren Urner, Neurowissenschaftlerin und Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft: „Wir müssen mehr über das Mensch-Sein sprechen“.

Die Beweislast auf den Status quo drehen, damit dieser sich in seiner Wirkung genauso rechtfertigen muss wie seine Alternativen: Das forderte die Transformationsforscherin Prof. Dr. Maja Göpel in der Keynote „rethink business - Wir können auch anders!". Die Wirtschaft könne aus sich heraus sagen: Wir können das besser. Nachhaltige Ansätze wie Corporate Political Responsibility und ein neues Wohlstandsverständnis erfordern laut Göpel jedoch bestes Design, neue Lösungen und gute Regeln. „Raus aus den Verunmöglichungs-Ritualen hin zum nächstmöglichen Schritt“, fordert die Autorin.

B.A.U.M. Jahrestagung 2023: „Nicht weniger als der Systemwandel“

Um nicht weniger als den Systemwandel ging es dem Verband in Panels und Workshops am zweiten Tag. „Vielleicht müssen bestimmte Bereiche in der Wirtschaft sterben“, stellte die Vorsitzende Zwick zur Diskussion. In dem Panel „Zwischen Zugzwang und Freiheitsdrang" sprach sie mit Birgit Homburger, Leiterin des Hauptstadtbüros Deutsches Aktieninstitut, und Peter Renner, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima, über Wege in die sozial-ökologische Marktwirtschaft. 

„Luft zum Atmen“ für Unternehmen und den stärkeren Einsatz von Technologien forderte Homburger. Die Politik solle vorgeben, dass etwas gemacht wird, aber nicht wie. Dennoch gebe es zu wenig neuer Ideen. Außerdem sollten Unternehmen bei der Berichterstattung klare Zuständigkeit etablieren. Die CSRD müsste besser mit EFRAG und ISBB verzahnt werden, schließlichkönnten Unternehmen ihr Reporting nicht nach mehreren Standards leisten. 

Im Gegenzug thematisierte Renner die Rolle der Unternehmensführung: „Jeder, der in einem Unternehmen Verantwortung hat, muss diese leben.“ Geschäftsführungen müssten eine klare Strategie entwickeln, wie sie ihr Unternehmen im Jahr 2045 sehen wollen. Das alles erfordere jedoch Geld, Zeit und Personal. Nicht zuletzt hinterfragte der Umweltgutachter Bernhard Schwager – spontan auf der Bühne – wieviel Subvention in einer Tonne CO2 stecke: „Wir verteilen Geld wie bekloppt. Den Zertifikatspreis müsste man auf 130 Prozent anheben, damit das wehtut.“

Die Besucher:innen konnten an zahlreichen Workshops teilnehmen: 

  • Regeneratives Wirtschaften und kultureller Wandel 
  • Betriebliche Mobilität 
  • Parkplätze zu Kraftwerken 
  • Berichtspflichten und Leistungsindikatoren unternehmerisch denken 
  • Nachhaltige Digitalisierung 
  • auf Grundlage der SDGs 
  • Circular Economy als neuer Standard 
  • Transformationskommunikation 
  • Sport und Nachhaltigkeit

„Es kann nicht anders sein, als dass uns diese Transformation gelingt“

Was steht an, damit Unternehmen regenerativ wirtschaften können? Darüber sprach Yvonne Zwick im Abschlusspanel mit Andrea Kurz, Geschäftsführerin von Jobrad, Klara Marquardt, Nachhaltigkeitsmanagerin am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, und Prof. Dr. Jochen Pampel, Apl. Professor am Lehrstuhl für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung im privaten und öffentlichen Sektor, Universität Potsdam.

B.A.U.M. Jahrestagung 2023: Abschlusspanel
Nachhaltige Geschäftsmodelle bräuchten einen geeigneten politischen Rahmen, um zu gedeihen, betonte Kurz. Das gelte insbesondere für disruptive Geschäftsmodelle, wenn sie schnell im großen Stil skalieren sollen. Netzwerke wir B.A.U.M seien wichtig, damit sich Unternehmen nicht alles selbst erarbeiten und sie vom Wissen wie den Erfahrungen anderer profitieren können: Darin waren sich Kurz und Marquardt einig. 

Allerdings forderte Marquardt Unternehmensleitungen auf, genügend interne Ressourcen für die Transformation bereitzustellen. „Ich unterhalte mich zu oft mit Menschen, die sich um Nachhaltigkeit kümmern, aber eigentlich Assistenz der Geschäftsführung oder in HR tätig sind.“ Pampel zeigte sich optimistisch angesichts erfolgreicher Transformationen in Unternehmen und lobte die konstruktive, positive Stimmung auf der Tagung: „Es kann doch gar nicht anders sein, als dass uns diese Transformation gelingt.“ Offensichtlich sei das Thema relevant. 

„Im Zentrum der Gespräche standen Fragen des Marktdesigns, das planetare Grenzen einhält und anschlussfähig ist an die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Knackpunkt ist: Wie bauen wir die soziale Marktwirtschaft zur sozial-ökologischen Marktwirtschaft aus?", resümierte Yvonne Zwick. Die global nachhaltige Entwicklung sei der Referenzrahmen für die Qualifizierung unternehmerischer Nachhaltigkeitsleistungen, so die Vorsitzende des Verbandes. Zur Feier des 40-jährigen Bestehens von B.A.U.M. e.V. wird die Jahrestagung 2024 am Gründungsort in Hamburg stattfinden. Nächstes Jahr wird sich dann alles um das Thema Governance drehen.