Rz. 10

Verwandte in gerader Linie sind gem. § 1589 S. 1 BGB Personen, deren eine von der anderen abstammt, die also voneinander abstammen, z. B. Großeltern, Eltern und Enkel. Die nichteheliche Geburt führt zur Verwandtschaft auch mit dem Vater. Der Grad der Verwandtschaft ist bei gerader Linie ohne Bedeutung für die Angehörigeneigenschaft.

 

Rz. 11

Zu den Verwandten in gerader Linie gehört auch das durch Adoption angenommene Kind. Angenommene Minderjährige erhalten mit der Adoption die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden bzw. des annehmenden Ehepaares.[1] Diese Rechtswirkung erstreckt sich auch auf die Verwandten und Verschwägerten des bzw. der Annehmenden. Zivilrechtlich soll jedoch mit der Annahme das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten erlöschen.[2] Einer Neuregelung bedarf es für die AO nicht, weil § 15 Abs. 2 Nr. 2 AO die Verwandtschaft oder Schwägerschaft als fortbestehend ansieht (s. Rz. 26).

 

Rz. 12

Bei der Annahme eines Volljährigen an Kindes statt erstrecken sich gem. § 1770 Abs. 1 S. 1 BGB die Verwandtschaftswirkungen nicht auf die Verwandten des Annehmenden. In diesen Fällen wird auch der Ehegatte des Annehmenden nicht mit dem Angenommenen verwandt und auch nicht mit dessen Ehegatten verschwägert. Anders ist dies nur in den Ausnahmefällen des § 1772 BGB.

 

Rz. 13

Verschwägert in gerader Linie ist ein Ehegatte gem. § 1590 Abs. 1 S. 1 BGB mit den Verwandten gerader Linie des anderen Ehegatten. Bei der Schwägerschaft in gerader Linie ist ebenfalls wie bei der Verwandtschaft der Grad der Schwägerschaft ohne Bedeutung für die Angehörigeneigenschaft. Eine Schwägerschaft in gerader Linie besteht also mit den Schwiegereltern und deren Eltern, Großeltern usw. sowie den Kindern, Enkelkindern usw. des Ehegatten (Stiefkinder usw.). Zu beachten ist, dass es stets nur um die Schwägerschaft eines der Ehegatten mit den in gerader Linie Verwandten des anderen Ehegatten geht. Die Verwandten des einen Ehegatten sind mit den Verwandten des anderen Ehegatten im Regelfall nicht verschwägert (sog. Schwippschwägerschaft).

Die Angehörigeneigenschaft bleibt auch nach Auflösung (Scheidung/Aufhebung) des verbindenden Eheverhältnisses bestehen.[3] Auch wenn die Verwandtschaft/Schwägerschaft durch Annahme als Kind erloschen ist, bleibt die Angehörigeneigenschaft der Verwandten und Verschwägerten in gerader Linie bestehen.[4]

Eine Schwägerschaft des Lebenspartners in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit den Verwandten des anderen Lebenspartners ist bereits lange vor dem Inkrafttreten des § 15 AO am 24.7.2014 in § 11 Abs. 2 LpartG angenommen worden. Die "Ehe für alle" bekräftigt diesen Grundsatz, so dass insoweit heute wohl Einigkeit herrscht.[5]

[2] Das BVerfG hält diese Regelung für teilweise verfassungswidrig, vgl. BVerfG v. 26.3.2019, 1 BvR 673/17, BVerfGE 151, 101; eine gesetzliche Neuregelung steht noch aus.
[5] So z. B. Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 15 AO Rz. 9; Musil, in HHSp, AO/FGO, § 15 AO Rz. 20a.

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