Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung: Assistentin im Forschungsinstitut. Eingruppierung einer Assistentin im Forschungsinstitut mit Ausbildung als Arzthelferin als medizinisch-technische Assistentin. Anwendbarkeit von Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen zum BAT auf medizinische Hilfsberufe. Eingruppierung öffentl. Dienst

 

Orientierungssatz

  • Es spricht viel dafür, daß jedenfalls die Tätigkeiten, die nach dem einschlägigen Medizinalrecht, hier dem Gesetz über technische Assistenten in der Medizin vom 2. August 1993 (MTAG), den technischen Assistenten in der Medizin mit entsprechender Ausbildung vorbehalten sind, für einen Angestellten ohne entsprechende Ausbildung auch nicht auf Grund Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen zum BAT die Eingruppierung als medizinisch-technischer Assistent begründen können.
  • Zur Auslegung der VergGr. Vc Fallgr. 24 und der VergGr. Vb Fallgr. 27 Teil II Abschnitt D (medizinische Hilfsberufe) der Anlage 1a zum BAT.
 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23; Anlage 1a zum BAT Teil II Abschn. D (medizinische Hilfsberufe) VergGr. Vc Fallgr. 24; Anlage 1a zum BAT Teil II Abschn. D (medizinische Hilfsberufe) VergGr. Vb Fallgr. 27; Anlage 1a zum BAT Teil II Abschn. D (medizinische Hilfsberufe) VergGr. IVb Fallgr. 15; Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen Nr. 1 Abs. 3; Gesetz über technische Assistenten in der Medizin vom 2. August 1993 (MTAG) § 1; MTAG § 9

 

Verfahrensgang

LAG München (Urteil vom 11.12.2001; Aktenzeichen 2 Sa 63/01)

ArbG München (Urteil vom 23.11.2000; Aktenzeichen 28 Ca 13872/99)

 

Tenor

  • Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 11. Dezember 2001 – 2 Sa 63/01 – aufgehoben, soweit es auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 23. November 2000 – 28 Ca 13872/99 – teilweise abgeändert hat. Auch insoweit wird die Berufung zurückgewiesen.
  • Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Vergütung der Klägerin. Dabei geht es darum, ob die Klägerin auch ohne entsprechende Ausbildung auf Grund der von ihr auszuübenden Tätigkeit als medizinisch-technische Assistentin eingruppiert ist.

Die am 18. Oktober 1939 geborene Klägerin absolvierte im Jahre 1960 an einer privaten Lehranstalt für Arzthelferinnen einen Halbjahreslehrgang mit erfolgreicher Abschlußprüfung. Sie steht seit dem 15. August 1973 in den Diensten des Beklagten, zunächst auf Grund des Arbeitsvertrages vom 6. September 1973 als technische Assistentin am Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie und seit dem 1. September 1975 auf Grund des Arbeitsvertrages vom 30. Juli 1975 am Max-Planck-Institut für Biochemie, M…. Nach § 2 des zuletzt genannten Arbeitsvertrages wurde für das Arbeitsverhältnis die Anwendbarkeit des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und der diesen ändernden und ergänzenden bzw. ersetzenden Tarifverträge vereinbart.

Bis zum 30. Juni 1981 war die Klägerin in der Arbeitsgruppe Durchflußzytometrie in der Abteilung experimentelle Medizin tätig, und zwar nach dem Zwischenzeugnis vom 20. Juni 1981 als “medizinisch-technische Assistentin”. Anschließend wechselte sie in die Arbeitsgruppe Krebszellforschung/Zellbiologie, wo sie nach dem Zwischenzeugnis vom 10. März 1990 ebenfalls als “medizinisch-technische Assistentin” tätig war. Die Klägerin hat ihre Tätigkeit in dieser Arbeitsgruppe wie folgt beschrieben:

1.)

Zytometrie (65 %):

a)

Zellkultur (10 %):

Hierzu gehört die selbständige Planung und Durchführung von

– 

Kultur sowie Bevorratung verschiedener Zellinien (flüssige Stickstoff-/Gefrierschranklagerhaltung)

– 

Einkauf der Bestandteile sowie sterile Herstellung und Bevorratung von Zellkulturlösungen (Serum/Antibiotikazusatz)

– 

Kulturansätzen, deren Überwachung, Splittung zur Weiterkultur sowie die Herstellung aller Arten von Versuchsansätzen

b)

Durchflußzytometer/Zellsorter (40 %):

Hierzu gehört die selbständige Planung und Durchführung der

– 

Versuchansatzherstellung für die Durchflußzytometrie aus Zellkulturen, menschlichem Blut oder alternativ aus klinischen Biopsien oder von Operationspräparaten mittels mechanischer oder enzymatischer Verfahren

– 

Vermessung bzw. Sortierung der Zellansätze im Durchflußzytometer im simultanen Mehrparameterbetrieb (Lichtstreuung, Fluoreszenz, Volumen)

Wichtige Bestandteile dieser Tätigkeit sind:

– 

Anfärbung lebender oder fixierter Zellen mit biochemisch spezifischen Fluoreszenzmarkern oder fluoreszenzmarkierten Biomolekülen wie Antikörper, Lektine oder molekularbiologische Sonden zur schnellen Funktionsbestimmung und zur Quantifizierung von Biomolekülen in Einzelzellen

– 

Herstellen der analytischen Meß- sowie der präparativen Sortierfähigkeit eines analytischen bzw. zellsortierenden Durchflußzytometers mit zwei Lichtanregungsquellen (Laser, Hg-Hochdrucklampe) und sechs Meßkanälen (zwei Lichtstreu-, drei Fluoreszenz-, ein Coulter elektrischem Zellvolumen-Meßkanälen) mittels Justierung von Meßkammer, Laserstrahl- und Lampenlichtquelle, Partikeleichung sowie Anpassung der jeweiligen Fotoröhrenversorgung und der elektronischen Signalverstärkung zur Erzielung standardisierter Langzeitmeßbedingungen

c)

Computerauswertung zytometischer Vielparameterdaten (15 %)

Hierzu gehören:

– 

selbständiger Betrieb des in der eigenen Arbeitsgruppe entwickelten KLASSIF1-Programmsystems zur Ausfertigung zytometischer Vielparametermessungen, zur Datenbankabspeicherung der Resultate sowie zur selbstlernenden Extraktion diskriminanter Eigenschaften (künstliche Intelligenz, Data Mining) von zytometischen Vielparametermessungen

In diesem Zusammenhang fallen typischerweise an:

– 

Erstellung von Sequenzen mehrdimensionaler Auswertefenster (Makros)

– 

Optimierung des Lernvorganges

– 

Klassifizierung unbekannter Proben aus Forschung und Klinik (prädiktive Medizin beim Einzelpatient, klinische Diagnostik)

2.)

Computerauswertung allgemeiner biomedizinischer Vielparameterdaten (20 %):

Hierzu gehört die selbständige

– 

Analyse von zytometischen, klinisch-chemischen, molekularbiologischen und anderen Vielparameterdaten aus anderen nationalen und internationalen Laboratorien mit dem KLASSIF1-Programmsystem

– 

Herstellung von Resultatdokumentationen

3.)

Teilnahme an der Organisation und Durchführung von Lehrveranstaltungen und wissenschaftlichen Kongressen, Internetpräsenz (15 %):

Hierzu gehören:

– 

Übernahme der praktischen Durchführung von Messung und Auswertung zytometischer Versuche bei Kursen/Praktika für Wissenschaftler und Studenten (national/international)

– 

Mitarbeit bei der Organisation wissenschaftlicher Tagungen oder Kongresse (national/international)

– 

Aktualisierung von Internetseiten der Arbeitsgruppe auf dem Internetserver des Institutes

Mit Schreiben vom 4. Juni 1999 begehrte die Klägerin die rückwirkende Feststellung ihrer Eingruppierung nach VergGr. IVb, hilfsweise Vb BAT. Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, zuletzt beschränkt auf die Feststellung der Eingruppierung in VergGr. Vb BAT.

Die Klägerin hat unter Berufung auf Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen des BAT die Auffassung vertreten, ihr sei auch ohne Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin die Eingruppierung nach Teil II Abschn. D (medizinische Hilfsberufe) der Anlage 1a zum BAT eröffnet. Sie erfülle die sonstigen Merkmale der VergGr. Vb Fallgr. 27, weil sie als Hilfskraft bei wissenschaftlichen Forschungsaufgaben mit einem besonders hohen Maß von Verantwortlichkeit tätig sei. Das ergebe sich schon aus der Protokollnotiz Nr. 7, weil sie in nicht unerheblichem Umfang Aufgaben der in VergGr. Vc Fallgr. 24 genannten Art erfülle. Zu dem Arbeitsvorgang “Durchflußzytometer/Zellsorter” (40 % der Gesamttätigkeit) gehöre das beschriebene Herstellen der analytischen Meß- sowie der präparativen Sortierfähigkeit des Durchflußzytometers. Damit nehme sie selbständig und eigenverantwortlich die Wartung und Justierung eines hochwertigen und schwierig zu bedienenden Meßgerätes vor. Bei den von ihr gewarteten und justierten Geräten (Durchflußzytometer und Zellsortierungsgeräte) handele es sich um hochkomplexe, schwierig zu bedienende und hochwertige Geräte. In dem beschriebenen Arbeitsvorgang “Zellkultur” (10 %) handele es sich um die Durchführung von Gewebezüchtungen, und zwar um die Kultur von menschlichem Gewebe, das bei Operationen entnommen werde, sowie um allgemeine Zellkulturarbeiten mit Zellinien.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin seit dem 1. September 1978 Vergütung nach VergGr. Vb BAT zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei zutreffend in VergGr. Vc (Fallgr. 2) gem. Teil II Abschn. L Unterabschn. II (technische Assistenten, Chemotechniker) der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. Davon gehe auch der Arbeitsvertrag vom 30. Juli 1975 aus, der die Eingruppierung in VergGr. Vc BAT mit der Anmerkung “Zeitaufstieg” ausweise. Die Klägerin übe nicht die Tätigkeit einer medizinisch-technischen Assistentin aus. Der Vortrag der Klägerin zu ihrer Tätigkeit und deren Zeitanteile stamme aus dem Entwurf einer Stellenbeschreibung, den nicht der Leiter der Abteilung Molekulare Biologie, sondern Prof. Dr. V…, der Leiter der Arbeitsgruppe, gefertigt habe. Da sich dieser und die Klägerin nahestünden, fehle es an der erforderlichen Objektivität. Insbesondere würden die behaupteten Zeitanteile bestritten. Die Tätigkeit der Klägerin entspreche weder der Ausbildung für medizinisch-technische Assistenten noch gehöre sie zu den gem. § 9 des Gesetzes über technische Assistenten in der Medizin (MTAG) diesen vorbehaltenen Tätigkeiten. Die Klägerin habe auch keine konkreten Tatsachen für das Vorliegen des Merkmals “mit einem besonders hohen Maß von Verantwortlichkeit” vorgetragen (VergGr. Vb Fallgr. 27).

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Vergütung nach VergGr. Vb BAT seit dem 1. Januar 1999 zu zahlen, und hat die Berufung im übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für den Beklagten zugelassenen Revision begehrt dieser in der Sache, daß die Berufung auch im übrigen zurückgewiesen wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht der Klage zum Teil stattgegeben.

  • Die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht auch ab 1. Januar 1999 die begehrte Vergütung nach VergGr. Vb BAT nicht zu.

