Leitsatz (amtlich)
Die Kosten für die Anschaffung, die Installation und den Betrieb einer Geschirrspülmaschine können auch dann nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn ein Steuerpflichtiger den Geschirrspülautomaten mit Rücksicht auf eine krankheitsbedingte Behinderung seiner Ehefrau angeschafft hat.
Normenkette
EStG 1967 § 33
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Beamter des gehobenen Dienstes. Zu seinem Haushalt gehören zwei Kinder, die in Jahren 1960 und 1962 geboren sind. Seine Ehefrau erkrankte Anfang des Streitjahres 1967 an Muskelschwund, was nach einer amtsärztlichen Bescheinigung zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v. H. führte. Nach der Bescheinigung eines Nervenarztes ist die Ehefrau des Klägers durch partielle Muskelverschmächtigungen an beiden Händen in der Ausübung ihrer täglichen Hausarbeiten erheblich behindert. Der Kläger hat deshalb zur Erleichterung der Arbeiten im Haushalt elektrische Apparate (z. B. eine elektrische Wasch- und eine Geschirrspülmaschine) angeschafft. Der Kläger beantragte in der Einkommensteuererklärung 1967, seine Aufwendungen für die Anschaffung, die Installation und den Betrieb der Geschirrspülmaschine von insgesamt 1 515 DM als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) lehnte dies ab und gewährte lediglich einen Pauschbetrag in Höhe von 420 DM wegen der Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 65 EStDV).
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil des FG ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1972 S. 66 veröffentlicht. Nach Auffassung des FG sind die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für die Anschaffung einer Geschirrspülmaschine auch bei einer schweren Erkrankung der Ehefrau keine außergewöhnliche Belastung.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 33 EStG. Das FG habe zwar zutreffend entschieden, daß die Anerkennung der Aufwendungen für eine Geschirrspülmaschine als außergewöhnliche Belastung nicht schon daran scheitere, daß der Kläger einen Gegenwert erhalten habe. Der Gegenwertgedanke sei, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, überall da nicht anwendbar, wo ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen - wie im Streitfall - aus einer ihm aufgezwungenen Schadenslage heraus gemacht habe. Das FG habe auch zu Recht entschieden, daß die geltend gemachten Aufwendungen nicht mit den Pauschsätzen des § 65 EStDV abgegolten seien. Nach dem Urteil des BFH vom 16. Dezember 1954 IV 67/54 U (BFHE 60, 188, BStBl III 1955, 73) sei eine Belastung außergewöhnlich, wenn sie nicht dem gewohnten Lebensstil der Mehrheit der Bevölkerungskreise entspreche, denen der Steuerpflichtige nach seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen angehöre.
Bei dem kleinen Haushalt des Klägers, seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen habe die Anschaffung einer Geschirrspülmaschine im Streitjahr 1967 außerhalb des Normalen gelegen. Aus einer möglichen künftigen Entwicklung der Verhältnisse hätte das FG keine Schlußfolgerungen für das Streitjahr ziehen dürfen. Abgesehen davon habe sich die Annahme des FG, daß eine Geschirrspülmaschine in absehbarer Zeit allgemein üblich sein werde, nicht bestätigt.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahin abzuändern, daß die geltend gemachten Aufwendungen im Betrag von insgesamt 1 515 DM als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Nach § 33 Abs. 1 EStG ist die Einkommensteuer zu ermäßigen, wenn das Einkommen durch außergewöhnliche und zwangsläufige Aufwendungen gemindert ist. Aufwendungen für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes begründen grundsätzlich keine "Belastung" i. S. des § 33 Abs. 1 EStG, weil es sich dabei um einen Vorgang der Vermögensumschichtung handelt. Demzufolge scheidet die Annahme einer außergewöhnlichen Belastung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich aus, wenn der Steuerpflichtige für seine Aufwendungen einen wie auch immer gearteten Gegenwert erhält (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 15. Februar 1974 VI R 67/70, BFHE 111, 491, BStBl II 1974, 335, mit weiteren Hinweisen). Von der Anwendung der sog. Gegenwertlehre kann zwar bei Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung abgesehen werden, wenn der Verlust auf einem unabwendbaren Ereignis beruht und es sich bei den wiederbeschafften Wirtschaftsgütern um Gegenstände handelt, die zur angemessenen Auffüllung von Hausrat und Kleidung üblicherweise notwendig sind. Diese Ausnahme zur Gegenwertlehre hat der BFH erstmals im Urteil vom 16. Oktober 1952 IV 376/51 S (BFHE 56, 773, BStBl III 1952, 298) bei kriegsbedingten Verlusten von Hausrat und Kleidung als zulässig angesehen und dann in ständiger Rechtsprechung vertreten (vgl. Urteil VI R 67/70). Der Kläger kann sich indes auf diese Rechtsprechung schon deshalb nicht berufen, weil es sich im Streitfall nicht um eine Wiederbeschaffung verlorenen Hausrats, sondern um die erstmalige Anschaffung eines Haushaltsgerätes handelt. Abgesehen davon muß die Außerachtlassung des Gegenwertgedankens - wie der Senat erst vor kurzem im Urteil VI R 67/70 betont hat - auf einen engen Kreis von besonders schwerwiegenden, aus dem normalen Geschehensablauf weit herausragenden Ereignissen beschränkt bleiben, die man unter die Begriffe der "höheren Gewalt im engeren Sinne", der Katastrophe oder des katastrophenähnlichen Ereignisses bringen kann. Andere Ausnahmen würden zu einer nicht vertretbaren Ausweitung des § 33 EStG führen. Die hier vorliegende Anschaffung der Geschirrspülmaschine mit Rücksicht auf die 30 %ige Erwerbsminderung der Ehefrau des Klägers ist mit den erwähnten Katastrophen und katastrophenähnlichen Ereignissen nicht zu vergleichen.
Im übrigen ist zu beachten, daß selbst dann, wenn mit dem Kläger davon ausgegangen wird, daß die Erkrankung seiner Ehefrau für die Anschaffung der Geschirrspülmaschine ursächlich war, die Verwendung arbeitsparender Haushaltsgeräte auch in Arbeitnehmerhaushalten mit mittleren Einkommen - insbesondere mit mehreren Kindern - der modernen Wirtschaftsentwicklung entspricht. Es wurden - und zwar bereits im Streitjahr - Geschirrspülautomaten auch in Haushaltungen angeschafft, in denen die Hausfrau nicht durch eine Erkrankung in der Erledigung der hauswirtschaftlichen Arbeiten behindert war, wenn sie damals auch noch nicht so verbreitet gewesen sein mögen wie etwa Wasch- oder Bügelautomaten.
Fundstellen
Haufe-Index 71048 |
BStBl II 1974, 745 |
BFHE 1975, 301 |