Beteiligte
AOK Rheinland – Die Gesundheitskasse |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. August 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Gestritten wird um die Wiederaufnahme der Krankengeldzahlung nach Ablauf einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit.
Die bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin war bis Ende 1992 als Wäschereiarbeiterin beschäftigt. Seit dem 1. Januar 1993 ist sie arbeitsunfähig krank. Die Beklagte zahlte ihr deshalb ab 12. Februar 1993 Krankengeld, stellte die Leistung jedoch ein, nachdem der zuständige Rentenversicherungsträger der Klägerin für die Zeit ab 1. August 1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bewilligt hatte. Den nach dem Wegfall der Zeitrente am 31. Oktober 1995 gestellten Antrag auf Weitergewährung des Krankengeldes lehnte sie ab (Bescheid vom 22. April 1996; Widerspruchsbescheid vom 9. August 1996).
Das Sozialgericht (SG) hat der dagegen gerichteten Klage mit Urteil vom 22. Januar 1997 stattgegeben, das Landessozialgericht (LSG) hat sie mit Urteil vom 14. August 1997 abgewiesen. Es hat dem geltend gemachten Anspruch § 50 Abs 1 Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) entgegengehalten. Die Klägerin sei beim Wegfall der Zeitrente als Rentnerin nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen; außerdem habe es sich bei ihr nicht um eine erneute, sondern um dieselbe ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit wie bei Rentenbeginn gehandelt. Daß in derartigen Fällen der frühere Krankengeldanspruch nicht wiederauflebe, ergebe sich nicht nur aus dem Wortlaut der Vorschrift, sondern entspreche auch dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verstöße gegen § 50 SGB V bzw Art 14 Grundgesetz (GG). § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V müsse im Zusammenhang mit § 48 Abs 2 SGB V gesehen werden. Typischerweise werde der Krankengeldanspruch bis zur Höchstbezugsdauer von 78 Wochen ausgeschöpft, bevor eine der in § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten konkurrierenden Leistungen in Anspruch genommen werde, so daß nach deren Ende die Wiederaufnahme der Krankengeldzahlung nur unter den verschärften Voraussetzungen des § 48 Abs 2 SGB V zulässig sei. Bei nicht erschöpftem Krankengeldanspruch und ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit sei allein § 48 Abs 1 SGB V maßgebend. Andernfalls greife § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V in eine eigentumsgeschützte Rechtsposition des Versicherten in enteignender Weise ein, indem ihm ein bereits erworbener Krankengeldanspruch entzogen werde. Gründe hierfür habe der Gesetzgeber nicht angeführt; der angeblich beabsichtigte Ausschluß von Doppelleistungen treffe ihren Fall nicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. August 1997 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 22. Januar 1997 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Die vom Berufungsgericht angestellten rechtlichen Erwägungen schließen ihren Anspruch auf Krankengeld nicht aus. Ob ihm andere Hindernisse entgegenstehen, hängt von Umständen ab, zu denen das LSG – von seinem Standpunkt zu Recht – keine Feststellungen getroffen hat.
Versicherte haben nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB V besteht dieser Anspruch ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an.
Durch die seit 1. Januar 1993 ununterbrochen andauernde Arbeitsunfähigkeit hat die Klägerin für den am 31. Dezember 1995 endenden Dreijahreszeitraum einen Krankengeldanspruch für die Dauer von bis zu 78 Wochen erworben. Da sie diesen Anspruch bis zum Beginn der Erwerbsunfähigkeitsrente nicht ausgeschöpft hatte, ist er nach deren Wegfall am 1. November 1995 wieder aufgelebt. Der zwischenzeitliche Rentenbezug hat entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zum Verlust des ursprünglich erworbenen Anspruchs geführt. Allerdings ordnet das Gesetz insoweit, anders als in den Fällen der Unterbrechung des Krankengeldes durch den Bezug einer Lohnersatzleistung (vgl § 49 SGB V), nicht nur ein vorübergehendes „Ruhen” des Krankengeldanspruchs an, sondern bestimmt in § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V in der am 19. Mai 1995 in Kraft getretenen Fassung des 3. SGB V-Änderungsgesetzes (3. SGB V-ÄndG) vom 10. Mai 1995 (BGBl I 678), daß dieser Anspruch mit Beginn einer der unter Nr 1 bis 5 aufgeführten Rentenleistungen „endet” und daß nach deren Beginn ein neuer Anspruch nicht entsteht. Ergänzend ist in § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V festgelegt, daß nach dem Wegfall der konkurrierenden Leistung ein Anspruch auf Krankengeld (nur) entsteht, wenn der Versicherte bei Eintritt einer erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert ist. Diese Vorschriften schließen ein Wiederaufleben des ursprünglichen Krankengeldanspruchs der Klägerin nach dem Ende der Erwerbsunfähigkeitsrente jedoch nicht aus.
