Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers gegen den ehemaligen Geschäftsführer einer insolventen GmbH wegen vorenthaltener und nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer. Zulässigkeit der Betreibung einer Zwangsvollstreckung nach Widerspruch des Schuldners gegen die Feststellung einer Forderung aus unerlaubter Handlung sowie Auswirkungen auf die Restschuldbefreiung. Pflichten eines Arbeitgebers bzgl. der Verfügbarkeit notwendiger Mittel zur ordnungsgemäßen Abführung der Arbeitnehmeranteile im Falle der Voraussehbarkeit einer Zahlungsunfähigkeit aufgrund der konkreten finanziellen Situation des Unternehmens
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2; GmbHG § 64 Abs. 1, 2 S. 2; InsO § 17 Abs. 2, § 133 Abs. 1, § 184 Abs. 1, § 201 Abs. 2, § 301 Abs. 1, § 302 Nr. 1; StGB § 266a; ZPO § 322 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19. November 2009 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Klägerin die in dem vor dem Amtsgericht Magdeburg (Geschäftsnummer: …) geführten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten in die Insolvenztabelle, Rangklasse 0 eingetragenen Forderungen zur laufenden Nummer 45 in Höhe von 6.021,48 EUR, zur laufenden Nummer 35 in Höhe von 692,11 EUR, zur laufenden Nummer 52 in Höhe von 24.863,46 EUR und zur laufenden Nummer 49 in Höhe von 20.967,77 EUR aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zustehen.
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v. H. des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Der Wert der Berufung beträgt 42.035,86 EUR.
Tatbestand
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird zunächst auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Leseabschrift Bl. 124 – 131, Bd. I d.A.) Bezug genommen. Klarzustellen und zu ergänzen ist:
I.
Der Beklagte betrieb das Einzelunternehmen B.. Er ist Geschäftsführer der G. GmbH, über deren Vermögen das Amtsgericht Magdeburg mit Beschluss vom 14. März 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet hat. Er war ferner Geschäftsführer der wegen Vermögenslosigkeit gelöschten K. GmbH. Über das Vermögen dieser Gesellschaft eröffnete das Amtsgericht Dessau mit Beschluss vom 11. Juli 2000 das Insolvenzverfahren und hob es nach Abhaltung des Schlusstermins und Vollzug der Schlussverteilung am 24. Juli 2002 auf. Darüber hinaus ist er Geschäftsführer -nunmehr Liquidator – der T. GmbH, über deren Vermögen das Amtsgericht Magdeburg mit Beschluss vom 27. Juni 2000 das Insolvenzverfahren eröffnete und nach Schlussverteilung am 23. Oktober 2008 einstellte.
Die Klägerin erwirkte am 28. August 2002 in einem Rechtsstreit, den sie gegen den Beklagten als Geschäftsführer der K. GmbH wegen Vorenthaltung der Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung für den Zeitraum Oktober bis Dezember 1998 führte, am 28. Juli 2002 ein Versäumnisurteil, mit dem der Beklagte zur Zahlung von 24.863,46 EUR nebst Zinsen verurteilt wurde (LG Dessau, Gesch.Nr.: 6 O 909/02). Am 10. Januar 2003 erwirkte sie ferner beim Amtsgericht Magdeburg einen Vollstreckungsbescheid gegen den Beklagten über einen Betrag von 20.967,77 EUR nebst Zinsen und Kosten (Gesch.Nr.: …). Der Anspruch wurde wie folgt bezeichnet:
„Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verb. mit § 266a StGB gegen den ehemaligen Geschäftsführer der T. GmbH, Industriegelände, E. wegen vorenthaltener und nicht abgeführter Beiträge der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung für die Zeit vom 01. Oktober 1999 bis 31. März 2000”.
Am 12. Juli 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet. Er stellte einen Antrag auf Restschuldbefreiung. Am 27. Mai 2003 meldete die Klägerin einen Anspruch auf rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschläge, Mahngebühren und Kosten für das Einzelunternehmen B. für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2001 in Höhe von 1.826,33 EUR, davon in Höhe von 692,11 EUR aus unerlaubter Handlung zur Tabelle an. Am 10. Mai 2004 meldete sie rückständige Sozialversicherungsbeiträge der G. GmbH für den Zeitraum vom 1. April 2001 bis zum 31. Mai 2001 in Höhe von 9.243,02 EUR, für die der Beklagte eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen hatte, darin enthalten Arbeit...