Rz. 22

Die Vorschrift enthält je eine Rechtsfolge für den Schuldner und den Gläubiger der Vergütung. Für den Schuldner der genannten Vergütungen bestimmt § 50g Abs. 1 S. 1 EStG, dass eine Abzugsteuer nicht einbehalten und an die Finanzbehörde abgeführt zu werden braucht. Für Zinsen ist davon die KapESt nach § 43 Abs. 1 Nr. 7 EStG betroffen, die nach § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG mit dem Satz von 25 % erhoben wird. Diese KapESt entsteht nur unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich bei Zinsen aus Schuldbuchforderungen, bei Zinsen auf hypothekarisch gesicherte Forderungen und bei Zinszahlungen aufgrund von Tafelgeschäften durch ein inländisches Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut bzw. deren inländische Zweigstelle. Die Rechtsfolge des § 50g EStG hat daher nur für diese Fälle Bedeutung; in allen anderen Fällen erfolgt ohnehin kein Steuerabzug, sodass § 50g EStG insoweit (für die Bundesrepublik Deutschland) leerläuft.

 

Rz. 23

Größere Bedeutung hat dagegen der Ausschluss des Steuerabzugs für Lizenzgebühren. Diese unterliegen nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG dem Steuerabzug mit einem Abzugssatz von 15 %. Der Abzug ist von jedem Vergütungsschuldner vorzunehmen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 50g EStG entfällt die Abzugsverpflichtung dem Grunde nach, jedoch ist der Vergütungsgläubiger nach § 50d Abs. 1 EStG grundsätzlich auf das Erstattungsverfahren mit Verzinsung der zu erstattenden Beträge nach § 50d Abs. 1a EStG verwiesen (Rz. 24).

 

Rz. 24

Die Rechtsfolge ist antragsabhängig, d. h., die Befreiung von der Verpflichtung zum Steuerabzug tritt nur ein, wenn der Vergütungsschuldner den entsprechenden Antrag stellt (Rz. 21a). Die Vorschrift selbst enthält keine weiteren Verfahrensvorschriften; diese Vorschriften sind vielmehr in § 50d Abs. 1, 1a, 2 und 4 EStG enthalten. Danach ist Voraussetzung für das Unterlassen des Steuerabzugs, dass das BZSt dem Vergütungsschuldner eine Freistellungsbescheinigung erteilt. Grundlage der Freistellungsbescheinigung ist eine Ansässigkeitsbescheinigung, die der Gläubiger der Vergütungen beibringen muss (§ 50d Abs. 4 EStG; für die Bundesrepublik Deutschland als Ansässigkeitsstaat des Vergütungsgläubigers vgl. § 50h EStG). Wird keine Freistellungsbescheinigung vorgelegt, hat trotz der Vorschrift des § 50g EStG der Steuerabzug zu erfolgen (§ 50d Abs. 1 EStG); der Vergütungsgläubiger kann dann Erstattung der einbehaltenen Abzugsteuer beantragen. Nach § 50d Abs. 1a EStG ist der Erstattungsbetrag zu verzinsen.

Einzelheiten zu dem Verfahren vgl. § 50d EStG Rz. 19ff.

 

Rz. 24a

Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Rechtsfolge für den SolZ. Da dieser aber nach § 51a EStG von der Maßstabsteuer, dem Steuerabzug, abhängt, tritt die Entlastung gleichsam "automatisch" ein. Erfolgt eine Freistellung von der Abzugsteuer, kann mangels einer positiven Maßstabsteuer auch kein SolZ entstehen. Wird Erstattung beantragt, ist beim Steuerabzug zwar auch SolZ einzubehalten, dieser ist aber ebenso wie der Steuerabzug zu erstatten.

 

Rz. 25

Fraglich kann sein, ob die Zinsen auch von der GewSt ausgenommen werden müssen. Das Problem liegt darin, dass die Zinsen bei dem zahlenden Unternehmen nach § 8 Nr. 1 GewStG als Schuldzinsen hinzugerechnet werden und daher der Besteuerung unterliegen. Daraus könnte folgern, dass diese Besteuerung einen Verstoß gegen die Zins- und Lizenzrichtlinie darstellt und daher europarechtswidrig ist.[1]

 

Rz. 26

Für die Europarechtswidrigkeit der Hinzurechnung der Schuldzinsen spricht, dass in Nr. 4 der Erwägungsgründe und in Art. 1 Abs. 1 der Zins- und Lizenzrichtlinie geregelt ist, dass die Zinsen in dem Quellenstaat von der Steuer befreit werden müssen, und zwar unabhängig davon, ob die Steuer durch Quellensteuerabzug oder durch Veranlagung erhoben wird. Diese Steuerbefreiung ist auch nicht auf die KSt eingeschränkt; diese Einschränkung gilt nur für den Begriff des "Unternehmens" nach Art. 3 (a) (iii) der Richtlinie.

 

Rz. 27

Gegen die Europarechtswidrigkeit der Hinzurechnung der Schuldzinsen spricht aber einmal Nr. 1 der Erwägungsgründe, wonach grenzüberschreitende Zinszahlungen gegenüber gleichartigen Zinszahlungen zwischen Unternehmen desselben Mitgliedstaates nicht benachteiligt werden sollen. Die Hinzurechnung der Schuldzinsen gilt aber auch für Zahlungen zwischen deutschen Unternehmen, stellt also keine "Benachteiligung" dar. Damit liegt die Hinzurechnung der Schuldzinsen schon von Anfang an nicht in der Blickrichtung der Richtlinie. Schwerer wiegt jedoch noch, dass Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie die Steuerbefreiung der Zinsen nur dann fordert, wenn und soweit sie "Einkünfte" in dem Quellenstaat sind (ähnlich Nr. 4 der Erwägungsgründe). Die Richtlinie hat daher nur die Beseitigung einer Doppelbesteuerung auf die Einkünfte des Zahlungsempfängers zum Ziel. Die Besteuerung des Zahlungsverpflichteten liegt außerhalb des Regelungsbereichs der Richtlinie. Damit bezieht sich die Richtlinie nur auf die Einkünfte des Zahlungsempfängers, nicht auf die Behandlung bei dem Zahlungsverpflichteten....

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