Leitsatz (amtlich)
1. Die Vernichtung von Branntwein kann als „Verwertung” i. S. des BrMonG nicht in Betracht kommen.
2. Die Vorschrift des § 105 Satz 1 BrMonG, daß bei der Ausfuhr von Branntwein oder von Branntweinerzeugnissen der Verkaufpreis ermäßigt oder erstattet werden kann, zielt nicht darauf ab, die Ausfuhrware von einer inländischen Verbrauchsteuerbelastung freizustellen.
3. Die Verbringung von Branntwein oder von Branntweinerzeugnissen aus dem Monopolgebiet ist nur dann als „Ausfuhr” i. S. des § 105 BrMonG und der §§ 132, 133 VwO anzusehen, wenn sie der wirtschaftlichen Nutzung der Ware dienen soll.
Normenkette
BrMonG § 105; VwO §§ 132-133
Tatbestand
Die Klägerin führte im Jahre 1968 Branntweinessenzen zur Vernichtung aus. Den bei der Herstellung der Essenzen verwendeten Branntwein hatte sie von der beklagten Bundesmonopolverwaltung zum normalen Verkaufpreis bezogen. Ihren Antrag auf Zahlung einer Ausfuhrvergütung lehnte die Beklagte durch Bescheid vom Januar 1969 mit der Begründung ab, eine Ausfuhrvergütung könne nach ihrem Sinn und Zweck nur gewährt werden, wenn die ausgeführten Erzeugnisse auf den ausländischen Märkten zu anderen Branntweinerzeugnissen gleicher Art in Wettbewerb träten, nicht aber für vernichtete Erzeugnisse.
Mit ihrer im Februar 1969 erhobenen Klage begehrt die Klägerin, die Aufhebung des Bescheides und die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Ausfuhrvergütung. Zur Begründung trägt sie vor:
Der ablehnende Bescheid sei rechtswidrig. Nach § 133 der Branntweinverwertungsverordnung (VwO) müsse die Beklagte bei der Ausfuhr von weingeisthaltigen Essenzen im Sinne des § 135 VwO den Unterschied zwischen dem höheren Verkaufspreis und dem Ausfuhrpreis als Ausfuhrvergütung erstatten. Auf die Frage des Ausfuhrzweckes oder der Verwendung der Ware nach der Ausfuhr komme es nicht an.
Wenn das Monopolrecht vorsehe, daß zur Ausfuhr bestimmter Branntwein von der Monopolverwaltung zu einem ermäßigten Verkaufpreis, dem sog. „Ausfuhrpreis” abgegeben werde (vgl. § 132 VwO) und für bestimmte ausgeführte Branntweinerzeugnisse, zu deren Herstellung Branntwein von der Monopolverwaltung zu einem höheren Verkaufpreis als dem erwähnten „Ausfuhrpreis” bezogen worden ist, eine „Ausfuhrvergütung” gewährt werde (vgl. § 133 VwO), so handle es sich um Maßnahmen zur Freistellung der Erzeugnisse von der Branntweinsteuer bzw. von der Monopolabgabe. Die Beseitigung der monopolbedingten Belastung bei auszuführenden Branntweinerzeugnissen durch die Ausfuhrvergütung habe die gleiche Wirkung und Bedeutung wie die bei der Ausfuhr verbrauchsteuerbarer Erzeugnisse übliche Befreiung von der Verbrauchsteuerbelastung. Bei der verbrauchsteuerlichen Entlastung ausgeführter Erzeugnisse komme es ebenfalls nicht auf die spätere Verwendung der entlasteten Erzeugnisse an. Soweit die Ausfuhrvergütung die Branntweinsteuer übersteige, stelle sie einen Ausgleich für monopolbedingte Kosten dar. Aus der Regelung der Ausfuhrvergütung ergebe sich, daß diese Kosten nur auf den inländischen Verbrauch umgelegt würden. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe im Beschluß V z B 4/51 S vom 10. Oktober 1952 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 56 S. 824 – BFH 56, 824 –, BStBl III 1952, 316) keinen Zweifel daran gelassen, daß in dem gewöhnlichen Verkaufpreis der Monopolverwaltung Branntweinsteuer mitenthalten sei und daß der ganze Unterschiedsbetrag zwischen Verkauf- und Ausfuhrpreis, also auch die in ihm enthaltene Aufschlagspitze materiell eine Steuer sei. Nur in bezug auf das Ausfuhrvergütungsverfahren stelle der Beschluß fest, daß es sich dabei nicht um eine Steuererstattung im Sinne der AO handle und daß daher das Verfahren der AO nicht anwendbar sei.
Die Beklagte irre mit der Auffassung, die Ausfuhrvergütung sei nur zu gewähren, wenn das Erzeugnis zum Absatz auf ausländischen Märkten bestimmt sei. Denn eine solche Voraussetzung lasse sich aus dem Wortlaut des § 133 VwO und des § 105 des Branntweinmonopolgesetzes (BrMonG) nicht entnehmen. Auch aus der Überschrift vor § 99 BrMonG „Branntweinverwertung durch andere als die Bundesmonopolverwaltung und Branntweinhandel” lasse sich für die Auffassung der Beklagten nichts herleiten. Der Umstand, daß mit den in § 135 Abs. 1 VwO erwähnten Erzeugnissen in der Regel gehandelt werde, schließe eine andere Verwendung dieser Erzeugnisse nicht aus. Die von der Beklagten vertretene Einschränkung habe der Gesetzgeber anscheinend bewußt vermieden, um die Gewährung der Ausfuhrvergütung einfach zu gestalten und der Verwaltung eine Kontrolle des Verwendungszweckes zu ersparen. Dafür spreche auch, daß die Erzeugnisse mit der Ausfuhr in der Regel in fremdes Hoheitsgebiet gelangten, wo eine Kontrolle des Verwendungszwecks durch eine inländische Behörde kaum möglich sei.
Die von ihr ausgeführten Essenzen seien infolge einer Umstellung ihres Fabrikationsbetriebes für sie unbrauchbar geworden, hätten aber gleichwohl für andere Zwecke durchaus noch verwendet werden können. Ihr Wert sei weit höher gewesen als die begehrte Ausfuhrvergütung.
Deshalb bestehe kein Grund anzunehmen, daß sie durch die Ausfuhr und anschließende Vernichtung der Essenzen ein Geschäft habe machen wollen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der BFH ist zur Entscheidung über die Klage zuständig (vgl. den durch das Gesetz zur Änderung des Zerlegungsgesetzes vom 17. Dezember 1970, BGBl I 1970, 1727, aufgehobenen § 37 Nr. 4 FGO).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin, ihr für die ausgeführten, zur Vernichtung bestimmten Branntweinessenzen eine Ausfuhrvergütung zu gewähren, zu Recht abgelehnt.
Das Branntweinmonopol umfaßt nach § 1 Nr. 5 BrMonG grundsätzlich auch die Verwertung von Branntwein und den Branntweinhandel. Hierüber enthält das BrMonG in den §§ 83 bis 106 nähere Bestimmungen. Die §§ 83 bis 98 befassen sich mit der Branntweinverwertung durch die Monopolverwaltung, die §§ 99 bis 106 mit der Branntweinverwertung durch andere und mit dem Branntweinhandel. Das Gesetz enthält zwar keine ausdrückliche Erläuterung des Begriffes „Verwertung”, läßt aber durch seine Vorschriften über die Verwertungsarten deutlich erkennen, daß es unter „Verwertung” dem Sinne dieses Wortes folgend nur solche Maßnahmen versteht, bei denen der im Branntwein liegende wirtschaftliche Wert nutzbar gemacht wird (vgl. Hoppe-Heinricht, Kommentar zum Gesetz über das Branntweinmonopol, § 99 BrMonG Anm. 2 Abs. 2). Denn als Verwertungsarten kennt es nur den „Verkauf” durch die Monopolverwaltung (§ 83) und die Verwendung zur „Herstellung von Trinkbranntwein” durch andere (§ 100 Abs. 1). Die Vernichtung von Branntwein kann als „Verwertung” im Sinne des BrMonG nicht in Betracht kommen, weil sie im Gegensatz zu den vom Gesetz vorgesehenen Verwertungsarten darin besteht, den in Branntwein liegenden Wert untergehen zu lassen.
Wenn daher im § 105 BrMonG von der „Ausfuhr” von Branntwein und von Branntweinerzeugnissen die Rede ist, so kann der Gesetzgeber nicht nur die bloße Verbringung aus dem Monopolgebiet gemeint haben; der Begriff umfaßt vielmehr wegen seiner Verwendung innerhalb der Verwertungsvorschriften auch die Nutzung des wirtschaftlichen Wertes der Ware, Eine nur der Vernichtung dienende Verbringung aus dem Monopolgebiet kann daher mit der „Ausfuhr” im § 105 BrMonG nicht gemeint sein.
