Leitsatz (amtlich)

Zur Tarifierung von Korallen-Perlenketten, Korallen-Astketten und Korallen-Perlenarmbändern in Verbindung mit Verschlüssen und Zwischenteilen aus Edelmetallen.

 

Normenkette

GZT

 

Streitjahr(e)

1964

 

Tatbestand

Die Klägerin hat am 10. August 1964 bei der Oberfinanzdirektion (OFD) den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft über folgende Waren mit Ursprungsland Italien gestellt:

  1. Korallen-Perlenkette mit Goldschloß
  2. Korallen-Astkette mit silbervergoldetem Federring
  3. Korallen-Perlenarmband mit silbervergoldetem Verschluß und Zwischenteilen
  4. Korallen-Traubenbrosche mit silbervergoldeter Broschierung. In der verbindlichen Zolltarifauskunft vom 28. September 1964 sind die Waren zu 1. bis 3. als Phantasieschmuck der Tarifnr. 71.16 des Zolltarifs (ZT), die Ware zu 4. der Tarifnr. 71.12-A zugewiesen worden. Der Einspruch, den die Klägerin hinsichtlich der Tarifierung der Waren 1. bis 3. eingelegt hatte, hatte keinen Erfolg. Die OFD bestätigte im Einspruchsbescheid vom 4. November 1964 die Zuweisung der Waren zur Tarifnr. 71.16.

Mit der nunmehr als Klage zu behandelnden Rb. wird geltend gemacht, aus den Erläuterungen zu Kap. 71 ZT ergebe sich, daß echte Korallenketten und Korallenarmbänder mit 18-karätigem Goldverschluß oder silbervergoldetem Federring kein Phantasieschmuck seien. Die in Rede stehenden Waren fielen unter die Tarifnr. 95.05, wie sich aus den Erläuterungen zu dieser Tarifnummer ergebe. Weiterhin gehe aus den Erläuterungen II c zu Kap. 95 hervor, daß Waren, die nur unwesentliche Verzierungen oder Zutaten, z. B. Verschlüsse aus Edelmetall hätten, zu diesem Kapital gehörten.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage führt zur Aufhebung des Einspruchsentscheids und der verbindlichen Zolltarifauskunft, soweit diese die Waren der Tarifnr. 71.16 zugewiesen hat. Waren aus echten Korallen sind in der Tarifnr. 95.05 A ausdrücklich genannt. Nach der Erläuterung zu 95.05 I (1) Nr. 2 gehören zur Tarifnr. 95.05 A Schmuckgegenstände, wie z. B. Armbänder und Halsketten. Nach der Erläuterung II c zu Kap. 95 sind Waren aus Korallen mit Teilen aus Edelmetallen aus Kap. 95 ausgenommen, sofern sich diese Teile nicht nur als unwesentliche Verzierungen oder Zutaten im Sinn der Vorschrift 2 a zu Kap. 71 kennzeichnen. Als solche unwesentliche Verzierungen oder Zutaten sind u. a. Ösen und Verschlüsse genannt. Im Streitfalle sind an den Korallenketten und Korallen- Armbändern solche Verschlüsse - bei den Korallen-Armbändern auch Stege - aus Edelmetall (Gold und vergoldete Silberlegierung) angebracht. Die Erläuterung II c zu Kap. 95 betrifft auch Schmuckgegenstände, wie aus dem Hinweis auf die Tarifnr. 71.12 (Schmuckwaren) ersichtlich ist. Nach der Erläuterung II c gehören also die hier in Rede stehenden Waren in das Kap. 95.

Der Senat vermag der Auffassung der OFD nicht zu folgen, daß die strittigen Waren durch die Vorschrift c zu Kap. 95 von diesem Kapitel ausgenommen würden und als Phantasieschmuck der Tarifnr. 71.16 zuzuweisen seien. Nach der Vorschrift 10 zu Kap. 71 darf Phantasieschmuck Edelmetalle ebenfalls nur als unwesentliche Verzierung oder Zutaten enthalten. Er muß ferner nach der hier in Betracht kommenden Alternative b der genannten Vorschrift 10 aus zwei verschiedenen anderen Stoffen als unedlem Metall bestehen. Der Senat ist der Ansicht, daß die für Phantasieschmuck zugelassenen unwesentlichen Verzierungen oder Zutaten aus Edelmetall bei der Tarifierung außer Betracht zu bleiben haben und nicht als Stoff im Sinne der vorbezeichneten Alternative b zu werten sind. Abgesehen davon, daß die gegenteilige Auffassung der Erläuterung II c 34 Kap. 95 widersprechen würde, folgert er dies auch daraus, daß in der Vorschrift 10 zu Kap. 71 kein Beispiel einer Verbindung mit Edelmetall aufgeführt ist, etwa Perlmutter und Gold in unwesentlicher Verzierung oder Zutat. Demnach handelt es sich im Streitfall nur um einen Stoff im Sinn der Vorschrift 10 Buchst. b zu Kap. 71, nämlich die Korallen. Das Edelmetall muß für die Tarifierung ebenso außer Betracht bleiben, wie die in der Vorschrift 10 ausdrücklich genannten einfachen Hilfsmittel, die nur zum Zusammenhalten dienen. Es wäre auch nicht verständlich, wenn einerseits das Edelmetall als unwesentliche Verzierung oder Zutat bezeichnet würde, andererseits aber doch als Stoff wesentlich für die Tarifierung wäre. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Erläuterung II e zu Kap. 95.

Wenn in der Erläuterung I zu 71.16 gesagt ist, daß Verschlüsse sowie ähnliche Schließ- und Befestigungsvorrichtungen nie als einfache Hilfsmittel zum Zusammenhalten gelten und bei der Tarifierung von Phantasieschmuck als Stoffe zu werten sind, so kann sich diese Bestimmung ebenfalls nicht auf Verzierungen oder Zutaten aus Edelmetall beziehen, soweit sie im Sinn der Vorschrift 10 zu Kap. 71 als unwesentlich anzusehen sind. Andernfalls wäre die Erläuterung I zu 71.16 als dem ZT widersprechend insoweit nicht rechtsgültig.

Da die OFD diese Rechtslage verkannt hat, waren der Einspruchsbescheid und die verbindliche Zolltarifauskunft, soweit diese die Waren der Tarifnr. 71.16 zugewiesen hat, aufzuheben. Die Waren sind als Waren aus Korallen der Tarifnr. 95.05 A-II (andere) zuzuweisen, weil die Edelmetallverschlüsse und -stege unwesentlich und daher auch nicht als Stoff im Sinn der Tarifstelle 95.05 A-I anzusehen sind.

Eine materielle Änderung der in der verbindlichen Zolltarifauskunft angewendeten Vorschriften ist seit Ergehen der Zolltarifauskunft nicht eingetreten, so daß sie nicht gemäß § 63 Abs. 3 des Zollgesetzes außer Kraft getreten war.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425829

BFHE 1967, 357

BFHE 88, 357

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