Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerlich anzuerkennendes Mietverhältnis als Voraussetzung für Investitionszulage. Gestaltungsmissbrauch und Fremdvergleich bei Übertragung eines Hausgrundstücks zwischen Angehörigen und Rückanmietung durch den bisherigen Eigentümer
Leitsatz (redaktionell)
1. Unter einer „entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken” als Voraussetzung für den Erhalt einer Investitionszulage für bestimmte Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohngebäuden i.S.v. § 3 InvZulG 1999 ist nur ein steuerlich anzuerkennendes Mietverhältnis zu verstehen.
2. Kommt es nach einer (teilentgeltlichen) Übertragung eines Hausgrundstücks zwischen Angehörigen zu einer Rückanmietung durch den Verkäufer, liegt insoweit kein Gestaltungsmißbrauch i.S.v. § 42 AO vor. Wird der Mietzins aus dem mit dem Veräußerer geschlossenen Mietvertrag mit der Rückzahlung eines mit dem Veräußerer vereinbarten Kaufpreis-Darlehens verrechnet und entsprechen sich beide Leistungen der Höhe nach, so stellt dies ebenfalls keinen Gestaltungsmißbrauch dar.
3. Der nach der Übertragung einer Immobilie zwischen Angehörigen geschlossene Vertrag über die Rückanmietung durch den Übergeber des Hausgrundstücks entspricht bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aber nicht dem zwischen Fremden Üblichen und ist deswegen steuerlich nicht anzuerkennen, wenn der „Rückanmietungsvertrag” von beiden Seiten unkündbar ist, nicht monatliche, sondern nur vierteljährliche Mietzahlungen vorsieht und aufgrund der vereinbarten Brutto-Warmmiete nicht zumindest die Heizungs-, Strom- und Warmwasserkosten gesondert abgerechnet worden sind.
Normenkette
AO § 42; EStG § 12 Nr. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; InvZulG 1999 § 3 S. 1 Nr. 4a; BGB § 556 Abs. 2-3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 9/10 und die Klägerin zu 1/10.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7/6 des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Eltern der Klägerin, die Eheleute …, waren Eigentümer eines Zweifamilienhauses, dessen eine Wohnung von der Klägerin bewohnt wurde. Die Eheleute … gaben am 25. März 1990 eine „gemeinsame Willenserklärung” ab, derzufolge die Klägerin nach dem Ableben der Eltern das Haus erben sollte. Die Klägerin habe statt einer Miete die auf dem Grundstück lastenden Kredite von insgesamt DM 47.565,– zu 75 % zu tilgen. Die anderen Töchter sollten die übrigen Sach- und Geldwerte erben.
Mit Vertrag vom 27. Mai 1997 erwarb die Klägerin von den Eheleuten … das Grundstück zum Kaufpreis von DM 233.000,–. Wegen der Zusammensetzung des Kaufpreises wird auf den Vertrag Bezug genommen (Blatt 54 der Finanzgerichtsakte). Die „gemeinsame Willenserklärung” wurde zum Vertragsbestandteil gemacht. Der Kaufpreis war nach Maßgabe einer Kreditvereinbarung vom 27. Mai 1997 zu entrichten. (Blatt 62 der Finanzgerichtsakte). Dort war vorgesehen, dass die Klägerin eine vierteljährliche Rate von DM 3.300,– zu leisten hätte. Hierin enthalten sind 4 % Zinsen. Die Kaufpreisraten seien mit Mietzahlungen zu verrechnen. Sicherheiten waren nicht vereinbart.
Unter Ziff. 3 des Kaufvertrages bewilligte die Klägerin ein lebenslängliches Wohnrecht für die Wohnung im 1. Obergeschoß nebst Mitbenutzung des Kellers, des Dachbodens und des Gartens für die Eheleute …. Schuldrechtlich werde weiter bestimmt, dass die Berechtigten eine Miete zu zahlen hätten. Ebenfalls am 27. Mai 1997 schlossen die Klägerin und ihre Eltern als Mieter einen Mietvertrag ab dem 1. Juni 1997 ab. Der Mietzins betrage vierteljährlich DM 1.950,–. Die Nebenabgaben wurden vierteljährlich „fest” mit DM 1.350,– vereinbart. Nach § 9 des Vertrages ist dieser nicht einseitig kündbar (Blatt 60 der Finanzgerichtsakte).
Mit Antrag vom 5. August 2001 beantragte die Klägerin für die Modernisierung des vermieteten Teils des Hauses Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999 iHv. 15 % aus einer Bemessungsgrundlage von DM 14.568. Zunächst gewährte der Beklagte – das Finanzamt – mit Bescheid vom 26. November 2001 Investitionszulage iHv. DM 1.184,–.
Mit Antrag vom 3. Juni 1997 beantragte die Klägerin die Gewährung von Eigenheimzulage für den eigengenutzten Teil des Hauses. Mit Bescheid vom 30. September 1997 wurde die Eigenheimzulage ab 1997 bis 2004 auf DM 5.500,– festgesetzt.
Mit Schreiben vom 4. März 2002 teilte das Finanzamt der Klägerin mit, dass es die Grundstücksübertragung als unentgeltlich ansehe und daher die Gewährung von Eigenheimzulage ab 2002 nach § 11 Abs. 5 EigZulG aufzuheben sei. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. April 2002 hob das Finanzamt die Gewährung der Eigenheimzulage ab 2002 auf. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. April 2003 hob das Finanzamt die Festsetzung der Investitionszulage auf. Die Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidu...