Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfüllungsleistungen keine Entschädigung
Leitsatz (NV)
Leistungen in Erfüllung zivilrechtlich entstandener Ansprüche sind keine Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1a EStG. Den Beteiligten steht insoweit kein "Gestaltungsrecht" zu.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1a
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Die Vorentscheidung weicht ―entgegen dem Vortrag der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger)― nicht von den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. April 1994 XI R 41/93 (BFHE 174, 352, BStBl II 1994, 653), vom 20. März 1987 VI R 61/84 (BFH/NV 1987, 498) oder vom 6. Februar 1987 VI R 229/83 (BFH/NV 1987, 572) ab. Sie enthält keinen von den BFH-Entscheidungen abweichenden (abstrakten) Rechtssatz (vgl. zum Begriff Divergenz z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rdnr. 17, m.w.N.).
a) Das Finanzgericht (FG) ist ausweislich seiner Entscheidungsgründe von der ständigen Rechtsprechung des BFH ausgegangen, wonach Zahlungen in Erfüllung zivilrechtlich bereits entstandener Ansprüche Erfüllungsleistungen und damit keine Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind (vgl. auch z.B. BFH-Urteil vom 14. Juli 1993 I R 84/92, BFH/NV 1994, 23; BFH-Beschluss vom 14. April 1992 VIII B 114/91, BFH/NV 1993, 165). Damit stimmt die Vorentscheidung im Rechtsgrundsätzlichen auch mit den Entscheidungen des BFH in BFH/NV 1987, 498 und BFH/NV 1987, 572 überein.
Vereinbaren Vertragsparteien im Zuge einer vorzeitigen Beendigung eines Dienstverhältnisses eine "Abfindung" oder "Entschädigung" o.ä., so hat das FG aufgrund der bezeichneten BFH-Rechtsprechung festzustellen, inwieweit durch diese vergleichsweise Regelung tatsächlich zivilrechtlich bereits entstandene Erfüllungsansprüche oder Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen geleistet werden sollte. Bis zur zivilrechtlich gültigen Vertragsbeendigung entstandene Ansprüche sind Erfüllungsansprüche (§ 611 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―), die darüber hinaus geleisteten Zahlungen können Entschädigungen i.S. des § 24 EStG sein. In diesem Sinne hat der BFH in BFH/NV 1987, 498 entschieden, dass für den Fall der Kündigung eines Anstellungsverhältnisses zum Jahresende und Vereinbarung einer Pauschalabfindung, mit der auch ein Tantiemeanspruch für das Jahr der Kündigung abgegolten werden soll, der auf die Tantieme entfallende Teil nicht ermäßigt zu besteuern ist. Der auf die Tantieme entfallende Anteil der Pauschalabfindung ist danach im Wege der Schätzung zu ermitteln. Diese Rechtsgrundsätze hat das FG beachtet. Die Schätzung selbst ist eine Tat- und keine Rechtsfrage, so dass insoweit keine Abweichung vorliegen kann (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rdnr. 24, m.w.N.).
b) Von der Entscheidung des BFH in BFHE 174, 352, BStBl II 1994, 653 ist das FG schon deswegen nicht abgewichen, weil der BFH den Rechtssatz, dass es die Beteiligten ―bis an die Grenze des Gestaltungsmissbrauchs― in der Hand hätten, durch vertragliche Vereinbarung zu bestimmen, in welchem Umfang sie steuerfreie Abfindungen an die Stelle von steuerpflichtigen Lohnansprüchen treten lassen wollen, zu § 3 Nr. 9 Satz 1 EStG aufgestellt hat. Im Streitfall geht es jedoch nicht um die Steuerfreiheit der von dem früheren Arbeitgeber gezahlten Abfindung, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) anerkannt hat, sondern um die Abgrenzung von Erfüllungs- zu Ersatzleistung i.S. des § 24 Nr. 1 a EStG.
2. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, wie zu entscheiden ist, wenn in einem Prozessvergleich ausdrücklich zwischen den brutto zu vereinnahmenden Beträgen und Netto-Abfindungen unterschieden wird, ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist ―wie bereits dargestellt― die Abgrenzung zwischen Erfüllungs- und Ersatzleistung, die anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vorzunehmen ist. Ein Interesse der Allgemeinheit an der Klärung dieser Frage anhand des Streitfalles besteht nicht.
Sollten die Kläger mit der von ihnen aufgeworfenen Rechtsfrage geklärt wissen wollen, ob die Parteien eines Vergleichs zivilrechtlich bestehende Erfüllungsleistungen durch vertragliche Abmachungen in Entschädigungsleistungen i.S. des § 24 Nr. 1 a EStG umqualifizieren können, besteht kein Klärungsbedarf. Dies wäre eindeutig zu verneinen. Das Steuerrecht steht grundsätzlich nicht zur Disposition der Steuerpflichtigen.
3. Soweit die Kläger Verfahrensfehler rügen, entspricht ihre Beschwerdebegründung nicht den vom Gesetz gestellten Anforderungen (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rdnr. 40, m.w.N.).
Im Übrigen ergeht die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 510072 |
BFH/NV 2001, 26 |