    1. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, daß die Klägerin, die keine Ausbildung als medizinisch-technische Assistentin hat, nach Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen nach den Tätigkeitsmerkmalen von Teil II Abschn. D (medizinische Hilfsberufe) eingruppiert sein könne. Wie sich aus dem Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc Fallgr. 24 (medizinische Hilfsberufe) ergebe, sähen die Tarifvertragsparteien ua. die Wartung und Justierung von hochwertigen und schwierig zu bedienenden Meßgeräten sowie Gewebezüchtungen und Antikörperbestimmungen als Tätigkeit einer medizinisch-technischen Assistentin an, so daß die Tätigkeit der Klägerin jedenfalls nach ihrem Gepräge mehr der Tätigkeit einer medizinisch-technischen Assistentin entspreche. Unstreitig sei die Klägerin mit der Wartung und Justierung eines hochwertig und schwierig zu bedienenden Meßgerätes, nämlich des Durchflußzytometers, und mit Gewebezüchtungen befaßt. Schon die Tätigkeit am Durchflußzytometer machten nach dem gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden geltenden Sachvortrag der Klägerin mehr als 1/4 der Tätigkeit der Klägerin aus, so daß – abgesehen von der verlangten Ausbildung – die Voraussetzungen für die Eingruppierung in VergGr. Vc Fallgr. 24 BAT gegeben seien. Somit gelte nach der Protokollnotiz Nr. 7 das Merkmal der VergGr. Vb Fallgr. 27 “mit einem besonders hohen Maß von Verantwortlichkeit” als erfüllt. Unstreitig sei die Klägerin auch als Hilfskraft bei wissenschaftlichen Forschungsarbeiten eingesetzt. Die Klägerin habe sich auch in ihrer Tätigkeit gem. VergGr. Vb Fallgr. 27 mindestens zwei Jahre bewährt, so daß sie in VergGr. IVb Fallgr. 15 (medizinische Hilfsberufe) aufgestiegen sei. Wegen der fehlenden Ausbildung sei sie gem. Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen in der nächstniedrigeren Vergütungsgruppe (Vb) eingruppiert. Nach § 70 BAT seien aber die Vergütungsansprüche bis einschließlich 31. Dezember 1998 verfallen.

    Diese Begründung des Landesarbeitsgerichts hält der Revision nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, daß schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die Voraussetzungen für die von ihr begehrte Eingruppierung nicht erfüllt sind.

    2. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ändernden, ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge Anwendung.

    3. Der Klägerin steht die begehrte Vergütung nicht zu, weil in der gesamten von ihr auszuübenden Tätigkeit nicht zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die die Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmals der von der Klägerin in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Weil die Klägerin ihr Begehren wegen Fehlens der entsprechenden Ausbildung auf die Anwendung von Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen stützt, geht es um die VergGr. IVb BAT.

    4. Die einschlägigen Tätigkeitsmerkmale von Teil II Abschn. D (medizinische Hilfsberufe) der Anlage 1a zum BAT, auf die die Klägerin ihr Begehren stützt, haben folgenden Wortlaut:

    Vergütungsgruppe Vc

    24. Medizinisch-technische Assistentinnen mit entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach erlangter staatlicher Erlaubnis, die in nicht unerheblichem Umfang eine oder mehrere der folgenden Aufgaben erfüllen:

    Wartung und Justierung von hochwertigen und schwierig zu bedienenden Meßgeräten (z.B. Autoanalyzern) und Anlage der hierzu gehörenden Eichkurven, Bedienung eines Elektronenmikroskops sowie Vorbereitung der Präparate für Eletronenmikroskopie.

    Quantitative Bestimmung von Kupfer und Eisen, Bestimmung der Eisenbindungskapazität, schwierige Hormonbestimmungen, schwierige Fermentaktivitätsbestimmungen, schwierige gerinnungsphysiologische Untersuchungen.

    Virusisolierungen oder ähnlich schwierige mikrobiologische Verfahren, Gewebezüchtungen, schwierige Antikörperbestimmungen (z.B. Coombs-Test, Blutgruppen-Serologie).

    Vorbereitung und Durchführung von röntgenologischen Gefäßuntersuchungen in der Schädel-, Brust- oder Bauchhöhle.

    Mitwirkung bei Herzkatheterisierungen, Schichtaufnahme in den drei Dimensionen mit Spezialgeräten, Enzephalographien, Ventrikulographien, schwierigen intraoperativen Röntgenaufnahmen.

    (Hierzu Protokollnotiz Nr. 12)

    Vergütungsgruppe Vb

    27. Medizinisch-technische Assistentinnen mit entsprechender Tätigkeit, die als Hilfskräfte bei wissenschaftlichen Forschungsaufgaben mit einem besonders hohen Maß von Verantwortlichkeit tätig sind.

