rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erinnerung gegen Kostenfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
- Im finanzgerichtlichen Verfahren ist die Verfahrensgebühr einheitlich mit dem Satz von 1,6 anzusetzen.
- Zum Entstehen einer Terminsgebühr.
- Auch im AdV-Verfahren kann eine Terminsgebühr entstanden sein.
Normenkette
RVG § 13; VV Nrn. 3100, 3200
Tatbestand
Der Urkundsbeamte hat in dem Beschluss über die Festsetzung der zu erstattenden Kosten die Verfahrensgebühr nach § 13 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses (VV, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) mit einem Satz von 1,3 angesetzt. Hierzu hat er auf den Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 27. April 2005 (6 KO 3/05, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2005, 1803) verwiesen.
Dieser Ansatz der Verfahrensgebühr ist zu korrigieren. Die Verfahrensgebühr ist auch im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung vor dem Finanzgericht nach Nr. 3200 VV (Abschnitt 2 des dritten Teils der VV) mit dem Satz von 1,6 anzusetzen und nicht nach Nr. 3100 VV (Abschnitt 1 des dritten Teils der VV) mit dem Satz von 1,3.
Nach der Vorbemerkung 3.1 Abs. 1 zu Abschnitt 1 des dritten Teils des VV entstehen die Gebühren dieses Abschnitts „in allen Verfahren, für die in den folgenden Abschnitten dieses Teils keine Gebühren bestimmt sind.” Nach Nr. 3100 VV (zu Abschnitt 1) ist die Verfahrensgebühr, soweit in Nr. 3102 nichts anderes bestimmt ist (betrifft Verfahren vor den Sozialgerichten), mit 1,3 anzusetzen.
Der folgende Abschnitt 2 des dritten Teils des VV bestimmt die Gebühren für „Berufung, Revision, bestimmte Beschwerden und Verfahren vor dem Finanzgericht” und bestimmt damit Gebühren für das finanzgerichtliche Verfahren abweichend von Abschnitt 1. Die Bestimmungen des 1. Abschnitts gelten deshalb nicht (unmittelbar) für Verfahren vor dem Finanzgericht. Nach Nr. 3200 VV (zu Abschnitt 2, Unterabschnitt 1) ist die Verfahrensgebühr, soweit in Nr. 3204 nichts anderes bestimmt ist (betrifft Verfahren vor den Landessozialgerichten), mit 1,6 anzusetzen.
Das Niedersächsische Finanzgericht hat sich in seiner Entscheidung vom 27. April 2005 (Aktenzeichen 6 KO 3/05 a.a.O.) auf die Regelung in der Vorbemerkung 3.2, Absatz 2 des zweiten Abschnitts des dritten Teils des VV bezogen; nach dieser Vorbemerkung seien in Verfahren über vorläufigen Rechtsschutz, in denen das Berufungsgericht das Gericht der Hauptsache ist, die Gebühren nach den Gebühren des Abschnitts 3.1 zu berechnen. Vorbemerkung 3.2.1 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG vollziehe lediglich den Schritt der gebührenrechtlichen Gleichstellung der Finanzgerichte mit den übrigen Obergerichten. Nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung sei jedoch nicht beabsichtigt, auch das Verfahren über vorläufigen Rechtsschutz im Verfahren vor dem Finanzgericht höher zu vergüten, als bei anderen Gerichten höherer Instanz. Entsprechend berechne sich daher die Gebühr für das Aussetzungsverfahren vor dem Finanzgericht gemäß Vorbemerkung 3.2 Abs. 2 VV nach den Gebühren des Abschnitts 3.1 VV.
Dieser Auffassung folgt das erkennende Gericht nicht. Für die entsprechende Anwendung des Abschnitts 3.1 des VV auf die Verfahrensgebühr im Aussetzungsverfahren fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Es liegt auch keine Regelungslücke vor, die eine entsprechende Anwendung des Abschnitts 3.1 des VV gebieten würde.
Der Vorbemerkung 3.2 Abs. 2 des Abschnitts 2 des dritten Teils des VV geht deren Abs. 1 voraus. Dieser bestimmt, dass Abschnitt 2 des dritten Teils des VV „auch in Verfahren vor dem Rechtsmittelgericht über die Zulassung des Rechtsmittels anzuwenden” ist. Der nachfolgende Abs. 2 lautet: „Wenn im Verfahren über einen Antrag auf Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung das Berufungsgericht als Gericht der Hauptsache anzusehen ist (§ 943 ZPO), bestimmen sich die Gebühren nach Abschnitt 1. Dies gilt entsprechend im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts und in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Satz 1 gilt ferner entsprechend in Verfahren über einen Antrag nach § 115 Abs. 2 Satz 2 und 3, § 118 Abs. 1 Satz 3 oder nach § 121 GWB.”
Bereits aus Abs. 1 der Vorbemerkung 3.2 des Abschnitts 2 des dritten Teils des VV ergibt sich, dass der in Abs. 2 enthaltene Verweis auf die Anwendbarkeit des Abschnitts 1 nicht für Verfahren vor dem Finanzgericht gilt, denn das Finanzgericht ist kein Rechtsmittelgericht. Abs. 2 Satz 1 dieser Vorbemerkung betrifft nicht Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung, sondern andere (einstweilige) Verfahren. Abs. 2 Satz 2 der Vorbemerkung gilt u.a. für Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung und zwar ausdrücklich für Verfahren „vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit” und für die weiteren dort aufgeführten Verfahren. Angesichts dieser ...