Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 09.11.2001; Aktenzeichen 98 AktE 13/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1) bis 3) wird der Beschluss des LG Berlin vom 9.11.2001 - 98 AktE 13/90 - geändert:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den infolge des Eingliederungsbeschlusses vom 20.7.1990 ausgeschiedenen Aktionären der E.-Brauerei AG nach deren Wahl an Stelle der vom LG im angefochtenen Beschluss festgesetzten Abfindung auch eine Barabfindung von 284,28 Euro (556 DM) pro Aktie der E.-Brauerei zu leisten, die vom 11.10.1990 an mit fünf vom Hundert zu verzinsen ist.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 972.336,45 Euro (1.901.724,8 DM) festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Beschwerdeführer gehören zu den ausgeschiedenen Aktionären der E.-Brauerei AG. Diese wurde durch Beschluss der Hauptversammlung vom 20.7.1990 in die Antragsgegnerin, die 95,27 % von deren Aktienkapital (Grundkapital: 4.000.000 DM, aufgeteilt in 80.000 Aktien zum Nominalbetrag von 50 DM) hielt, eingegliedert. Der durchschnittliche Aktienkurs der Antragsgegnerin belief sich in dem Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung vom 20.7.1990 auf 517 DM, derjenige der E.-Brauerei auf 556 DM.

An der Antragsgegnerin waren seinerzeit beteiligt:

Hypo-Vereinsbank 25,6 %

Dresdner Bank 25,1 %

Streubesitz u.a. 2 % in Depots der Hypo-Vereinsbank

Porta-Vermögensverwaltung GmbH 24,9 %

Soweit das LG im angefochtenen Beschluss noch davon ausgegangen ist, dass die Hypo-Vereinsbank 34 %, und die Dresdner Bank 17 % des Grundkapitals der Antragsgegnerin hielten, beruhte das auf den in mehreren Gerichtsverfahren jahrelang unstreitigen Angaben der Beteiligten zu den Beteiligungsverhältnissen. Die Antragsgegnerin hat diese Daten aber in ihrer Beschwerdeerwiderung unter Vorlage u.a. von Auszügen des Teilnehmerverzeichnisses für die Hauptversammlung vom 20.7.1990 korrigiert.

Die Geschäftsanteile der Porta wurden je zur Hälfte gehalten von der Wood Gundy SA Genf und der Hypo-Vereinsbank (damals: Hypo-Bank). Die Gesellschaft (Satzung: Bd. II Bl. 65 ff.) hatte zwei Geschäftsführer mit Gesamtvertretungsbefugnis.

Die Antragsgegnerin bot den ausgeschiedenen Aktionären als Abfindung gem. § 320 Abs. 5 Satz 1 und 2 AktG a.F. für 5 Aktien der E.-Brauerei sechs eigene Aktien im Nennbetrag von 50 DM an. Dagegen wandten sich die Beschwerdeführer und der Antragsteller zu 4) mit ihren auf § 320 Abs. 6 Satz 2 AktG a.F. gestützten Anträgen, mit denen sie die Festsetzung einer angemessenen Abfindung begehrten.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das LG nach Beweisaufnahme entschieden, dass die Antragsgegnerin den ausgeschiedenen Aktionären neben sechs eigenen Aktien für 5 Aktien des eingegliederten Unternehmens eine bare Zuzahlung i.H.v. 53,43 DM für jede Aktie der E.-Brauerei nebst 5 % Zinsen seit dem 11.10.1990 zu leisten hat.

Mit ihren form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerden wenden die Beschwerdeführer sich allein dagegen, dass das LG im angefochtenen Beschluss die Voraussetzungen für die (alternative) Gewährung einer Barabfindung gem. § 320 Abs. 5 Satz 3 AktG a.F. verneint und angenommen hat, die Antragsgegnerin sei keine abhängige Gesellschaft, weil die Hypo-Vereinsbank weder unmittelbar noch mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die Antragsgegnerin habe ausüben können.

Die Beschwerdeführer beantragen auszusprechen, dass die Antragsgegnerin ihnen als angemessene Abfindung alternativ eine Barabfindung i.H.v. 556 DM für jede Aktie der E.-Brauerei nebst Zinsen zu zahlen hat. Soweit es die Verzinsungspflicht betrifft, ist der Beschwerdeführer zu 1) der Ansicht, dass im Streitfall die Verzinsungsregelung des zum 1.1.1995 in Kraft getretenen § 320b AktG (an Stelle der bisherigen 5 vom Hundert 2 vom Hundert über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. Basiszinssatz (nach § 247 BGB) einheitlich für den zu verzinsenden Zeitraum angewandt werden müsste.

Die Antragsgegnerin beantragt, die sofortigen Beschwerden zurückzuweisen.

B. Die statthaften, form- und fristgerecht eingelegten Rechtsmittel sind im Wesentlichen begründet.

Nach dem bis zum 31.12.1994 geltenden § 320 Abs. 5 AktG a.F. und der insoweit inhaltsgleichen Neuregelung in § 320b Abs. 1 AktG haben die ausgeschiedenen Aktionäre Anspruch auf eine angemessene Abfindung, die grundsätzlich darin besteht, dass ihnen Aktien der Hauptgesellschaft gewährt werden. Handelt es sich bei der Hauptgesellschaft jedoch um eine abhängige Gesellschaft, so sind den ausgeschiedenen Aktionären nach deren Wahl eigene Aktien der Hauptgesellschaft oder eine angemessene Barabfindung zu gewähren.

I. Die zwischen den Beteiligten im Beschwerdeverfahren allein streitige Frage, ob die Antragsgegnerin eine abhängige Gesellschaft im Sinne dieser Vorschriften ist und die ausgeschiedenen Aktionäre demgemäß wahlweise auch eine angemessene Barabfindung verlangen können, ist entgegen dem angefochtenen Beschluss und mit den Entscheidungen des OLG Karlsruhe sowie der LG Mannheim (Vorins...

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