    (Hierzu Protokollnotiz Nr. 7)

    Vergütungsgruppe IVb

    15. Medizinisch-technische Assistentinnen in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 24, 26 oder 27 nach zweijähriger Bewährung in einer dieser Tätigkeiten.

    Protokollnotizen

    Nr. 7

    Medizinisch-technische Assistentinnen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit als Hilfskräfte bei wissenschaftlichen Forschungsaufgaben mit einem besonders hohen Maß von Verantwortlichkeit tätig sind, werden auch dann als solche eingruppiert, wenn sie im Rahmen dieser Tätigkeit Aufgaben erfüllen, die im Tätigkeitsmerkmal der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 24 genannt sind.

    Nr. 12 

    Der Umfang der schwierigen Aufgaben bzw. deren Tätigkeiten ist nicht mehr unerheblich, wenn er etwa ein Viertel der gesamten Tätigkeit ausmacht.

    5. Es kann offenbleiben, ob mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgegangen werden kann, daß die Klägerin, die keine Ausbildung als technische Assistentin in der Medizin hat, nach der zum 1. Januar 1991 eingeführten Regelung gemäß Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zum BAT zu allen Vergütungsgruppen auf Grund der von ihr auszuübenden Tätigkeit überhaupt als medizinisch-technische Assistentin eingruppiert sein kann. Diese lautet:

    “Ist in einem Tätigkeitsmerkmal eine Vorbildung oder Ausbildung als Anforderung bestimmt, ohne daß sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, von ihm miterfaßt werden, sind Angestellte, die die geforderte Vorbildung oder Ausbildung nicht besitzen, bei Erfüllung der sonstigen Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals in der nächstniedrigeren Vergütungsgruppe eingruppiert. Dies gilt entsprechend für Tätigkeitsmerkmale, die nach Zeitablauf, nach Bewährung oder bei Erfüllung qualifizierter Anforderungen eine höhere Eingruppierung vorsehen. Gegenüber den Vergütungsgruppen  IIa bzw. IIb, Va, VIa und VIII gelten hierbei die Vergütungsgruppen III, Vc, VII und IXb als nächstniedrigere Vergütungsgruppe.”

    a) Dem Wortlaut nach könnte diese tarifliche Regelung Anwendung finden, weil die einschlägigen Tätigkeitsmerkmale für medizinisch-technische Assistenten nicht sonstige Angestellte umfassen, die auf Grund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

    b) Ob diese Regelung für Angestellte in medizinischen Hilfsberufen angewandt werden kann, ist strittig (bejahend Krasemann Das Eingruppierungsrecht des BAT/BAT-O 7. Aufl. S. 216 Rn. 189, 190; ablehnend Claus/Brockprähler/Teichert Lexikon der Eingruppierung Stand Januar 2003 Stichwort “Ausbildungsvoraussetzung” Ziff. 1 jeweils ohne nähere Begründung).

    aa) Nach der Rechtsprechung des Senats verlangen die Tätigkeitsmerkmale für medizinisch-technische Assistentinnen als “entsprechende Tätigkeit” die Erfüllung von Aufgaben in dem Fachgebiet, in dem die Assistentin erfolgreich ausgebildet und für das sie die Berufsbezeichnung zu führen berechtigt ist (Senat 22. März 2000 – 4 AZR 112/99 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 274; 22. April 1998 – 4 AZR 28/97 – AP BAT § 23a Nr. 43). Aus dieser Rechtsprechung kann entgegen der Auffassung der Revision nicht unmittelbar geschlußfolgert werden, daß für Angestellte ohne Ausbildung als medizinisch-technische Assistentin die Regelung in Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zum BAT zu allen Vergütungsgruppen keine Anwendung finden kann. Die Frage der Anwendbarkeit dieser Regelung für die Eingruppierung von medizinisch-technischen Assistentinnen ohne eine entsprechende Ausbildung wird in diesen Entscheidungen nicht behandelt. Es gab dafür auch keinen Anlaß, weil die Betroffenen jeweils Vergütung nach der nächsthöheren Vergütungsgruppe begehrten, die ihnen bei Anwendung von Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen nicht zugestanden hätte.

