Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe -- Zur hinreichenden Erfolgsaussicht in Schätzungsfällen

 

Leitsatz (NV)

Hinreichende Erfolgsaussicht i. S. d. § 114 Satz 1 ZPO ist im allgemeinen gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund von dessen Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für richtig, zumindest aber für vertretbar hält (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. Juni 1983 I S 25/82, nv; vom 20. Juli 1993 XI B 85/93, BFH/NV 1994, 241). Bei Klageverfahren, die sich gegen Schätzungen richten, ist zwar ausreichend, wenn nach den wichtigsten Tatsachen der vom Antragsteller angestrebte Erfolg möglich erscheint. Aus der Regelung des § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist aber zu entnehmen, daß der Antragsteller die hinreichende Erfolgsaussicht als Voraussetzung der Bewilligung einer Prozeßkostenhilfe auch dann zumindest schlüssig, ggf. mit Beweisantritten, darlegen muß (BFH-Beschluß vom 26. April 1993 VI B 162/92, BFH/NV 1993, 682).

 

Normenkette

FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 114 S. 1, § 117 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) haben in den Streitjahren keine Steuererklärungen abgegeben. Aufgrund von Kontrollmitteilungen, aus denen sich ergab, daß der Antragsteller in einzelnen Jahren für verschiedene Auftraggeber als Subunternehmer tätig geworden war, veranlagte sie der Beklagte (das Finanzamt -- FA --) aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen. Die Steuerfestsetzungen wurden bestandskräftig.

Bei einer nachfolgenden Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, daß der Antragsteller in den Streitjahren Arbeiten für verschiedene Auftraggeber ausgeführt und teilweise Rechnungen mit offenem Steuerausweis erstellt hatte. Das Entgelt für die ausgeführten Arbeiten wurde teilweise in bar, teilweise per Bar- oder Verrechnungsscheck beglichen. Die Schecks rechnete der Antragsteller in der Regel über Konten von Dritten ab.

Wegen fehlender Buchführungsunterlagen wurden die Besteuerungsgrundlagen geschätzt. Aufgrund dieser Feststellungen erließ das FA geänderte bzw. erstmalige Einkommensteuerbescheide für alle Streitjahre.

Im Klageverfahren machen die Antragsteller geltend, der Antragsteller habe keinen Gewerbebetrieb unterhalten. Rechnungen habe er nicht erteilt. Sofern Scheckeingänge über Bekannte abgewickelt worden seien, könnten sie dem Antragsteller nicht zugerechnet werden.

Ihren Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) lehnte das Finanzgericht (FG) ab, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung jedenfalls derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Die Antragsteller hätten keinerlei konkrete Umstände vorgetragen, die die Feststellungen der Steuerfahndung und die Schätzungen dem Grunde und der Höhe nach in Zweifel ziehen könnten. Ihre lediglich pauschalen Einwände seien dafür nicht hinreichend. Für die Betätigung des Antragstellers als Unternehmer sprächen die Kontrollmitteilungen. Die vorliegenden Rechnungen lauteten auf seinen Namen und seine Anschrift. Teilweise seien sie auf vorgefertigten Briefbögen unter dem Kopf " ... --Ausführung von ... " erstellt worden. Es spräche auch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für das Vorbringen des Antragstellers, die Scheckeinreichungen über Konten Dritter könnten ihm nicht zugerechnet werden. Denn die Kontoinhaber hätten nach den Feststellungen der Steuerfahndung teilweise in seinem Auftrag gehandelt, teilweise habe der Antragsteller Kontovollmacht gehabt. Auch aufgrund der Aktenlage seien keine Umstände ersichtlich, aus denen die angefochtenen Steuerbescheide fehlerhaft sein könnten.

Die dagegen eingelegte Beschwerde der Antragsteller wurde trotz wiederholter Aufforderung nicht begründet.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist zurückzuweisen.

1. Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Hinreichende Erfolgsaussicht i. S. des § 114 Satz 1 ZPO ist im allgemeinen gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund von dessen Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für richtig, zumindest aber für vertretbar hält (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. Juni 1983 I S 25/82, nicht veröffentlicht; vom 20. Juli 1993 XI B 85/93, BFH/NV 1994, 241). Bei Klageverfahren, die sich gegen Schätzungen richten, ist zwar ausreichend, wenn nach den vorgetragenen rechtserheblichen Tatsachen der angestrebte Erfolg möglich erscheint. Dies schließt, worauf das FG hinweist, jedoch nicht aus, daß das Gericht die Möglichkeit einer Beweisführung dann für völlig unwahrscheinlich hält, wenn der Steuerpflichtige wie im vorliegenden Verfahren den der Schätzung zugrundeliegenden konkreten Tatsachen und Schlußfolgerungen lediglich pauschal entgegentritt oder er keinen Versuch unternimmt, in Erfüllung der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen (BFH-Beschluß vom 5. Februar 1993 VIII B 103/92, BFH/NV 1993, 351). § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist zu entnehmen, daß der Antragsteller die hinreichende Erfolgsaussicht als Voraussetzung der Bewilligung einer PKH zumindest schlüssig, ggf. mit Beweisantritten, darlegen muß (BFH-Beschluß vom 26. April 1993 VI B 162/92, BFH/NV 1993, 682).

Nachdem das FA seine Steuerfestsetzungen auf vorliegende Kontrollmitteilungen und konkrete Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndungsprüfung gestützt hat, wäre es somit Sache der Antragsteller gewesen, den Festsetzungen aufgrund konkret zu bezeichnender und darzulegender Tatsachen substantiiert entgegenzutreten. Wie das FG zu Recht ausführt, genügt die Begründung ihres Antrages auf PKH diesen Anforderungen nicht. Die Ausführungen der Antragsteller sind nicht geeignet, die den Steuerfestsetzungen zugrundeliegenden Feststellungen des FA schlüssig zu widerlegen, vielmehr beschränken sie sich darauf, diese Feststellungen ohne Darlegung im einzelnen lediglich pauschal zu bestreiten.

Da die Antragsteller ihre Beschwerde nicht begründet haben, können die Erfolgsaussichten ihrer Klage auch im Beschwerdeverfahren nicht von der Vorinstanz abweichend beurteilt werden. Die Beschwerde ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420046

BFH/NV 1995, 151

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge