Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitunternehmerschaft; Empfangsbevollmächtigung für vollbeendete Personengesellschaft
Leitsatz (NV)
1. § 126 Abs. 4 FGO ist im Beschwerdeverfahren über die Zulassung der Revision entsprechend anwendbar.
2. Ist die erhobene Klage offensichtlich unzulässig, hat eine sonst notwendige Beiladung zu unterbleiben.
3. Die Rüge der mangelnden Sachaufklärung setzt u. a. voraus, daß der Beschwerdeführer darlegt, warum er nicht die fehlende Sachaufklärung gerügt und nicht selbst entsprechende Beweisanträge gestellt hat.
4. Ist ein angeblich gestellter Beweisantrag nicht protokolliert worden, muß mit der Nichtzulassungsbeschwerde vorgetragen werden, daß die Berichtigung des Protokolls beantragt worden ist.
5. Die Frage der Mitunternehmerschaft von Kommanditisten bei einer Umwandlung einer PGH in eine KG ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
6. Nach Vollbeendigung einer Personengesellschaft müssen die Gewinnfeststellungsbescheide nicht allen früheren Gesellschaftern einzeln bekanntgegeben werden, wenn diese einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellen.
Normenkette
AO 1977 § 123; FGO § 60 Abs. 3, §§ 76, 94, 126 Abs. 4; ZPO § 164
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
a) Dabei kann dahinstehen, ob -- wie der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) meint -- die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) mit der Rüge, das Finanzgericht (FG) habe das Klagebegehren falsch ausgelegt, einen hier unerheblichen "error in iudicando" (vgl. dazu z. B. Senatsbeschluß vom 27. Februar 1986 IV B 6/85, BFHE 146, 204, BStBl II 1986, 492) oder einen hier zu berücksichtigenden "error in procedendo" (vgl. z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH --vom 6. Juli 1988 II B 183/87, BFHE 153, 509, BStBl II 1988, 897) geltend gemacht hat. Jedenfalls hat die Klägerin einen solchen Verfahrensmangel nicht schlüssig gerügt. Die Klageschrift vom 11. Dezember 1992 richtete sich nämlich ausschließlich gegen die Gewinnfeststellung 1990. Auch die dort in Bezug genommene Einspruchsentscheidung vom 26. November 1992 nennt im Betreff lediglich den Gewinnfeststellungsbescheid 1990. Aber auch wenn man mit der Klägerin davon ausgehen sollte, Ziel ihres Klagebegehrens wäre immer gewesen, auch die Hinzurechnung der Löhne, Gehälter und Sozialabgaben zum Gewerbeertrag anzugreifen, könnte die Revision nicht aus diesem Grunde zugelassen werden. Denn das FG hat darauf abgestellt, daß hinsichtlich des Gewerbesteuermeßbetrags ein Vorverfahren nicht stattgefunden hat. Die von der Klägerin gerügte fehlerhafte Auslegung der Klageschrift wäre daher unerheblich. Soweit die Klägerin außerdem rügt, bereits der Einspruch habe sich gegen den Gewerbesteuermeßbetrag gerichtet, somit also geltend macht, das FG habe das Einspruchsschreiben falsch ausgelegt, könnte gleichwohl die Revision entsprechend dem im Beschwerdeverfahren anwendbaren § 126 Abs. 4 FGO (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 34, m. w. N.) nicht zugelassen werden. Denn die Klägerin hat zwar mit dem Schriftsatz vom 28. Juni 1994 die geänderte Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 1994 zum Gegenstand des Verfahrens erklärt, aber auch diese betrifft nur die Gewinnfeststellung 1990.
