Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufschlüsselung von als Grundlage für einen Insolvenzantrag dienenden Sozialversicherungsbeitragsnachweisen. Erforderlichkeit einer Aufschlüsselung eines Beitragsnachweises nach Arbeitnehmern für einen Insolvenzantrag

 

Leitsatz (amtlich)

Beitragsnachweise, auf deren Grundlage Insolvenzantrag gestellt wird, müssen nur nach Monaten, nicht aber auch nach einzelnen Arbeitnehmern aufgeschlüsselt sein.

 

Normenkette

SGB IV § 28f Abs. 3 S. 3

 

Verfahrensgang

AG Ludwigshafen (Beschluss vom 14.07.2010)

BGH (Beschluss vom 05.02.2004; Aktenzeichen IX ZB 29/03)

 

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – Ludwigshafen am Rhein vom 14. Juli 2010 wird aufgehoben und das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung über den Insolvenzeröffnungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer an das Amtsgericht zurückgegeben.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin ist die für die Einziehung von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 28f Abs. 3 SGB IV zuständige Stelle für den Schuldner.

Sie hat mit am 12. Juli 2010 eingegangenem Schreiben vom 06. Juli 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners beantragt und sich zur Glaubhaftmachung von Forderung und Insolvenzgrund auf eine „Säumniszuschlagsberechnung auf Belegebene” berufen, in der die monatlichen Beitragsrückstände des Schuldners für die Zeit von Mai 2008 bis Juni 2010 auf der Grundlage der Beitragsnachweise des Schuldners (für Juni 2010 auf Grund einer Schätzung) aufgelistet worden sind, wobei der Schuldner – und dementsprechend die Antragstellerin – in den monatlichen Beitragsnachweisen die Gesamtbeträge angegeben, eine Aufschlüsselung nach Arbeitnehmern aber nicht vorgenommen hat.

Mit Beschluss vom 14. Juli 2010 hat das Amtsgericht – Insolvenzgericht – Ludwigshafen am Rhein den Eröffnungsantrag zurückgewiesen, da die Forderung der Antragstellerin vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH nicht schlüssig dargelegt sei, da dies eine Aufgliederung nicht nur nach Monaten, sondern auch nach Arbeitnehmern erfordere.

Gegen diesen Beschluss, über den ein Zustellungsnachwels nicht vorliegt, richtet sich die am 30. Juli 2010 eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 28. Juli 2010, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgt und die Rechtsauffassung vertritt, nach der seit dem 01. Januar 2006 geltenden Fassung des § 28f Abs. 3 Satz 3 SGB IV reiche der Beitragsnachweis zur Glaubhaftmachung der Forderungen der Einzugsstelle; eine Aufspaltung nach Arbeitnehmern sei nicht erforderlich und mangels Mitteilung durch den Schuldner auch nicht möglich.

Der Amtsrichter hat der Beschwerde mit Beschluss vom 03. August 2010 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH nicht abgeholfen und ergänzend darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin in einem weiteren Verfahren durchaus in der Lage gewesen sei, die Arbeitnehmer des Antragsgegners zu benennen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 6 Abs. 1, 34 Abs. 1 InsO, 567f. ZPO zulässig, insbesondere rechtzeitig. Auch wenn kein Zustellungsnachweis vorliegt, so ergibt sich aus der Akte, dass die Geschäftsstelle die Zustellverfügung erst am 20. Juli 2010 ausgeführt hat und mithin die am 30. Juli 2010 eingegangene sofortige Beschwerde auf jeden Fall rechtzeitig sein muss.

In der Sache führt die sofortige Beschwerde zu einem Erfolg insoweit, als der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Verfahren an das Amtsgericht – Insolvenzgericht – Ludwigshafen am Rhein zur weiteren Behandlung des Insolvenzeröffnungsantrags unter Berücksichtigung der Auffassung der Kammer zurückzugeben ist.

Zwar gibt der Amtsrichter in der angefochtenen Entscheidung die Rechtsprechung des BGH vom 05. Februar 2004 (ZIP 2004, 1466 [BGH 05.02.2004 – IX ZB 29/03]) und vom 08. Dezember 2005 (ZIP 2006, 141) zutreffend wieder: Dort hatte der BGH ausgeführt, dass eine schlüssige Darlegung der Beitragsforderungen erfordere, dass eine Aufschlüsselung nach Monat und Arbeitnehmer zu erfolgen habe.

Diese Rechtsprechung hat aber in der Praxis zu Problemen deshalb geführt, weil die einheitlich gestatteten Beitragsnachweise (vgl. hierzu jurisPK-SGB IV-Werner, Rn 78) zwar eine monatliche Aufstellung vorsehen, nicht aber getrennt nach Arbeitnehmern, sondern der Beitragsnachweis den insgesamt für alle Arbeitnehmer abzuführenden Beitrag enthält. Für die Zwangsvollstreckung bestimmte daher § 28f Abs. 3 Satz 3 SGB IV schon vor dem 01. Januar 2006, dass der Beitragsnachweis für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle gilt (vgl. hierzu auch Beschluss der Kammer vom 05.02.2007, Az. 1 T 16/07, bestätigt durch Beschluss des BGH vom 25.10.2007, Az. I ZB 19/07).

Wegen der oben zitterten Rechtsprechung des BGH zur Aufschlüsselung der Beitragsforderungen nach Monat und Arbeitnehmer und der sich aus den geschilderten Umständen ergebenden Schwierigkeit der Erfüllung dieser Anforderungen durch die Einzugsstelle hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen und zur Änd...

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