Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der Unzuverlässigkeit eines Gewerbebetriebes. Rechtfertigung einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit infolge der Nichterfüllung konkreter Zahlungspflichten in steuerrechtlicher und sozialversicherungspflichtiger Hinsicht gegenüber öffentlichen Gläubigern. Konflikt zwischen einer Gewerbeuntersagungsmöglichkeit und den Zielen des Insolvenzverfahrens
Normenkette
GewO §§ 12, 35 Abs. 1 Sätze 1-2; InsO § 80 Abs. 1, § 81 Abs. 1
Tenor
1. Der Bescheid des Beklagten vom 13. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 17. November 2009 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, der niederländischer Staatsangehörigkeit ist, wendet sich gegen eine Gewerbeuntersagungsverfügung. Er betreibt in … ein China-Restaurant, das er im Jahr 2000 gewerberechtlich angemeldet hat. Eine Gaststättenerlaubnis ist nach Auffassung der insoweit zuständigen Verbandsgemeindeverwaltung Speicher für den Betrieb nicht erforderlich, weil der Kläger seinen Angaben zufolge keine alkoholischen Getränke verkauft.
Mit Beschluss vom 20. Mai 2008 – 9 IN 57/07 – eröffnete das Amtsgericht Bitburg als Insolvenzgericht auf Antrag der Allgemeinen Ortskrankenkasse – AOK –, der auf rückständige Sozial-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von ca. 3.700 EUR gestützt war, und der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn-See Minijob-Zentrale das Insolvenzverfahren gegen „K. Restaurant …" und bestellte zunächst Rechtsanwältin F. zur Insolvenzverwalterin, die im November 2008 von Rechtsanwalt B. abgelöst wurde. Die Insolvenzverwalterin teilte dem Kläger mit Schriftsatz vom 4. Juni 2008 unter Bezugnahme auf § 35 Abs. 2 Insolvenzordnung – InsO – mit, dass eine Fortführung des Schuldnerunternehmens zu Lasten der Masse nicht in Betracht komme und Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit nicht zur Insolvenzmasse gehört und Ansprüche aus der selbständigen Tätigkeit im Insolvenzverfahren nicht geltend gemacht werden können, weil sie nicht davon ausgehe, dass eine Fortführung des Unternehmens zu Lasten der Masse rentabel sei. Dies wurde dem Insolvenzgericht seitens der Insolvenzverwalterin am 5. Juni 2008 mitgeteilt und von diesem in der Folgezeit bekannt gemacht.
Zuvor waren hinsichtlich des Klägers fünf Haftanordnungen in der Schuldnerliste des Amtsgerichts Bitburg eingetragen worden. Die Steuerschulden des Klägers und seiner Ehefrau betrugen nach einer Mitteilung des Finanzamts Bitburg-Prüm vom 2. Juli 2008 seinerzeit 56.142,52 EUR und erhöhten sich nach Angaben des Beklagten zum 8. September 2008 auf 56.750,02 EUR Am 9. Oktober 2008 beantragte der Kläger im Insolvenzverfahren Restschuldbefreiung. Über diesen Antrag wurde bislang keine Entscheidung getroffen.
Nach vorheriger Anhörung des Klägers untersagte der Beklagte mit an die Prozessbevollmächtigten des Klägers adressiertem Bescheid vom 3. Dezember 2008 diesem gegenüber unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Einräumung einer Abwicklungsfrist für die laufenden Geschäfte bis zum 15. Januar 2009 die Ausübung des Gewerbes „Schank- und Speisewirtschaft” sowie die Ausübung einer Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person und die selbständige Ausübung aller Gewerbe. Für den Fall der Nichtbefolgung der Verfügung innerhalb der gesetzten Frist wurde die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht, so dass die Geschäftsräume geschlossen und versiegelt und die zur Gewerbeausübung benötigten Arbeitsgeräte weggenommen und Betriebsfahrzeuge stillgelegt werden könnten. Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Kläger unzuverlässig im Sinne des § 35 Gewerbeordnung sei, da er seinen steuerlichen Pflichten und seine Pflichten zur Leistung öffentlich-rechtlicher Abgaben in erheblichem Umfang nicht nachgekommen sei, Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt habe und eine mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestehe. Da sich seine Unzuverlässigkeit nicht auf das ausgeübte Gewerbe beschränke, sei eine umfassende Gewerbeuntersagung geboten.
Zugestellt wurde der an die Prozessbevollmächtigten des Klägers adressierte Bescheid mit Postzustellungsurkunde am 4. Dezember 2008 allerdings nicht an die Prozessbevollmächtigten, sondern an den Kläger persönlich.
Am 23. Januar 2009 stellte der Beklagte sodann mit Postzustellungsurkunde eine neue, auf den 13. Januar 2009 datierte und ansonsten unverändert gebliebene – eine Abwicklungsfrist bis zum 15. Januar 2009 einräumende – Gewerbeuntersagungsverfügung an die Prozessbevollmächtigten des Klägers zu. In einem an die Prozessbevollmächtigten gerichteten Anschreiben heißt es dabei, dass die Verfügung vom 3. Dezember 2008 als gegenstandslos zu betrachten sei.
Am 18. Feb...