b) Das FG hat ferner keinen Verfahrensmangel dadurch verursacht, daß es weder die ehemalige KG noch deren übrige Gesellschafter gemäß § 60 Abs. 3 FGO zum Verfahren beilud. Denn aus der hier maßgeblichen Sicht des FG war die von der Klägerin erhobene Klage offensichtlich unzulässig, so daß die notwendige Beiladung zu unterbleiben hatte (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteile vom 9. Mai 1979 I R 100/77, BFHE 128, 142, BStBl II 1979, 632; vom 27. November 1990 VIII R 206/84, BFH/NV 1991, 692, und vom 14. Juni 1994 VIII R 20/93, BFH/NV 1995, 318, und Beschluß vom 22. Mai 1995 VIII B 146/94, BFH/NV 1995, 1077, sowie Senatsbeschluß vom 22. März 1995 IV B 66/94, BFH/NV 1995, 996). Das gilt auch für den gestellten Hilfsantrag. Allerdings hat das FG die Frage seiner Zulässigkeit auf Seite 11 des Urteils nicht näher erörtert, sondern Ausführungen zur Begründetheit des Hilfsantrags gemacht. Von der Unzulässigkeit auch des Hilfsantrags ist die Vorentscheidung jedoch ersichtlich auf Seite 14 des Urteils ausgegangen. Aus der Sicht des FG wäre damit auch im Hinblick auf den Hilfsantrag eine notwendige Beiladung nicht geboten.
c) Schließlich macht das FA hinsichtlich der erhobenen Rüge der mangelnden Sachaufklärung zu Recht darauf aufmerksam, daß die Klägerin u. a. nicht dargelegt hat, warum sie nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gestellt und die fehlende Sachaufklärung gerügt hat (vgl. zu diesem Erfordernis z. B. BFH-Beschluß vom 8. August 1996 V B 12/96, BFH/NV 1997, 186). Im übrigen ergibt sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung nicht, daß die Klägerin die telefonische Absprache vom 20. Januar 1992 über die Zustellung der Bescheide der Kommanditisten an ihren Geschäftsführer bestritten hat. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, daß sie eine Berichtigung des Protokolls beantragt habe (vgl. z. B. Senatsbeschluß vom 3. September 1996 IV B 107/95, BFH/NV 1997, 116).
d) Die angebliche Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Das FG ist zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klägerin den Gewerbesteuermeßbescheid nicht, jedenfalls nicht rechtzeitig, angefochten hat. Mit der bloßen Behauptung, ihr sei als der einzigen Geschädigten der Rechtsweg hinsichtlich des Gewerbesteuermeßbescheids abgeschnitten worden, hat die Klägerin aber nicht dargelegt, wozu sie sich im Laufe des Verfahrens nicht hat äußern können. Letztlich greift sie mit dieser Rüge nur die Würdigung des Sachverhalts durch das FG an. Eine etwaige fehlerhafte Würdigung wäre aber als ein materiell-rechtlicher Fehler kein Zulassungsgrund (Gräber/Ruban, a. a. O., § 115 Anm. 28 f.).
2. Grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO)
Durch die bloße Behauptung, die Frage der Mitunternehmerschaft von Kommanditisten bei einer Umwandlung einer PGH in eine KG sei höchstrichterlich noch nicht geklärt, hat die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt. Durch die Rechtsprechung ist seit langem entschieden, daß insbesondere die Kommanditisten auch Mitunternehmer des von der KG unterhaltenen Gewerbebetriebs sind (vgl. BFH- Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Die Klägerin hätte daher im einzelnen darlegen müssen, aus welchen Gründen diese Frage im Streitfall einer weiteren Entscheidung bedarf. Im übrigen hat die Klägerin auch nicht dargetan, daß diese Rechtsfrage im Streitfall klärungsfähig sein könnte.
3. Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf einer Abweichung von einer Entscheidung des BFH. Denn auch das FG (Urteil Seite 12) ist in Übereinstimmung mit dem von der Klägerin zitierten Senatsurteil vom 30. März 1978 IV R 72/74 (BFHE 125, 116, BStBl II 1978, 503) davon ausgegangen, daß nach der Vollbeendigung einer Personengesellschaft grundsätzlich die Gewinnfeststellungsbescheide allen früheren Gesellschaftern einzeln bekanntzugeben sind. Das ist aber nicht erforderlich, wenn diese -- wie hier vom FG angenommen -- einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellen (BFH-Urteil vom 25. September 1990 IX R 84/88, BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120).
Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 422234 |
BFH/NV 1997, 663 |