Entscheidungsstichwort (Thema)
Kfz-Steuer als Masseverbindlichkeit
Leitsatz (NV)
Die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer ist unbeschadet einer vom Insolvenzverwalter ausgesprochenen Freigabe des Fahrzeugs Masseverbindlichkeit i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, solange die Steuerpflicht wegen der verkehrsrechtlichen Zulassung des Fahrzeugs auf den Schuldner noch andauert (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 4/07, BFHE).
Normenkette
KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 S. 1, § 7 Nr. 1; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die X-GmbH (im Folgenden: GmbH) war seit dem 14. Februar 2002 Halterin eines PKW. Über das Vermögen der GmbH wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vom 13. September 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) zum Insolvenzverwalter ernannt. Aufgrund einer Anzeige nach § 29c der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, wonach das Versicherungsverhältnis für das Fahrzeug nicht mehr bestand, wurde das Kennzeichen durch die Polizei am 10. Oktober 2005 entstempelt. Das Fahrzeug wurde schließlich am 24. Juli 2006 bei der Zulassungsbehörde abgemeldet. Bereits zuvor, am 23. März 2006, erklärte der Kläger der GmbH gegenüber die Freigabe des Fahrzeugs aus der Masse.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte im Änderungsbescheid vom 3. August 2006 die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 14. Februar 2006 bis zum 23. Juli 2006 (streitiger Zeitraum) auf 53 € fest.
Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage vertrat der Kläger die Auffassung, das Fahrzeug habe aufgrund seiner Freigabeerklärung nicht mehr zur Insolvenzmasse gehört. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 1371 veröffentlichten Urteil zum Teil statt und setzte die Kraftfahrzeugsteuer abweichend für die Zeit vom 14. Februar 2006 bis zum 23. März 2006 auf 12 € fest.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die es auf Verletzung von § 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5, § 7 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) stützt.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG war das FA berechtigt, den Kläger auch für die in der Zeit über die Freigabe hinaus bis zur verkehrsrechtlichen Abmeldung des Fahrzeugs entstandene Kraftfahrzeugsteuer in Anspruch zu nehmen.
1. Die Steuerpflicht dauert nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG bei einem --wie hier-- inländischen Fahrzeug, solange es zum Verkehr zugelassen ist; Schuldner ist die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist (§ 7 Nr. 1 KraftStG).
Der Kläger muss als Insolvenzverwalter nach § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 der Abgabenordnung die Steuer aus der Insolvenzmasse unbeschadet einer Freigabe des Fahrzeugs aus der Insolvenzmasse solange bezahlen, bis das Fahrzeug verkehrsrechtlich abgemeldet wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung, solange die Steuerpflicht wegen der verkehrsrechtlichen Zulassung des Fahrzeugs auf den Schuldner noch andauert; denn dem Gesetz ist die rechtlich unwiderlegliche Vermutung zu entnehmen, dass das Fahrzeug von demjenigen, für den es zugelassen ist, bis zur Außerbetriebssetzung gehalten wird. Das unwiderlegbar rechtsvermutete Halten führt zu einer gesetzlich unterstellten Verwendungsmöglichkeit und Verfügungsgewalt "im Geschäft" des Schuldners und damit im Rahmen der Insolvenzmasse (BFH-Urteile vom 29. August 2007 IX R 4/07, und vom 18. Dezember 1953 II 190/52 U, BFHE 58, 358, BStBl III 1954, 49), an der sich durch eine vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Freigabe aus der Masse nichts ändert. Der Insolvenzverwalter ist vielmehr gehalten, eine verkehrsrechtlich vorgeschriebene Anzeige oder Mitteilung abzugeben (vgl. im Einzelnen das BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 4/07, unter III. 2. b dd (3) a.E.).
2. Da das angefochtene Urteil diesen Maßstäben nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen. Zutreffend hat das FA die Kraftfahrzeugsteuer nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG bis zur nicht schon mit der Entstempelung des Kennzeichens beendeten verkehrsrechtlichen Abmeldung (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KraftStG) und damit bis zum 23. Juli 2006 festgesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 1849404 |
BFH/NV 2008, 250 |
HFR 2008, 269 |