Die Vorschrift des § 105 Satz 1 BrMonG, daß bei der Ausfuhr von Branntwein oder von Branntweinerzeugnissen nach näheren Bestimmungen des Reichsministers der Finanzen der Verkaufpreis ermäßigt oder erstattet werden kann, zielt nicht darauf ab die Ausfuhrware von einer inländischen Verbrauchsteuerbelastung freizustellen. Das ergibt sich bereits daraus, daß die im Verkaufpreis enthaltene monopolrechtliche Belastung nach der ursprünglichen Fassung des Gesetzes keine Steuer war (vgl. Hoppe-Heinricht, a. a. O., § 84 BrMonG Anm. 1 Nr. 2). Es kommt hinzu, daß auch da, wo das BrMonG eine Steuer in Gestalt des Monopolausgleichs (§ 151 ff) von vornherein vorsah, die auf Grund des § 105 BrMonG im § 133 VwO geregelte Ausfuhrvergütung über die Erstattung dieser Steuer hinausging, weil sie auch den Unterschiedsbetrag zwischen dem Monopolausgleich und dem diesen überschreitenden regelmäßigen Verkaufpreis umfaßt. Die Ausfuhrvergütung nach § 133 VwO ist somit eine typisch monopolrechtliche Regelung, die dazu dienen soll, dem inländischen Monopolrecht unterworfenen Erzeugnissen mit Hilfe von Monopolmitteln den Wettbewerb auf ausländischen Märkten zu ermöglichen (vgl. BFH-Beschluß V z B 4/51 S vom 10. Oktober 1952, a. a. O.; Hoppe-Heinricht, a. a. O., § 105 Anm. 1). Der BFH hat in dem soeben erwähnten Beschluß ausdrücklich erklärt, daß es sich bei der Ausfuhrvergütung, auch soweit Monopolausgleich in Betracht kam, schon im Jahre 1922 nicht um eine Steuererstattung im Sinne der AO gehandelt hat. Daß das nur verfahrensrechtlich gemeint sei, läßt sich dem Beschluß nicht entnehmen.
Die im § 133 VwO vorgesehene Ausfuhrvergütung für Branntweinerzeugnisse, zu deren Herstellung – wie im vorliegenden Fall – von der Monopolverwaltung zu einem höheren Verkaufpreis als dem nach § 132 VwO in Betracht kommenden Ausfuhrpreis bezogen worden war, kann auch deshalb nicht als Steuererstattung im Sinne der AO angesehen werden, weil Schuldner der gemäß § 84 BrMonG erhobenen Branntweinsteuer nur die Monopolverwaltung war (vgl. Hoppe-Heinricht, a. a. O., § 84 BrMonG Anm. 2 Nr. 2 a) und diese steuerliche Belastung bei der Abgabe des Branntweins nur noch ein rechnerisches Element des Verkaufpreises war. Steuererstattungsansprüche im Sinne der AO können nur Steuerschuldner erlangen, nicht aber Käufer von Waren, in deren Kaufpreis eine vom Verkäufer geschuldete und entrichtete Verbrauchsteuer einbezogen worden ist S (vgl. §§ 151, 152 AO). Eine solche über den Preis eines verbrauchsteuerbaren Erzeugnisses auf den Käufer abgewälzte steuerliche Belastung kann auch nach den Begriffen der AO nur durch eine „Vergütung” beseitigt werden, deren Voraussetzungen aber vom Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt werden müssen (vgl. § 158 AO).
Das BrMonG behandelt durch die §§ 83 und 84 den von der Monopolverwaltung durch Verkauf verwerteten und dabei um den Branntweinsteuerbetrag verteuerten Branntwein als ein bereits dem Verbrauch zugeführtes Erzeugnis. Da dieses schon bei der Monopolverwaltung der Steuer unterworfen worden ist, kann es von der Steuer nicht mehr „befreit” werden. Eine Befreiung verbrauchsteuerbarer Erzeugnisse von der Steuer ist begrifflich nur solange möglich, als für diese eine Steuerschuld noch nicht entstanden ist.
Das sich aus den Bestimmungen des BrMonG über die Verwertung ergebende Gebot, die Verbringung von Branntwein oder von Branntweinerzeugnissen aus dem Monopolgebiet nur dann als „Ausfuhr” im Sinne des § 105 BrMonG (und damit auch im Sinne der §§ 132 und 133 VwO) anzusehen, wenn sie der wirtschaftlichen Nutzung der Ware dienen soll, läßt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch damit vereinbaren, daß die deutschen Behörden das Schicksal der Ware im Ausland nicht verfolgen können. Denn die Monopolverwaltung kann von demjenigen, der die Ausfuhrvergütung begehrt, eine wahrheitsgemäße Versicherung über den Zweck der Ausfuhr verlangen.
Fundstellen
Haufe-Index 514659 |
BFHE 1972, 551 |