Entscheidungsstichwort (Thema)
Unberechtigter Vorsteuerausweis durch Geschäftsführerin einer Kapitalgesellschaft
Leitsatz (NV)
Eine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung stellt sich nicht, wenn das FA gegen die Alleingeschäftsführerin einer GmbH eine Steuerschuld nach §14 Abs. 3 UStG festsetzt, weil sie über ihre Geschäftsführertätigkeit gegenüber der GmbH mit gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer abgerechnet hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1-3; UStG 1991 § 14 Abs. 3, § 2 Abs. 1, 2 Nr. 1
Tatbestand
I. Der Alleingesellschafter einer in den neuen Bundesländern ansässigen GmbH schloß 1992 mit der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), seiner Lebensgefährtin, einen Geschäftsführervertrag. Danach sollte sie ab 1. April 1992 für ein monatliches "Honorar von 3 000 DM zzgl. MwSt" als "freie Mitarbeiterin in der Funktion der Alleingeschäftsführerin" der GmbH beschäftigt werden und bei der Erledigung aller von ihr wahrzunehmenden Geschäfte weder an Anweisungen noch an sonstige Vorgaben hinsichtlich Art, Ort und Zeitpunkt der Verrichtungen gebunden sein. Zahlungen leistete die GmbH für 1992 nicht und für 1993 nur in Höhe von 6 000 DM. Für die Monate Januar bis Juli 1994 stellte die Klägerin der GmbH, die im März 1996 liquidiert wurde, jeweils 3 000 DM und 450 DM Umsatzsteuer in Rechnung.
Die Klägerin meldete für das Streitjahr 1994 vereinnahmte Entgelte von 6 956,52 DM und Vorsteuerbeträge von 1 993 DM an. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) beurteilte die Klägerin nicht als Unternehmerin und setzte eine Umsatzsteuerschuld von 3 150 DM fest, weil sie nicht berechtigt gewesen sei, Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis zu erteilen (§14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes -- UStG -- 1993).
Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Es legte dar, die Klägerin sei im Streitjahr 1994 nicht Unternehmerin i. S. von §2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 gewesen, so daß sie die unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer schulde (§14 Abs. 3 Satz 1 UStG 1993). Als Geschäftsführerin einer Kapitalgesellschaft -- so führte das FG weiter aus -- sei sie Arbeitnehmerin gewesen, weil sie als gesetzliche Vertreterin notwendig in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft eingegliedert worden sei und den Weisungen der Gesellschafterversammlungen habe folgen müssen. Dieses Weisungsrecht könne durch den Anstellungsvertrag nicht mit gesellschaftsrechtlicher Wirkung ausgeschlossen werden. Im Streitfall seien keine Besonderheiten vorhanden, selbst wenn nach übereinstimmendem Parteiwillen durch den Anstellungsvertrag auch Weisungen des Alleingesellschafters ausgeschlossen worden sein sollten. Der Alleingesellschafter hätte im Konfliktfall jederzeit von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen können.
Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen der in §115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bezeichneten Gründe.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen, die §115 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung und die Bezeichnung eines Zulassungsgrundes stellt. Für die Beschwerdeentscheidung sind nur die innerhalb der Beschwerdefrist vorgebrachten Gründe für die Zulassung der Revision zu berücksichtigen.
a) Die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision setzt gemäß §115 Abs. 3 Satz 3 FGO nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH -- (z. B. Beschluß vom 18. Februar 1993 V B 8/93, BFH/NV 1995, 306) u. a. voraus, daß einer der abschließend bezeichneten Zulassungsgründe (§115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO) nicht nur behauptet, sondern dargelegt bzw. bezeichnet wird. Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerde der Klägerin nicht.
b) Die Klägerin hat nicht dargelegt, weshalb die von ihr für bedeutsam erachtete Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung (§115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO) haben kann. Nach den Ausführungen der Klägerin in der Beschwerdeschrift besteht die grundsätzliche Bedeutung der Streitsache darin, "daß ein höchstrichterlich definiertes und im Sinne der Rechtssicherheit und Klarheit allgemeingültiges Abgrenzungskriterium herausgebildet werden muß, nach dem sich die Selbständigkeit von der Unselbständigkeit abgrenzt". Die Klägerin führt weiter aus, auf den Organismus der Gesellschaft könne es bei einer Einmann-GmbH nicht ankommen. Ihre Darlegungen gehen aber nicht substantiiert darauf ein, weshalb die Frage abweichend von der eindeutigen gesetzlichen Regelung in §2 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 und der ständigen Rechtsprechung zur Abgrenzung der selbständigen von der unselbständigen Tätigkeit (vgl. dazu allgemein BFH-Urteil vom 18. Juli 1991 V R 86/87, BFHE 165, 116, BStBl II 1991, 776 und für den Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft BFH-Urteil vom 9. Oktober 1996 XI R 47/96, BFHE 182, 384, BStBl II 1997, 255) im allgemeinen Interesse des Rechts klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (ständige Rechtsprechung des BFH, z. B. Beschlüsse vom 21. Juni 1996 VIII B 89/95, BFH/NV 1996, 920; vom 21. August 1986 V B 46/86, BFH/NV 1987, 171). Dafür reichen allgemeine Hinweise wie z. B. auf den "Betriebskostenfaktor Arbeit" nicht aus.
c) Soweit die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Abweichung der Vorentscheidung (§115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) von dem BFH-Urteil in BFHE 182, 384, BStBl II 1997, 255 beantragt, hat sie, was nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO indessen notwendig ist, keine abstrakten entscheidungserheblichen Rechtssätze aus dem finanzgerichtlichen Urteil und abstrakte Rechtssätze aus der erwähnten Entscheidung des BFH so genau bezeichnet, daß eine Abweichung erkennbar wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987; vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Die Beschwerdebegründung enthält lediglich den Hinweis, daß die Grundsätze in der bezeichneten BFH-Entscheidung auf den Streitfall als Ausnahmefall nicht anwendbar seien.
d) Soweit die Klägerin als Verfahrensfehler (§115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) rügt, das FG habe den ihm unterbreiteten Tatsachenstoff nicht verwertet, daß sie vom Alleingesellschafter ausdrücklich von der Pflicht, Weisungen zu befolgen, freigestellt worden sei, hätte sie schlüssig darlegen müssen, daß das FG bei Berücksichtigung des angeblich nicht beachteten Sachvortrags zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Im übrigen hat das FG den Sachvortrag nicht nur ausdrücklich im Urteil wiedergegeben, sondern ihn auch bei der Urteilsfindung berücksichtigt.
Fundstellen
Haufe-Index 302958 |
BFH/NV 1998, 1531 |