Leitsatz (amtlich)

Die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft, die nicht unter die europäische Niederlassungsfreiheit und auch nicht unter sonstige Freizügigkeitsabkommen oder Staatsverträge fällt (hier: Ltd. nach dem Recht der Isle of man), bestimmt sich weiterhin nach der Sitztheorie. Verlegt eine solche Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz nach Deutschland, ohne dadurch ihre rechtliche Existenz nach dem Sachrecht des Gründungsstaates zu verlieren, ist sie als rechtsfähige Personengesellschaft zu behandeln und wird durch ihre Gesellschafter gesetzlich vertreten. Die Wirksamkeit von Vertretungshandlungen, die von unter dem vermeintlich geltenden ausländischen Recht bestellten "Organen" vorgenommen wurden, wird dadurch nicht berührt.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 403 O 186/02)

 

Tenor

Die Klage ist zulässig.

Das Aktivrubrum wird dahingehend berichtigt, dass die Klägerin durch ihre Gesellschafter K. & Co. Beteiligungs GmbH, ... und K. GmbH, ... vertreten wird.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Gemäß § 540 Abs. 1 ZPO wird an Stelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Bezug genommen und zu den Tatsachengrundlagen dieses Zwischenurteils in der Berufungsinstanz sowie zu den Gründen für die Feststellung der Zulässigkeit der Klage Folgendes ausgeführt:

I. Die Klägerin, eine auf der Isle of Man gegründete Gesellschaft, begehrt von der Beklagten die Auszahlung eines angeblichen Kontoguthabens i.H.v. 47.500.000 EUR. Sie macht geltend, im Rahmen des Verkaufs der K. & Co. AG an die sog. B.-Gruppe im Jahr 2001 durch die Verpfändung ihres Kontoguthabens bei der Beklagten als Teil einer aufwendigen Finanzierungskonstruktion gedient zu haben, die im wirtschaftlichen Ergebnis darauf gerichtet gewesen sei, unter Verstoß gegen die §§ 57 Abs. 1, 71a Abs. 1 Satz 1, 71d AktG einen Teil der Übernahme mit Mitteln der Zielgesellschaft zu finanzieren (sog. leveraged buyout). Die Beklagte beruft sich darauf, dass ein Teilbetrag von mehr als 30.000.000 EUR wirksam überwiesen worden sei und ihr an dem Restbetrag ein Pfandrecht zustehe, das sie wirksam ausgeübt habe. Sie ist der Auffassung, diese Akte verstießen nicht gegen Vorschriften der Kapitalerhaltung und behauptet, jedenfalls habe sie nicht die für eine Unwirksamkeit erforderliche Kenntnis von eventuellen Verstößen gehabt. Wegen der Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 47.500.000 EUR (in Worten: siebenundvierzigmillionenfünfhunderttausend EURO) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 288 Abs. 1 jährlich ab Zustellung der Klageschrift zu zahlen.

Die Beklagte hat demgegenüber beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat in erster Instanz die Klage als unbegründet abgewiesen (Urt. v. 10.9.2004, Bl. 326 ff. d.A.). Die Klägerin verfolgt ihren Anspruch in dem hier anhängigen Berufungsverfahren weiter. In der Folge eines Zwischenstreits über die Pflicht der Klägerin zur Leistung einer Prozesskostensicherheit gem. § 110 ZPO - dieser wurde durch das Zwischenurteil des Senats vom 20.9.2005 (Bl. 549 ff. d.A.) beschieden - ist fraglich geworden, ob die Klägerin (noch) auf der Isle of Man ansässig ist oder ob sich ihr tatsächlicher Verwaltungssitz in Duisburg befindet und ob sie vor diesem Hintergrund überhaupt parteifähig ist. Der Senat hat deshalb in der mündlichen Verhandlung vom 16.2.2007 beschlossen, über die Frage der Zulässigkeit der Klage gem. § 280 Abs. 1 ZPO vorab zu verhandeln.

Dem liegt Folgendes zugrunde:

Die Klägerin wurde am 4.6.2001 als "private company limited by shares" ("Limited" bzw. "Ltd.") nach dem Isle of Man Companies Act 1931 (CA 1931) unter dem Namen "A.T. Limited" in das von der Financial Supervision Commission (FSC) geführte Isle of Man Companies Registry unter No. ... eingetragen (vgl. Anlage K 35 S. 1) und änderte am 5.10.2001 ihren Namen in "K. Limited" (vgl. Anlagen K 9, K 35 S. 2). Am selben Tag hatte V.A. sämtliche Anteile der Gesellschaft erworben (vgl. Anlagen K 8 und K 9). Vertretungsberechtigte Directors wurden H.A., wohnhaft in London, und S., wohnhaft in East Grinstead/England, daneben waren So. und W., beide wohnhaft auf der Isle for Man, Directors (vgl. Certificate der FSC v. 25.10.2001, Anlage K 54). Unter dem 10.10.2001 bestätigte V.A., dass er die Anteile treuhänderisch für die K. & Co. AG halte (vgl. Anlage K 10 S. 2), ehe er dieser am 30.10.2001 sämtliche Anteile an der Klägerin verkaufte, wobei die Verpflichtung zur Übertragung gem. Ziff. 1.1 und auch die Rechtsübertragung gem. Ziff. 2.1 des englischem Recht unterstellten Vertrags bereits zum 16.10.2001 eintreten sollten (vgl. Anlage K 12). Bereits unter dem 16.10.2001 stellte ein Director ein neues "Share Certificate" (Anlage K 11) aus, wonach sämtliche Anteile an der Klägerin der K. & Co. AG zustünden. In das Companies Registry wurden diese Änder...

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