Rn. 1074

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Die Verpachtung des bisher eigenbetrieblich geführten Unternehmens stellt einen Unterfall der Betriebsunterbrechung iwS dar (s Rn 1056 und s § 15 Rn 141ff (Bitz) und s § 15 Rn 421 (Bitz); BFH v 28.09.1995, IV R 39/94, BStBl II 1996, 276; Olfen, Stbg 2007, 106; Stahl, KÖSDI 2006, 15 125; Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 181 (39. Aufl)) und hat nicht regelmäßig die Aufgabe des Betriebs und damit auch nicht die Versteuerung der stillen Reserven zur Folge (BFH v 06.04.2016, X R 52/13, BStBl II 2016, 710), selbst dann nicht, wenn die Betriebsverpachtung von langer Dauer ist und ggf mehrere Generationen übergreift (BFH v 19.03.2009, IV R 45/06, BStBl II 2009, 902). Vielmehr wird dem StPfl bei Beendigung der eigenbetrieblichen Tätigkeit und Verpachtung des Betriebs an einen Dritten ein Wahlrecht eingeräumt, entweder gegenüber dem FA die Betriebsaufgabe zu erklären oder den Betrieb (nunmehr als Verpachtungsbetrieb) fortzuführen (sog Verpächterwahlrecht). Dieses Wahlrecht geht zurück auf die Entscheidung des GrS BFH v 13.11.1963, GrS 1/63, BStBl III 1964, 124 (zur Entwicklung der Rspr bis dahin s Zugmaier, FR 1998, 597), der das Wahlrecht damit begründet hat, dass im Interesse der Besteuerung Klarheit bestehen müsse, so dass von dem StPfl eine entsprechende Erklärung zur Betriebsaufgabe erwartet werden könne, ohne die der Betrieb als fortgesetzt gelten müsse (BFH v 06.04.2016, X R 52/13, BStBl II 2016, 710; BFH v 30.01.2002, X R 56/99, BStBl II 2002, 387; BFH v 13.11.1963, GrS 1/63, BStBl III 1964, 124). Es soll zugunsten des StPfl vermieden werden, dass zwangsläufig durch die Annahme einer Betriebsaufgabe stpfl stille Reserven aufgelöst werden, ohne dass dem StPfl – wie zB bei einer Betriebsveräußerung – Mittel zufließen, mit denen er die auf den Aufgabegewinn entfallende ESt bezahlen könnte (BFH v 20.04.1989, IV R 95/87, BStBl II 1989, 863). Systematisch wird dies von der Rspr damit begründet, dass es sich nur um eine vorübergehende, keine endgültige Einstellung der eigenen betrieblichen Tätigkeit handelt (BFH v 20.04.1989, IV R 95/87, BStBl II 1989, 863), die Annahme einer teleologischen Reduktion des § 16 Abs 3 EStG erscheint mir jedoch zutreffender (so schon Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 692 (39. Aufl)).

 

Rn. 1075

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Zur Begründung des Wahlrechts bedarf es spätestens seit Einführung des § 16 Abs 3b EStG nicht mehr des Rückgriffs auf die vorstehend genannte Rspr. Auch der grundsätzlichen Kritik (vgl die Nachweise bei Zugmaier, FR 1998, 597) an der Einräumung des Wahlrechts ist damit jedenfalls de lege lata der Boden entzogen. Die in dieser Neuregelung statuierte Fortführungsfiktion bis zur Abgabe der Aufgabeerklärung bzw zur Kenntniserlangung von den die Betriebsaufgabe objektiv begründenden Tatsachen hat das bisherige Richterrecht insoweit nicht angerührt, jedoch zugunsten der FinVerw eine weiterreichende Fiktion eingeführt (im Einzelnen s Rn 1152).

Die Einkünfte aus der Betriebsverpachtung sind gewerbliche Einkünfte, unterliegen jedoch nicht der GewSt (R 2.2 GewStR 2009 "Betriebsverpachtung"). Neben gewerblichen Betrieben gelten die Regeln zur Betriebsverpachtung auch für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (BFH v 20.04.1989, IV R 95/87, BStBl II 1989, 863) sowie für Betriebe aus selbstständiger Tätigkeit (strittig). Zur Betriebsverpachtung im Detail s § 15 Rn 141f (Bitz).

fa) Voraussetzungen des Verpächterwahlrechts

 

Rn. 1076

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Das Verpächterwahlrecht setzt voraus, dass

(1) der StPfl dem Pächter den bisher in eigener Regie geführten Betrieb im Ganzen zur Nutzung überlässt,
(2) die Möglichkeit und Absicht zur späteren Fortführung des Betriebs besteht und dass
(3) keine überlagernde Rechtsfigur die Betriebsverpachtung aushebeln.
 

Rn. 1077

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Der Betrieb muss im Ganzen als geschlossener Organismus oder zumindest dessen sämtlichen wesentlichen Betriebsgrundlagen zur Nutzung überlassen werden (BFH v 28.08.2003, IV R 20/02, BStBl II 2004, 10). Welche Betriebsgegenstände in diesem Sinne die wesentlichen Betriebsgrundlagen darstellen, bestimmt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse des betreffenden Betriebs. Dabei ist maßgeblich auf die sachlichen Erfordernisse des Betriebs abzustellen (sog funktionale Betrachtungsweise) (BFH v 11.10.2007, X R 39/04, BStBl II 2008, 220).

Nach dieser Rspr gibt es also einen betriebsverpachtungsspezifischen Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlagen. Bewegliche Anlagegüter, insbesondere Werkzeuge und Geräte, gehören daher regelmäßig auch dann nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen, wenn diese im Hinblick auf die Größe des Unternehmens ein nicht unbeträchtliches Ausmaß einnehmen (BFH v 11.10.2007, X R 39/04, BStBl II 2008, 220). Maßgeblich sind in jedem Fall die Verhältnisse des verpachtenden, nicht diejenigen des pachtenden Unternehmens (BFH v 18.12.2014, IV R 40/10, BFH/NV 2015, 827). Wird nur ein Betriebsgrundstück, ggf in Verbindung mit Betriebsvo...

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