Das Gesetz umschreibt nicht näher, was mit dem „Ende” des Anspruchs iS von § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V gemeint ist. Bis zum 31. Dezember 1988 enthielt das Krankenversicherungsrecht in § 183 Abs 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) eine entsprechende Vorschrift, die das Ende des Anspruchs auf Krankengeld vorsah, wenn (ua) eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt wurde. Der damals verwandte Begriff wurde von der Rechtsprechung so verstanden, daß er einem Wiederaufleben des Anspruchs nach dem Wegfall der Rente nicht entgegenstand (BSGE 27, 66 = SozR Nr 23 zu § 183 RVO; SozR Nr 24 zu § 183 RVO Bl Aa 26; BSGE 32, 18, 19). Eine weitergehende Ausschlußwirkung wurde mit dem (alleinigen) Zweck der Vorschrift, einen Doppelbezug von Leistungen mit voller Lohnersatzfunktion zu verhindern, als unvereinbar angesehen.
In § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V wird seit der Novellierung durch das 3. SGB V-ÄndG vom 10. Mai 1995 derselbe Begriff verwendet wie in der RVO; die laut Gesetzesbegründung (vgl BT-Drucks 13/340 S 9) unveränderte Zwecksetzung spricht zusätzlich dafür, daß die damalige Auslegung auf die neue Rechtslage zu übertragen ist. Allerdings ist die Kontinuität zwischen der RVO und der jetzigen Regelung durch eine vom 1. Januar 1989 bis zum 18. Mai 1995 geltende andere Fassung des § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V unterbrochen; außerdem enthielt die RVO keine dem heutigen § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V entsprechende Vorschrift. Diese Umstände hindern jedoch nicht, bei der Auslegung der jetzigen Fassung an die Rechtsprechung zur RVO anzuknüpfen. Mit der bei Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 in das Gesetz aufgenommenen Wendung „Versicherte haben vom Beginn der nachstehenden Leistungen an keinen Anspruch …” wurde über das Wiederaufleben des Krankengeldes nach dem Wegfall der konkurrierenden Leistung ebensowenig etwas ausgesagt wie mit der früheren bzw mit der ab 1995 geltenden Regelung über das Ende des Anspruchs. Mangels sonstiger Anhaltspunkte wäre die ab dem 1. Januar 1989 geltende Gesetzesfassung hinsichtlich des Wiederauflebens infolgedessen im gleichen Sinne auszulegen gewesen wie diejenige der RVO. Davon ist der Senat ohne nähere Erörterung auch im Urteil vom 8. Dezember 1992 (BSGE 71, 294 = SozR 3-2500 § 48 Nr 4) ausgegangen. Denn er ist dort der früheren Rechtsprechung lediglich insoweit entgegengetreten, als danach Zeiten des Krankengeldbezugs, für die nachträglich eine (niedrigere) Rente bewilligt worden war, auf die Höchstbezugsdauer anzurechnen waren. Die Übertragbarkeit der zu § 183 Abs 3 RVO entwickelten Grundätze, die das Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs ermöglichten, hat er nicht in Zweifel gezogen.
