Zusammenfassung
Erläuterung
Nach § 1 Abs. 4 SGB XI hat die Pflegeversicherung die Aufgabe, Pflegebedürftigen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Norm ergibt, ist damit jedoch zunächst lediglich die grundsätzliche Aufgabeder Pflegeversicherung benannt. Die Verpflichtung zur Leistungsgewährung sowohl hinsichtlich des „"Ob"“ als auch hinsichtlich des Umfangs resultiert allein aus der Erfüllung der die Aufgabe präzisierenden Vorschriften des Zweiten und des Vierten Kapitels. Während sich das Vierte Kapitel (§§ 28 bis 45f) vornehmlich zu den unterschiedlichen Leistungsarten der Pflegeversicherung verhält, sind im Zweiten Kapitel, das die §§ 14 bis 19 umfasst, die für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XI grundlegenden Regelungen verortet.
Mit dem Zweiten Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) v. 21.12.2015 hat der Gesetzgeber hier wesentliche inhaltliche Änderungen vorgenommen, die er selbst als "umfassendste Modernisierung im Pflegeversicherungsrecht seit der Einführung der Pflegeversicherung vor 20 Jahren" bezeichnet (BT-Drs. 18/5926 S. 3).
Das PSG II ist Teil eines aus drei Änderungsgesetzen bestehenden Gesamtkonstrukts, mit dem der Gesetzgeber die Pflegeversicherung reformiert hat (BGBl. I 2014 S. 2222, BGBl. I 2015 S. 2424, BGBl. I 2016 S. 3191), um den sich wandelnden gesellschaftlichen Entwicklungen – insbesondere dem demografischen Wandel mit steigender Lebenserwartung und niedriger Geburtenrate sowie der Zunahme von Demenzerkrankungen – und den sich daraus auch für die gesetzliche Pflegeversicherung ergebenden Herausforderungen Rechnung zu tragen.
Nachdem mit dem Ersten Pflegestärkungsgesetz (PSG I) in einem ersten Schritt kurzfristig wirkende Verbesserungen bewirkt werden sollten – dies u. a. durch die Ausweitung und Flexibilisierung der Leistungen der Pflegeversicherung zur Stärkung der häuslichen Pflege und den Ausbau der Betreuungsleistungen in der ambulanten und stationären Pflege –, hat der Gesetzgeber in einem zweiten Schritt mit dem PSG II, das zum 1.1.2017 in Kraft getreten ist, nunmehr auch den Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert und ein neues Begutachtungsverfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (sog. Neues Begutachtungsassessment – NBA) eingeführt.
Wie zuvor auch stellen die novellierten gesetzlichen Regelungen letztlich einen Spagat dar zwischen staatlicher Unterstützung auf der einen und finanzieller Eigenbelastung und -versorgung der betroffenen Bürger auf der anderen Seite. Der gesetzgeberische Wille ist ausdrücklich nicht darauf gerichtet, eine Vollabsicherung zu gewährleisten. Vielmehr soll durch die Rechtsänderungen – namentlich durch die Veränderung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit und das neue Begutachtungsinstrument – einerseits Rechtssicherheit geschaffen, andererseits aber einer unkontrollierten Ausweitung des Personenkreises der Anspruchsberechtigten entgegengewirkt werden, "der die Solidargemeinschaft über das vernünftige Maß einer Teilabsicherung des Risikos der Pflegeversicherung belasten könnte" (BT-Drs. 18/5926 S. 109).
Die zu diesem Zweck erforderlichen normativen Änderungen waren vor allem im Zweiten Kapitel vorzunehmen:
Weiterhin wird in § 14 zunächst der leistungsauslösende Tatbestand der Pflegeversicherung, die Pflegebedürftigkeit, begrifflich definiert. Wenngleich der Begriff der Pflegebedürftigkeit – dem Ziel der Novellierung entsprechend – im Gegensatz zu der Definition nach § 14 a. F. erheblich erweitert wurde, lassen sich die konkreten Leistungsansprüche bzw. der konkrete Hilfebedarf wie bislang nur im Zusammenspiel mit den Vorgaben von § 15 ermitteln. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 erhalten Pflegebedürftige nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten nunmehr einen Grad der Pflegebedürftigkeit. Die Einführung dieser sog. Pflegegrade und damit verbunden die Abkehr von dem bisherigen System der 3 Pflegestufen stellt die zentrale Veränderung des SGB XI dar. § 15 beinhaltet ferner detaillierte Vorgaben zur Ermittlung des Pflegegrades für die Zeit ab dem 1.1.2017, die gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 anhand eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments vorgenommen wird. Weitere Einzelheiten, insbesondere zum Begutachtungsinstrument, u. a. Berechnungsregeln, werden in den Anlagen 1 und 2 zu § 15 konkretisiert.
Die nachfolgenden Bestimmungen enthalten weitergehende Regelungen zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit bzw. zur Konkretisierung des Begutachtungsinstruments nach § 15. So wird mit § 16 das Bundesministerium für Gesundheit ermächtigt, mittels Rechtsverordnung Vorschriften zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments und zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit zu erlassen.
Ferner ist es Aufgabe des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen, unter Beteiligung des Medizinischen Di...