Rz. 26

Nach § 85 S. 2 AO haben die Finanzbehörden insbesondere "sicherzustellen", dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen bzw. -vergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden (Steuersicherungsauftrag). Die Finanzbehörden werden durch die vom Gesetzeswortlaut verlangte Sicherstellung faktisch überfordert. Die Formulierung ist treffender dahin gehend zu verstehen, dass die Finanzbehörden den Auftrag haben, auf die genannten Verhältnisse hinzuwirken.[1]

 

Rz. 27

§ 85 S. 2 AO ist nur scheinbar Nachfolgevorschrift des den Finanzbehörden die gleichen Überwachungsaufgaben stellenden § 201 Abs. 1 RAO. Diese Überwachungspflichten wurden im damaligen Sprachgebrauch des Steuerverfahrensrechts als "allgemeine Steueraufsicht" bezeichnet. Nach der Rechtslage des § 201 RAO und der gesamten Systematik der RAO wurde im Besteuerungsverfahren allgemein zwischen dem Steuerermittlungsverfahren und dem Steueraufsichtsverfahren unterschieden.[2] Diese Verfahrensdifferenzierung hat die AO nicht übernommen. An dessen Stelle ist vielmehr ein einheitliches steuerliches Verwaltungsverfahren getreten.[3] § 85 AO benennt nur die allgemeinen Besteuerungsaufgaben, die die allgemeine Steueraufsicht implizieren. Der Begriff der Steueraufsicht selbst wird von der AO nur in § 209 AO verwandt und als "zollamtliche Überwachung" der dort bezeichneten Vorgänge legal definiert.

[1] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 85 AO Rz. 16; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 85 AO Rz. 29.
[2] RFH v. 10.3.1932, D 1/32, RStBl 1932, 324; BFH v. 13.2.1968, GrS 5/67, BStBl II 1968, 365.
[3] Helsper, in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 85 Rz. 4.

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