Auch § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V ist nicht zu entnehmen, daß bei zwischenzeitlichem Bezug einer Rente oder einer der anderen in § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Leistungen ein Wiederaufleben des früheren, nicht ausgeschöpften Krankengeldanspruchs ausgeschlossen sein soll. Der Umstand, daß das Gesetz die rechtlichen Auswirkungen eines Zusammentreffens des Krankengeldes mit einer Rente oder rentenähnlichen Leistung (Satz 1 Halbsatz 2) und die Voraussetzungen für einen (erneuten) Krankengeldbezug nach dem Wegfall einer solchen konkurrierenden Leistung (Satz 4) besonders normiert, scheint allerdings für eine abschließende Regelung in dem Sinne zu sprechen, daß in diesen Fällen der Krankengeldanspruch stets neu begründet werden muß. Indessen würde bei einem derartigen Verständnis der Vorschrift der systematische Zusammenhang mit § 48 Abs 2 SGB V nicht genügend beachtet, der seinerseits abschließend regelt, wann Krankengeld wieder zu gewähren ist, wenn der Versicherte aufgrund derselben Krankheit den Anspruch bis zur Höchstbezugsdauer ausgeschöpft hat. Dieser Zusammenhang hindert die Auslegung des § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V als Ausschlußnorm auch und gerade dann, wenn der Anspruch im konkreten Fall in der laufenden Rahmenfrist noch nicht erschöpft ist oder in der vorherigen Rahmenfrist noch nicht erschöpft war.
Sowohl § 50 Abs 1 Satz 4 als auch § 48 Abs 2 SGB V legen Voraussetzungen fest, unter denen Krankengeld nach dem Wegfall eines Ausschlußtatbestandes wieder zu gewähren ist. Da die Anforderungen nicht übereinstimmen, andererseits sich aber die Anwendungsbereiche der beiden Vorschriften überschneiden, müssen sie so ausgelegt werden, daß Wertungswidersprüche vermieden werden. Während § 48 Abs 2 SGB V vor dem Eintritt der den Anspruch auslösenden erneuten Arbeitsunfähigkeit eine sechsmonatige Arbeitsfähigkeit und eine entsprechend lange Erwerbstätigkeit oder Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung verlangt, kennt § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V keine derartige Mindestfrist. Wenn die Ausschlußtatbestände, auf die sich die beiden Vorschriften beziehen, zusammentreffen – wenn der Anspruch also nach Erschöpfung der Höchstbezugsdauer außerdem durch eine konkurrierende Leistung ausgeschlossen wird –, kann nur eine der beiden Entstehungsvorschriften gelten.
Hätte § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V den Vorrang, würde sich die Erschöpfung des Krankengeldanspruchs anders auswirken, je nach dem, ob der Versicherte vorübergehend eine der in Satz 1 genannten Leistungen bezieht oder nicht. Im einen Fall könnte er bereits nach eintägiger Arbeitsfähigkeit wieder Krankengeld beziehen, im anderen müßte er mindestens sechs Monat arbeitsfähig gewesen sein und weitere Bedingungen erfüllt haben. Eine Rechtfertigung für eine derartige Besserstellung des zeitweisen Beziehers einer das Krankengeld ausschließenden Leistung ist nicht ersichtlich. Dasselbe gilt umgekehrt für eine Schlechterstellung von Versicherten, die in keiner vorausgegangenen Rahmenfrist wegen derselben Krankheit Krankengeld für 78 Wochen bezogen hatten. In ihrem Fall lebt der früher erworbene Anspruch nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB V mit Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ohne weitere Voraussetzung wieder auf (BSGE 71, 290 = SozR 3-2500 § 48 Nr 3), wohingegen bei einer Unterbrechung durch zeitweisen Rentenbezug wie im Fall der Klägerin ein Wiederaufleben ausgeschlossen und ein Wiederentstehen nur im Falle einer Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld möglich wäre. Auch insoweit ließe sich die unterschiedliche Behandlung nicht überzeugend begründen.
