Rz. 11

[Autor/Stand] Der Grund der Strafschärfung ist in allen vier Fällen des § 373 AO in der besonderen Gefährlichkeit des Täters oder der Tat zu sehen: In den Fällen des Abs. 2 Nr. 1–3 resultiert diese daraus, dass die (der) Täter durch gemeinsames Zusammenwirken oder Mitführen einer (Schuss-)Waffe die Sicherheit der Zollbeamten gefährden[2] und diesen "die Bekämpfung des Schmuggels erschweren"[3]. Diese Schutzrichtung mag zwar angesichts des Wegfalls der Grenzkontrollen im Schengen-Raum infrage gestellt werden[4], ist aber gleichwohl beim Einsatz mobiler Kontrollen des Zolls nicht ganz entbehrlich.

Im Fall des gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 AO) trifft der Gefährdungsaspekt nicht zu[5]. Hier ist es vielmehr die in der Wiederholungsabsicht zum Ausdruck kommende erhöhte Bereitschaft des Täters zu krimineller Betätigung, die für die durch §§ 370, 372 AO geschützten Rechtsgüter eine besondere Gefahr bedeutet, und die den Anlass für die Strafschärfung bildet[6].

Der Gedanke der erhöhten Gefährlichkeit des Täters (oder der Tat) bildet das gesetzgeberische Motiv der Strafschärfung, ist aber selbst nicht Tatbestandsmerkmal des § 373 AO[7]. Dieser Gesichtspunkt kann jedoch zur Klärung von Zweifelsfragen bei der Auslegung und zur Ermittlung des Sinnes des Gesetzeswortlauts herangezogen werden[8].

 

Rz. 12

[Autor/Stand] Tatbestandsmerkmal ist auch nicht das in der Gesetzesüberschrift enthaltene Wort "Schmuggel". Dass darunter in der Umgangssprache die "Zollhinterziehung gelegentlich der Grenzüberschreitung" verstanden wird, bedeutet deshalb nicht, dass der Gesetzgeber den Straftatbestand darauf beschränken will[10]. Dies zeigt sich insbesondere beim "gewerbsmäßigen" Schmuggel, der jede Form der Einfuhrabgabenhinterziehung, insbesondere den sog. Intelligenzschmuggel in organisierten Strukturen wie die Zollwertverkürzung oder den Missbrauch von Zollverkehren erfasst (s. § 370 Rz. 1533 ff.)[11], während der gewaltsame und bandenmäßige zumeist in Form des sog. klassischen Schmuggels mittels Einschwärzens abgabenpflichtigen bzw. einfuhrverbotenen Gutes über die Grenze begangen wird. Ebenso irreführend ist das Wort "gewaltsam". Dass der Täter Gewalt anwenden muss, setzt das Gesetz an keiner Stelle voraus[12].

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2022
[2] BT-Drucks. V/1812, 24; RGSt 69, 105 (106 f.); BGH v. 13.7.1954 – 1 StR 464/53, BGHSt 6, 260 (262); BGH v. 10.11.1958 – GSSt 1/58, BGHSt 12, 220 (225); BGH v. 30.8.1968 – 4 StR 319/68, BGHSt 22, 230 f.; Jäger in JJR8, § 373 AO Rz. 8.
[3] RGSt 69, 105 (106 f.); BGH v. 21.6.1955 – 2 StR 271/54, BGHSt 8, 70 (71 f.); OLG Köln v. 4.11.1958 – Ss 304/58, NJW 1959, 60.
[4] Rönnau, NStZ 2000, 513 (514).
[5] Unzutreffend deshalb BT-Drucks. V/1812, 24.
[6] Ähnlich Tormöhlen in HHSp., § 373 AO Rz. 14 f.
[7] RGSt 69, 105; OLG Köln v. 18.1.1952 – Ss 255/51, MDR 1952, 438; Tormöhlen in HHSp., § 373 AO Rz. 16.
[8] Zust. Tormöhlen in HHSp., § 373 AO Rz. 16.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2022
[10] OLG Bremen v. 8.6.1950 – Ss 13/50, NJW 1950, 882; Jäger in JJR8, § 373 AO Rz. 6.
[11] Vgl. näher dazu Möller/Retemeyer in Bender/Möller/Retemeyer, C V Rz. 903 ff.; Ebner in MünchKomm/StGB8, § 373 AO Rz. 3.
[12] Vgl. auch Tormöhlen in HHSp., § 373 AO Rz. 29.

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