    bb) Die Entscheidung des Senats vom 5. März 1997 (– 4 AZR 392/95 – AP AVR Caritasverband § 12 Nr. 9) betrifft die Eingruppierung eines Krankenpflegehelfers, der die Tätigkeit eines Krankenpflegers ausübt, nach den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR). Die einschlägige Regelung in den AVR enthält anders als Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen die Einschränkung, “sofern im Vergütungsgruppenverzeichnis im Einzelfall nichts anderes bestimmt ist”. Gestützt darauf hat der Senat entschieden, daß aus dem systematischen Gesamtzusammenhang der Regelungen über die Eingruppierung von Krankenpflegehelferinnen und Krankenschwestern nach den AVR ein in sich geschlossenes System folge, das sich als andere Bestimmung im Sinne der einschlägigen Regelung darstelle. Auch aus dieser Entscheidung ergibt sich somit nicht, daß die Anwendbarkeit der Regelung in Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen auf medizinische Hilfsberufe grundsätzlich ausgeschlossen ist.

    cc) Es spricht viel dafür, daß jedenfalls die Tätigkeiten, die nach dem einschlägigen Medizinalrecht, hier dem Gesetz über technische Assistenten in der Medizin vom 2. August 1993 (MTAG), den technischen Assistenten in der Medizin mit entsprechender Ausbildung vorbehalten sind, für einen Angestellten ohne entsprechende Ausbildung auch nicht auf Grund Nr. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen zum BAT die Eingruppierung als medizinisch-technischer Assistent begründen können. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß nach dem Willen der Tarifvertragsparteien, die gerade bei der Eingruppierung von medizinischem Hilfspersonal das einschlägige Medizinalrecht zugrunde gelegt haben, eine nach diesem Recht verbotene Tätigkeit für die Eingruppierung maßgeblich sein soll.

    dd) Die in § 9 MTAG aufgeführten “vorbehaltenen Tätigkeiten” dürfen nur von technischen Assistenten in der Medizin erledigt werden, weil ihre Ausübung die entsprechende Erlaubnis nach § 1 MTAG voraussetzt und diese Erlaubnis wiederum die entsprechende Ausbildung. Nicht “vorbehalten” und somit für Angestellte ohne entsprechende Ausbildung nicht verboten sind somit die in § 9 MTAG jeweils benannten einfachen Tätigkeiten sowie sonstige Tätigkeiten, die unter das Berufsbild der technischen Assistenten in der Medizin, nicht aber unter die “vorbehaltenen Tätigkeiten” iSd. § 9 MTAG fallen.

    ee) Ob und ggf. welche von der Klägerin auszuübenden Aufgaben nicht unter die vorbehaltenen Tätigkeiten iSd. § 9 MTAG fallen und somit nach Ziff. 1 Abs. 3 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen für die Eingruppierung als medizinisch-technische Assistentin in Betracht kommen, kann offenbleiben. Auch wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, daß die nach der vorgelegten Tätigkeitsbeschreibung von ihr auszuübenden Aufgaben nicht unter den Katalog der vorbehaltenen Tätigkeiten nach § 9 MTAG fallen, hat sie die Voraussetzungen für die von ihr begehrte Eingruppierung nicht schlüssig dargelegt.

    6. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht der tariflichen Bewertung die Tätigkeitsbeschreibung der Klägerin zugrunde gelegt, weil sie gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gelte. Der Vortrag des Beklagten, diese Arbeitsplatzbeschreibung stamme aus dem Entwurf einer Stellenbeschreibung, den nicht der Leiter der Abteilung, sondern der Leiter der Arbeitsgruppe, der der Klägerin nahestehe und dem es an der erforderlichen Objektivität fehle, gefertigt habe, ist kein substantiiertes Bestreiten, weil nicht dargelegt wird, in welchen Punkten die Tätigkeitsbeschreibung nicht zutreffend ist. Entsprechendes gilt für den Vortrag des Beklagten, er bestreite insbesondere die behaupteten Zeitanteile. Es war Sache des Beklagten, insoweit den Behauptungen der Klägerin substantiiert entgegenzutreten, denn der Arbeitgeber kann nicht mit Nichtwissen bestreiten, worin die regelmäßige vom Arbeitnehmer geschuldete Tätigkeit besteht.

