Rz. 435

Eine Betriebseröffnung i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG liegt vor, wenn ein Unternehmen neu gegründet wird, ein aufgegebener Betrieb wiedereröffnet wird oder ein Stpfl. von einer privaten Vermögensverwaltung zu einem gewerblichen Grundstückshandel übergeht (s. § 15 Rz. 11ff.). Keine Eröffnung eines Gewerbebetriebs ist die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft nach § 24 UmwStG oder in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG, die Wiederaufnahme eines ohne Aufgabeerklärung ruhenden Gewerbebetriebs und die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs nach § 6 Abs. 3 EStG. In den beiden Einbringungsfällen können die Buchwerte fortgesetzt, in den letzteren beiden Fällen müssen die Buchwerte beibehalten werden. Die Eröffnung eines Betriebs ist ein Vorgang, der zeitlich erst dann abgeschlossen ist, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen erworben oder eingelegt sind und man infolgedessen von dem Vorhandensein eines Betriebs sprechen kann.[1]

 

Rz. 436

Der Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes eine Eröffnungsbilanz aufzustellen.[2]§ 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG regelt die steuerliche Bewertung der eingelegten Wirtschaftsgüter in der Eröffnungsbilanz. Durch die Verweisung auf § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG, also die Bewertung grundsätzlich mit dem Teilwert, werden Überbewertungen und darauf beruhende zu hohe Abschreibungen verhindert.

 

Rz. 437

Mit seinem Anwendungsbereich erfasst § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG Einlagen eines Einzelunternehmers aus seinem Privatvermögen in ein neu eröffnetes gewerbliches Einzelunternehmen. Im Übrigen gelten für den Anwendungsbereich von § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG die gleichen Einschränkungen wie für den von § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Offene und verdeckte Einlagen in neu gegründete Personengesellschaften ebenso wie solche in Kapitalgesellschaften fallen nicht in den Anwendungsbereich von § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG (s. Rz. 412, 433).

 

Rz. 438

Für die Bewertung von Wirtschaftsgütern im Zeitpunkt der Eröffnung eines Gewerbebetriebs hat die Rspr. die Definition des Teilwerts gegenüber demjenigen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG (s. Rz. 242ff.) modifiziert. Teilwert i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG ist daher der Preis, den ein fremder Dritter für die Beschaffung des Wirtschaftsguts aufgewendet hätte, wenn er den Betrieb eröffnet hätte. Diese Beschaffungskosten stimmen i. d. R. mit dem Marktpreis oder dem gemeinen Wert überein.[3] Ein höherer betriebsbezogener Teilwert kommt in Fällen der Betriebseröffnung noch nicht in Betracht, weil der Betrieb in diesem Zeitpunkt erst in Gang gesetzt wird, also als wirtschaftliche Einheit, die der Vorstellung des Teilwerts zugrunde liegt, noch nicht vorhanden ist.[4]

 

Rz. 439

Der Unterschied zwischen der maßgeblichen Bewertung mit dem gemeinen Wert und einer Bewertung mit dem Teilwert kann anhand des folgenden Beispiels erläutert werden: Ein Einzelunternehmer kauft bei Eröffnung seines Betriebs ein hierfür erforderliches Grundstück. Das zur Abrundung erforderliche Nachbargrundstück legt er aus seinem Privatvermögen ein. Das eingelegte Grundstück ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Sein besonderer Wert für den Betrieb – Abrundung und Ergänzung des gekauften Grundstücks – würde eigentlich den Ansatz des höheren Teilwerts rechtfertigen; dieser Umstand bleibt jedoch bei der Bewertung mit dem gemeinen Wert nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG unberücksichtigt.

 

Rz. 440

Im Übrigen gelten für die Bewertung von Wirtschaftsgütern bei Betriebseröffnung die gleichen Regeln wie bei der Einlage nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG: Wenn ein Wirtschaftsgut in den letzten drei Jahren vor der Zuführung angeschafft, hergestellt oder entnommen worden ist, ist es mit den niedrigeren Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem niedrigeren Entnahmewert zu bewerten (s. Rz. 426). Dabei sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der Entnahmewert um AfA, Sonderabschreibungen oder Sofortabschreibungen nach § 6 Abs. 2 EStG zu kürzen (s. Rz. 428). Liegt der gemeine Wert einer wesentlichen Beteiligung i. S. v. § 17 EStG über den Anschaffungskosten, so ist deren Einlage in den zu eröffnenden Betrieb nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG i. V. m. Nr. 5b mit den niedrigeren Anschaffungskosten zu bewerten (s. Rz. 431).

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