Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Grundsätzliche Bedeutung; Geltendmachen von Verfahrensmängeln
Leitsatz (NV)
1. Eine Sache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgeblichen Rechtsfragen im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und auch klärungsfähig sind.
2. Wird als (verzichtbarer) Verfahrensmangel eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) durch das Übergehen von Beweisanträgen gerügt, verlieren die vor dem FG rechtskundig vertretenen Steuerpflichtigen ihr Rügerecht durch das rügelose Verhandeln zur Sache und damit durch das bloße Unterlassen der rechtzeitigen Rüge.
3. Bei der Prüfung eines Verfahrensverstoßes ist auf die materiell-rechtliche Auffassung des FG abzustellen.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, § 155; ZPO § 295
Verfahrensgang
FG Nürnberg (Urteil vom 19.01.2006; Aktenzeichen IV 82/2005) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.
1. Mit ihrer Rüge, das Finanzgericht (FG) habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 76 Abs. 1 FGO) durch das Übergehen von Beweisanträgen verletzt, können die vor dem FG rechtskundig vertretenen Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht (mehr) gehört werden. Da es sich um einen verzichtbaren Verfahrensmangel handelt, haben sie ihr Rügerecht durch das --aus der Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung ersichtliche-- rügelose Verhandeln zur Sache und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. April 2005 IX B 194/03, BFH/NV 2005, 1354; vom 28. September 2005 XI B 134/04, BFH/NV 2006, 314). Soweit die Kläger als Verfahrensmangel noch geltend machen, das FG habe auch ohne entsprechenden Beweisantrag den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufklären müssen, fehlt es an der Darlegung, dass sich dies dem FG auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung hätte aufdrängen müssen (z.B. BFH-Beschluss vom 7. Februar 2006 IX B 153/05, BFH/NV 2006, 1114).
2. Die Kläger berufen sich auch zu Unrecht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Eine Sache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgeblichen Rechtsfragen im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und auch klärungsfähig sind (z.B. BFH-Beschluss vom 1. Juli 2003 IX B 208/02, BFH/NV 2003, 1534, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist nicht gegeben.
Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, "ob Aufwendungen für miterworbene, wirtschaftlich verbrauchte Wirtschaftsgüter über den mit Urteil X R 97/87 (BStBl II 1989, 604) entschiedenen Fall der Abbruchkosten hinaus allgemein als Anschaffungskosten des 'Hauptwirtschaftsguts' gelten", kann im vorliegenden Verfahren --mangels Entscheidungserheblichkeit-- nicht geklärt werden.
Das FG hat aus seinen nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angefochtenen und damit den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) den Schluss gezogen, dass den Einrichtungsgegenständen ein wirtschaftlicher Wert zukam (Bl. 7 f. FG-Urteil). Diese Würdigung des FG ist möglich; sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze. In einem zukünftigen Revisionsverfahren wäre der Senat an sie gebunden. Auf die von den Klägern mit ihrer Beschwerde herausgestellte Rechtsfrage zu wirtschaftlich verbrauchten Wirtschaftsgütern kommt es deshalb im Streitfall nicht an.
3. Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) wegen Divergenz (vgl. zu diesem Zulassungsgrund z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 41 f., m.w.N.) ist --wie der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) in der Beschwerdeerwiderung zutreffend ausgeführt hat-- ebenfalls nicht notwendig.
Fundstellen
Haufe-Index 1621617 |
BFH/NV 2007, 91 |