    7. Aus dieser Tätigkeitsbeschreibung einschließlich der darin von der Klägerin gegebenen Erläuterungen ergibt sich jedoch nicht schlüssig, daß – abgesehen von dem subjektiven Merkmal – die sonstigen Voraussetzungen des Tätigkeitsmerkmals VergGr. IVb Fallgr. 15 erfüllt sind.

    Die Klägerin ist zwar iSd. VergGr. Vb Fallgr. 27 als Hilfskraft bei wissenschaftlichen Forschungsaufgaben tätig; daß sie dabei im tariflich geforderten Umfang mit einem besonders hohen Maß von Verwantwortlichkeit tätig ist, hat sie nicht schlüssig dargelegt.

    a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß mit der Erfüllung der Voraussetzungen für die Eingruppierung in VergGr. Vc Fallgr. 24 entsprechend der Protokollnotiz Nr. 7 auch das Heraushebungsmerkmal der VergGr. Vb Fallgr. 27 “mit einem besonders hohen Maß von Verantwortlichkeit” erfüllt sei. Dabei hat es verkannt, daß nach dem Tätigkeitsmerkmal VergGr. Vc Fallgr. 24 die darin benannten Aufgaben lediglich in “nicht unerheblichem Umfang” ausgeübt werden müssen, während das Tätigkeitsmerkmal VergGr. Vb Fallgr. 27 eine entsprechende Einschränkung nicht enthält. Für die Erfüllung der Voraussetzungen für die Eingruppierung in VergGr. Vb (Fallgr. 27), die den Bewährungsaufstieg in VergGr. IVb (Fallgr. 15) eröffnet, ist somit erforderlich, daß Arbeitsvorgänge, die dem Heraushebungsmerkmal “mit einem besonders hohen Maß der Verantwortlichkeit” entsprechen, zeitlich mindestens 50 % der Gesamttätigkeit ausmachen, dh. für den Fall, daß es um die Erfüllung dieses Merkmals entsprechend der Protokollnotiz Nr. 7 durch die Ausübung der in der VergGr. Vc Fallgr. 24 genannten Aufgaben geht, daß die Arbeitsvorgänge mit diesen Aufgaben mindestens 50 % der Gesamtarbeitszeit ausmachen. Das läßt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen.

    b) Die Klägerin behauptet der Sache nach, daß sie zwei der in dem Tätigkeitsmerkmal VergGr. Vc Fallgr. 24 benannten Aufgaben ausübe, und zwar die Wartung und Justierung eines hochwertigen und schwierig zu bedienenden Meßgerätes (Zeitanteil 40 %) und Gewebezüchtungen (Zeitanteil 10 %). Aus ihrem Vortrag ergibt sich nicht und läßt sich auch nicht zwingend schließen, daß diese Aufgaben unter den Aufgabenkatalog der VergGr. Vc Fallgr. 24 fallen und daß diese Aufgaben Arbeitsvorgänge mit einem Zeitanteil von mindestens 50 % ausmachen.

    aa) Dabei kommt es zunächst darauf an, worauf sich die Formulierung in diesem Tätigkeitsmerkmal “eine oder mehrere der folgenden Aufgaben” bezieht: Auf alle in einem Absatz genannten Aufgaben, auf einzelne in den Absätzen zusammengefaßte – jeweils durch Kommata getrennte – Aufgaben oder auf einzelne in den Absätzen genannte Teilaufgaben. Bezogen auf den Absatz 1 bedeutet die erste Alternative, daß beide der dort genannten Aufgabenkomplexe, dh. sowohl die Wartung und Justierung des Meßgeräts einschließlich der Anlage der Eichkurven als auch die Bedienung eines Elektronenmikroskops einschließlich der Vorbereitung der Präparate, die zweite Alternative, daß jedenfalls einer dieser beiden Aufgaben, und die dritte Alternative, daß nur eine der in diesem Absatz genannten Teilaufgaben, zB die Vorbereitung der Präparate für Elektronenmikroskopie, vorliegen müssen. Die Ausübung einzelner Teilaufgaben kann nicht als ausreichend angesehen werden, weil dann die Höherwertigkeit dieser Aufgabenkomplexe nicht indiziert ist. Andererseits muß es ausreichen, wenn in dem erforderlichen Umfang verschiedene komplexe Aufgaben aus den unterschiedlichen Absätzen ausgeübt werden. Insoweit muß im Sinne der zweiten Alternative die auszuübende Tätigkeit in dem erforderlichen zeitlichen Umfang eine oder mehrere der in dem Aufgabenkatalog genannten komplexen Aufgaben enthalten. Danach wäre erforderlich, daß die Klägerin nicht nur ein hochwertiges und schwierig zu bedienendes Meßgerät wartet und justiert, sondern auch die hierzu gehörenden Eichkurven anlegt.

    bb) Daß die Klägerin auch die Eichkurven für den Durchflußzytometer/Zellsorter anlegt, ergibt sich aus der Tätigkeitsbeschreibung und aus den dazu gegebenen Erläuterungen nicht. Im übrigen hat die Klägerin auch nicht konkret dargelegt, daß sie den Durchflußzytometer/Zellsorter nicht nur wartet, sondern auch justiert. Sie beruft sich dazu lediglich auf die Tätigkeitsbeschreibung unter dem Punkt “Durchflußzytometer/Zellsorter”, wo als wichtiger Bestandteil dieser Tätigkeit ua. das Herstellen der Meß- sowie Sortierfähigkeit des Durchflußzytometers beschrieben wird. Die daraus ohne weitere Erklärung abgeleitete Schlußfolgerung, damit nehme die Klägerin selbständig und eigenverantwortlich die Wartung und Justierung eines hochwertigen und schwierig zu bedienenden Meßgerätes vor, ist nicht zwingend nachvollziehbar. Das beschriebene Herstellen der Meß- und Sortierfähigkeit des Gerätes läßt sich möglicherweise der Justierung zuordnen. Worin die Wartung bestehen soll, hat die Klägerin nicht dargelegt.

    cc) Darüber hinaus ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht, daß die qualifizierten Aufgaben im Sinne des Aufgabenkatalogs der VergGr. Vc Fallgr. 24 mindestens die Hälfte der Gesamtarbeitszeit ausmachen. Insoweit wird nach dem in der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT definierten und vom Bundesarbeitsgericht konkretisierten Begriff des Arbeitsvorganges, bei dem es entscheidend auf das bei natürlicher Betrachtungsweise abgrenzbare Arbeitsergebnis ankommt, davon auszugehen sein, daß die einzelnen in dem Aufgabenkatalog genannten Aufgaben jeweils eigene Arbeitsvorgänge bilden. Die Klägerin ist dagegen ohne nähere Begründung davon ausgegangen, daß die Aufgabenbereiche “Zellkultur (10 %)” und “Durchflußzytometer (40 %)” jeweils einen einheitlichen Arbeitsvorgang darstellen. Dafür gibt es aber keine Grundlage, weil nach der eigenen Darstellung der Klägerin die qualifizierten Tätigkeiten gemäß dem Aufgabenkatalog in VergGr. Vc Fallgr. 24, dh. die Wartung und Justierung des Durchflußzytometers/Zellsorters, nur ein Teilbereich der unter der Überschrift “Durchflußzytometer/Zellsorter (40 %)” beschriebenen Aufgaben und die Gewebezüchtungen nur ein Teilbereich der unter der Überschrift “Zellkultur (10 %)” beschriebenen Aufgaben sind.

  • Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 ZPO.
 

Unterschriften

Schliemann, Bott, Wolter, Kiefer, Münter

 

Fundstellen

NZA 2004, 400

PersR 2004, 245

NJOZ 2004, 1278

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