Rz. 347

§ 15 Abs. 1a UStG i. d. F. ab dem 19.12.2006 nennt – wie schon § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG i. d. F. vor dem 19.12.2006 – nicht die Nrn. 5, 6 und 6b von § 4 Abs. 5 EStG. Gründe hierfür sind dem Bericht des Finanzausschusses des Dt. Bundestags[1] allerdings nicht zu entnehmen. Der Vorsteuerabzug für diese nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben ist mithin grundsätzlich nicht ausgeschlossen; eine Besteuerung nach Art des Aufwendungseigenverbrauchs gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG i. d. F. bis Ende März 1999 zum Ausgleich des Vorsteuerabzugs findet nicht statt.

 

Rz. 348

Die systematische Begründung für diese gesetzgeberische Entscheidung muss so gesehen werden: Bei den Mehraufwendungen für Verpflegung gem. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG gibt es mangels Bezugs für das Unternehmen keinen Vorsteuerabzug, sodass die Nennung von § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG in § 15 Abs. 1a UStG entbehrlich ist. Bei den Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte gem. § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG lässt sich aber ein Bezug zur unternehmerischen Betätigung nicht leugnen, sodass der Vorsteuerabzug sachgerecht ist. Ebenso ist es beim häuslichen Arbeitszimmer gem. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG.

 

Rz. 349

Weil die gem. § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossenen Bestechungsaufwendungen in § 15 Abs. 1a UStG nicht genannt werden, ist davon auszugehen, dass für die Beschaffung von sog. Bestechungsgeschenken der Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossen ist. Da es sich im Hinblick auf die erwartete Gegenleistung des Bestochenen um kein Geschenk handelt, kommt für die Steuerbarkeit der Hingabe des Gegenstands zwar nicht der Tatbestand gem. § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG bezüglich der dort genannten Geschenke in Betracht, es liegt aber ein tauschähnlicher Umsatz vor, wenn der Bestochene die erwartete Leistung erbringt oder hinreichend sicher in Aussicht stellt. Der Vorsteuerabzug bleibt damit unberührt. Man könnte dieses Ergebnis unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung infrage stellen, aber damit lassen sich die abschließenden unionsrechtlichen Vorgaben zur erlaubten Beschränkung des Vorsteuerabzuges wohl kaum überwinden.

 

Rz. 349a

Aufwendungen, die unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG fallen, weil sie der Lebensführung dienen, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt sind, auch wenn sie der Förderung des Berufs oder Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, gem. § 15 Abs. 1b UStG auch vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Der BFH hat daher im Urteil v. 16.3.2022 zur Einkommensteuer[2] entschieden, dass Trauerredner ihre Aufwendungen für schwarze bürgerliche Kleidung (Anzüge, Mäntel, Röcke, Blusen, Pullover, Schuhe u.ä.) nicht als Betriebsausgaben absetzen dürfen. Dem folgend hat der XI. Senat des BFH zur Umsatzsteuer am 24.8.2022[3] den Vorsteuerabzug für derartige Vorleistungen versagt gem. § 15 Abs. 1a S. 1 UStG. Dabei berief er sich auf die Rspr. des Großen Senats des BFH, wonach der Begriff der typischen Berufskleidung nur Kleidungsstücke umfasst, die nach ihrer Beschaffenheit objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet sind. Daran fehlt es bei der Benutzung normaler bürgerlicher Kleidung.[4]

 

Rz. 349b

Weil sich der Kläger nicht auf das Unionsrecht berufen hat – trotz eines Hinweises des BFH – konnte dieser die Frage ausdrücklich offenlassen, ob das Abzugsverbot gem. § 15 Abs. 1a S. 1 UStG i. V. m. § 12 Nr. 1 EStG unionsrechtskonform ist.[5] M.E. gibt allerdings die Formulierung in Art. 176 Abs. 1 MwStSystRL[6], wonach bei einer zukünftigen unionsrechtlichen Regelung des Ausschlusses des Vorsteuerabzugs – auf die wir seit dem Ergehen der 6. EG-USt-RL im Jahr 1967 immer noch warten – jedenfalls die Ausgaben ausgeschlossen werden müssen, die "keinen streng geschäftlichen Charakter" haben, zusammen mit der Erlaubnis zur Beibehaltung der bestehenden nationalen Regelungen zum Vorsteuerabzugsverbot durchaus eine tragfähige Grundlage für die deutsche Rechtslage. Dem steht auch nicht entgegen, dass dort beispielhaft nur von "Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsausgaben" gesprochen wird.[7]

[1] BT-Drs. 14/443.
[2] BFH v. 16.3.2022, VIII R 33/18, BStBl II 2022, 614; ablehnend Strahl, NWB 2022, 1823.
[3] BFH v. 24.8.2022, XI R 3/22, BFH/NV 2023, 354, UR 2023, 104 m. Anm. Hoeveler.
[4] Ebenso Schiffers, DStZ 2022, 496; Kanzler, FR 2022, 844; a. A. betr. schwarze Anzüge Strahl, NWB 2022, 1823.
[5] Der BFH erwähnt dazu, dass Oelmaier in Sölch/Ringleb, UStG, § 15 UStG Rz. 639 und Heinrichhofen in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 15 Abs. 1 Rz. 162 dies bezweifeln. Ebenso Hoeveler, UR 2023, 165.
[6] Ebenso schon Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-USt-RL.
[7] Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 15 Rz. 1378, hält die Erwähnung von § 12 Nr. 1 EStG in § 15 Abs. 1a UStG sogar für überflüssig, weil es bei den unter § 12 Nr. 1 EStG fallenden Aufwendungen an der notwendigen Beziehung zum Unternehmen fehle.

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