Eine Verdrängung von § 48 Abs 2 durch § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V wäre auch mit der Entstehungsgeschichte der beiden Vorschriften nicht vereinbar. § 48 Abs 2 SGB V wurde zum 1. Januar 1989 mit dem Gesundheitsreformgesetz eingeführt, um den Anreiz zu beseitigen, das Krankengeld als unterbrochene Dauerleistung mit Rentenersatzfunktion in Anspruch zu nehmen (BT-Drucks 11/2237 S 181 zu § 47 Abs 2). § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V wurde erst durch das 3. SGB V-ÄndG vom 10. Mai 1995 im Zusammenhang mit der Neufassung von Satz 1 geschaffen, der den Ausschluß jeglichen Krankengeldbezugs neben den anderen dort genannten Lohnersatzleistungen bewirken sollte, nachdem der Senat die frühere Fassung im Sinne eines Ausschlusses lediglich bereits entstandener Krankengeldansprüche ausgelegt hatte (SGb 1994, 523 = NZS 1994, 316 = EzS 90/191). Hierzu sollte „klargestellt” werden, daß bei Wegfall der Erwerbsunfähigkeitsrente oder des Altersruhegeldes ein neuer Krankengeldanspruch entsteht, wenn eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld besteht (BT-Drucks 13/340 S 9). Mit der Klarstellungsabsicht wäre es unvereinbar, wenn durch Satz 4 der Anwendungsbereich von § 48 Abs 2 SGB V eingeschränkt worden wäre.
Der begrenzte Regelungsgehalt des § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V ist schließlich auch im Wortlaut angedeutet. Wenn es dort heißt: „bei Eintritt einer erneuten Arbeitsunfähigkeit”, so kann das zwar als schlichte Bezugnahme auf den Zeitpunkt zu verstehen sein, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs zu prüfen sind. In diesem Sinne hat der Senat die ähnliche Wendung in § 48 Abs 2 SGB V aufgefaßt und einer Auslegung widersprochen, welche die Fälle der ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit – zumindest wenn diese bereits vor dem 1. Januar 1989 begonnen hatte – vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeklammert hätte (Beschluß vom 10. Dezember 1991 - 1/3 RK 9/90 = USK 91167 = SGb 1992, 508). Die dazu führenden Erwägungen gelten für § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V jedoch nicht. Abgesehen davon, daß mit § 48 SGB V gerade das Problem der Dauerarbeitsunfähigkeit anders als bisher gelöst werden sollte und § 50 SGB V eine ganz andere Zielrichtung hat, besteht ein nicht unwesentlicher Unterschied im Wortlaut der beiden Vorschriften. In § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V wird der unbestimmte Artikel „einer” verwandt, während § 48 Abs 2 SGB V auf den Eintritt „der” erneuten Arbeitsunfähigkeit abstellt, was unschwer als Bezugnahme auf den im Gesamtzusammenhang der Vorschrift maßgeblichen Zeitpunkt zu verstehen ist. Das bestätigt das bereits aus systematischen Erwägungen gewonnene Ergebnis, daß die in § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V beabsichtigte Klarstellung nur diejenigen Fälle erfaßt, in denen die Höchstbezugsdauer von vornherein keine Rolle spielen kann, weil verschiedene Krankheiten zeitlich getrennt voneinander zur Arbeitsunfähigkeit führen. Geht es demgegenüber um das Wiederaufleben des Anspruchs bei ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit oder wegen einer nach § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V einzubeziehenden zusätzlichen Krankheit, kommt es nach § 48 Abs 2 SGB V allein darauf an, ob die Höchstbezugsdauer in der laufenden oder in einer früheren Rahmenfrist bereits ausgeschöpft ist. Steht dieses Merkmal dem Anspruch nicht entgegen, bleibt es beim Grundsatz des zeitlich unbegrenzten Anspruchs nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB V.
Der gefundenen Lösung kann nicht mit Erfolg entgegenhalten werden, § 50 Abs 1 Satz 1 und Satz 4 SGB V hätten bei praktisch gleichem Wortlaut unterschiedliche Regelungsgegenstände. Richtig ist, daß die Wendungen „entsteht ein neuer Krankengeldanspruch” bzw „entsteht ein Anspruch auf Krankengeld” nur unwesentlich voneinander abweichen, so daß die unterschiedliche Reichweite im Gesetzeswortlaut nicht zum Ausdruck kommt. Das hindert jedoch nicht, die Vorschrift in dem Sinne zu verstehen, daß Satz 1 jeglichen Krankengeldbezug ausschließt, also auch das Wiederaufleben im hier umschriebenen Sinne, während dies von Satz 4 gerade nicht erfaßt wird. Denn der Begriff des „Wiederauflebens” wird im Gesetz an keiner Stelle verwendet und der Unterschied zum „Entstehen” oder „Wiederentstehen” hat sich auch sonst nicht in der Wortwahl niedergeschlagen, wie die in § 48 Abs 2 SGB V benutzte Formulierung „besteht … ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit” zeigt. Auch in der bisherigen Rechtsprechung ist das Wiederentstehen des Anspruchs nach § 48 Abs 2 SGB V trotz der darin vorausgesetzten Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit als „Wiederaufleben unter erschwerten Bedingungen” bezeichnet worden (BSG SozR 3-2500 § 48 Nr 5 S 24). Unter diesen Umständen hält der Senat die aufgezeigten systematischen Argumente gegenüber dem insoweit ungenauen Wortlaut für durchschlagend. Freilich ist nicht zu verkennen, daß bei der für zutreffend gehaltenen Auslegung keine Fallgestaltung verbleiben dürfte, die durch § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V abweichend vom bisherigen Recht geregelt wird. Dieser Einwand trägt jedoch schon deshalb nicht, weil der Gesetzgeber selbst im Zusammenhang mit § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V nicht von einer Rechtsänderung, sondern nur von einer Klarstellung spricht. Ob eine solche mit Blick auf die in der Gesetzesbegründung angeführte Entscheidung des Senats vom 15. Dezember 1993 (SGb 1994, 523 = NZS 1994, 316 = EzS 90/191) oder auf ein denkbares Mißverständnis von § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V als Ausschlußgrund auch für zukünftige Krankengeldansprüche veranlaßt war, mag dahinstehen. Eine Rechtsänderung hinsichtlich der Möglichkeit des Wiederauflebens von Krankengeldansprüchen nach Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitsfähigkeit oder durch den Bezug anderweitiger Leistungen oder nach dem Beginn einer neuen Rahmenfrist sollte damit jedenfalls nicht verbunden sein.
Obwohl der geltend gemachte Krankengeldanspruch nach alledem entgegen der Ansicht des LSG durch § 50 Abs 1 SGB V nicht ausgeschlossen ist, kann der Senat über das Klagebegehren nicht abschließend entscheiden. Das SG hatte die Beklagte verurteilt, „Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften unter Beachtung der Ruhensvorschriften gegebenenfalls bis zum Ablauf der Höchstbezugsdauer in der zweiten Blockfrist zu gewähren”. Ein derartiges „Grundurteil”, bei dem lediglich über ein bestimmtes Anspruchselement entschieden und die Sache im übrigen zur weiteren Klärung an die Verwaltung zurückverwiesen wird, sieht die Prozeßordnung nicht vor. Allein die Höhe der Leistung kann vom Gericht offengelassen werden; die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach müssen auch beim Erlaß eines Grundurteils nach § 130 Sozialgerichtsgesetz sämtlich geprüft und festgestellt werden (BSG USK 83141; Pawlak in: Hennig, Sozialgerichtsgesetz, Stand: März 1998, § 130 RdNr 45 jeweils mwN). Würde die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen, wäre unklar, ob und gegebenenfalls für welche Zeiträume der Klägerin tatsächlich Krankengeld gewährt werden müßte. Daß dies weiterer Klärung bedarf, folgt schon daraus, daß die Klägerin nach den Feststellungen des LSG zeitweise (vom 9. Januar bis 27. Mai 1996) Arbeitslosengeld bezogen und der Krankengeldanspruch deshalb zumindest insoweit nach § 49 Abs 1 Nr 3a SGB V geruht hat. Ob ihr noch andere den Krankengeldanspruch berührende Lohnersatzleistungen gewährt worden sind, ist nicht ersichtlich. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich ferner, daß die Klägerin den Bescheid, mit dem der Rentenversicherungsträger die Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente über den 31. Oktober 1995 hinaus abgelehnt hatte, gerichtlich angefochten hat. Damit ist nicht ausgeschlossen, daß die Zeitrente nachträglich verlängert oder in eine Dauerrente umgewandelt worden ist und aus diesem Grunde kein Krankengeldanspruch besteht.
Das LSG wird auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Senats das Vorliegen etwaiger Ausschlußgründe zu prüfen und sodann über das Begehren der Klägerin sowie die Kosten des Rechtsstreits abschließend zu entscheiden haben.
Fundstellen