Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen: 2 AZR 62/02

 

Leitsatz (amtlich)

Die Annahme einer Erbschaft ohne Zustimmung des Arbeitgebers gemäß § 3 Abs. 3 AVR-K durch einen in der ambulanten Pflege beschäftigten Mitarbeiter von einer von ihm ambulant betreuten Person ist geeignet, einen Grund im Verhalten des Arbeitnehmers i. S. v. § 1 Abs. 1 KSchG zu bilden, wenn der Mitarbeiter trotz Abmachung die Erbschaft weder ausschlägt noch zurückgibt.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2; AVR-K § 3 Abs. 3 Arbeitsvertragsrichtlinien der Konförderation ev. Kirchen in Nds

 

Verfahrensgang

ArbG Lüneburg (Entscheidung vom 27.04.2001; Aktenzeichen 1 Ca 284/01)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 27.04.2001 – 1 Ca 284/01 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristgemäßen, verhaltensbedingten Kündigung, weil die Klägerin, die in der ambulanten Pflege bei dem Beklagten tätig ist, ohne Genehmigung des Beklagten eine Erbschaft angenommen hat.

Die Klägerin ist seit dem 01.01.1990 bei dem Beklagten, der regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt, in der ambulanten Pflege mit einem monatlichen Bruttogehalt von ca. 2.700,00 DM tätig. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien finden auf das Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (AVR-K) Anwendung.

Nach § 3 Abs. 3 dieser Arbeitsvertragsrichtlinien dürfen Mitarbeiterinnen Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf ihre dienstliche Tätigkeit nur mit Zustimmung des Dienstgebers annehmen. Werden der Mitarbeiterin solche Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf ihre dienstliche Tätigkeit angeboten, so hat sie dies unverzüglich und unaufgefordert mitzuteilen.

Seit 1990 betreute die Klägerin unter anderem im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses zum Beklagten die Lebensgefährten des später verstorbenen …, für die sie Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz erbrachte. Diese Arbeit nahm täglich ca. eine halbe bis eine Stunde in Anspruch und beinhalteten unter anderem das Waschen und das Anziehen. Bei dieser Tätigkeit lernte sie den inzwischen verstorbenen … kennen. Aus der Bekanntschaft entwickelten sich private Kontakte. Nach und nach übernahm die Klägerin für diesen auch Tätigkeiten im Haushalt.

Ab 1995 wurde die Klägerin aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten auch für Herrn … im Wege der häuslichen Krankenpflege, wozu das Verabreichen von Medikamenten gehörte, tätig. Seit 1996 wohnte die Lebensgefährtin des Herrn … in einem Pflegeheim.

Die privaten Kontakte der Klägerin zu Herrn … wurden im Laufe der Zeit stärker. Dieser verbrachte einen Teil seiner Freizeit im Kreise der Familie der Klägerin. Es gab spontane Besuche mit Kaffee und Kuchen zwischen der Familie der Klägerin und Herrn Wegener baute sich eine herzliche Beziehung auf, wobei sich das Verhältnis auch auf die Eltern der Klägerin und ihre Tochter erstreckten.

Am 06.12.1999 verstarb Herr … und setzte in seinem Testament die Klägerin als Alleinerbin ein. Sie erbte ein Hausgrundstück, welches mit drei Pflichtteilsberechtigten beschwert ist. Von der Erbschaft machte sie dem Beklagten keine Mitteilung.

Am 27.11.2000 erteilte der Beklagte, nachdem er von der Erbschaft erfahren hatte, der Klägerin eine Abmahnung, in der er dieser vorwarf, ihm keine Mitteilung über die Erbeinsetzung gemacht und damit gegen die Bestimmung des Arbeitsvertrages verstoßen zu haben. Weiter forderte er die Klägerin auf, das Erbe auszuschlagen bzw. falls die Frist bereits verstrichen sei, das Erbe an die Angehörigen des Verstorbenen zurückzugeben. Bei Nichtbefolgung dieser Weisung, drohte er die Kündigung des Arbeitsverhältnisses an.

Die Klägerin weigere sich, das Erbe auszuschlagen oder zurückzugeben.

Mit Schreiben vom 22.01.2001 kündigte der Beklagte nach Beteiligung der Mitarbeitervertretung das Arbeitsverhältnis der Klägerin fristgemäß zum 30.06.2001.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die verhaltensbedingte Kündigung sei unberechtigt, da sie sich nicht pflichtwidrig verhalten habe.

Sie hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 22.01.2001 nicht zum 30.06.2001 beendet ist, sondern über den 30.06.2001 hinaus fortbesteht,
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30.06.2001 hinaus fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Klägerin verstoße fortwährend gegen ihren Arbeitsvertrag, in dem sie trotz Aufforderung das Erbe, das rechtlich eine Belohnung sei und für dessen Annahme er die Genehmigung zu Recht nicht erteilt habe, nicht zurückgebe.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 22.01.2001 nicht zum 30.06.2001 beendet ist, sondern fortbesteht. Im übrigen ha...

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