Rz. 16

[Autor/Stand] Der Gesetzgeber wollte durch diese allgemein gehaltene Wendung der Vorschrift (des damaligen § 367 RAO 1919) ein möglichst weites Anwendungsgebiet eröffnen[2]. Der Begriff "bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Stpfl." ist deshalb extensiv auszulegen[3]. Er umfasst bei weitgehender Auslegung jede Person, die dem Stpfl. bei der Erledigung seiner steuerlichen Angelegenheiten Hilfe leistet[4]. Nicht mehr dem Wortlaut entspricht jedoch die zu weitgehende Ansicht, dass jeder Täter sei, dessen Tun oder pflichtwidriges Unterlassen mit den steuerrechtlichen Pflichten eines Stpfl. in Zusammenhang stehe.[5] Geht man von dieser Definition aus, überschneidet sich der so bezeichnete Täterkreis mit dem der Stpfl. insoweit, als auch die Personen der §§ 34 und 35 AO Angelegenheiten des Stpfl. wahrnehmen, gleichzeitig aber selbst Stpfl. sind. Aus der Aufteilung in zwei Tätergruppen muss jedoch entnommen werden, dass aus der letztgenannten Gruppe solche Personen ausscheiden, die selbst Stpfl. sind.

 

Rz. 17

[Autor/Stand] In erster Linie sind Personen, die in Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Stpfl. handeln, die Bevollmächtigten und Beistände (§ 80 AO), also vor allem Rechtsanwälte, Notare[7] sowie insb. die Angehörigen der steuerberatenden Berufe, z.B. Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer (vgl. § 411 AO)[8]. Bei den Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften wird die Steuerberatung nicht durch die Gesellschaft als solche, sondern durch eigenverantwortliche, natürliche Personen ausgeübt (§ 60 StBerG, § 44 WPO). Nur diese Personen können eine leichtfertige Steuerverkürzung begehen. Gegen die Gesellschaft kann aber u.U. eine Geldbuße gem. § 30 OWiG verhängt werden (s. § 377 Rz. 109 ff.)[9]. Aufsichtspflichtverletzungen des Vorstands oder der Geschäftsführer können nach § 130 OWiG geahndet werden (s. § 377 Rz. 171 ff.).

 

Rz. 18

[Autor/Stand] Zu der zweiten Tätergruppe zählen insb. auch Angestellte und sonstige Hilfspersonen des Stpfl., die nicht unbedingt in leitender Stellung tätig werden müssen, z.B. Prokuristen, Büroleiter, Buchhalter, Sekretärinnen u.a.[11]. Voraussetzung ist jedoch die Ausübung einer gewissen selbständigen Tätigkeit. In Wahrnehmung fremder Steuerangelegenheiten handelt z.B. nicht ein bloßer Schreibgehilfe des Stpfl., der die Erklärung nach dessen Anweisungen ausfüllt. Das Erfordernis der Selbständigkeit ist aber bereits dann erfüllt, wenn der Helfer die Steuererklärung aufgrund der Bücher, anderer Unterlagen oder nach mündlichen Auskünften des Stpfl. anfertigt[12]. Aus dem Bereich des Zoll- und Verbrauchsteuerrechts werden als Hilfspersonen des Stpfl. insb. Grenzspediteure oder steuerlich Beauftragte gem. § 214 AO tätig.

 

Rz. 19

[Autor/Stand] Die in der Praxis bedeutsame und inzwischen steuerlich und strafrechtlich geklärte Frage, ob der Begriff "Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen" voraussetzt, dass der Hilfeleistende nach außen hin, namentlich dem FA gegenüber, in Erscheinung tritt, wurde vor der Grundsatzentscheidung des BFH vom 29.10.2013[14] in Rspr. und Literatur nicht einheitlich beurteilt. Diese Frage stellt sich vornehmlich bei der Verantwortlichkeit des Steuerberaters, wenn dieser lediglich im Innenverhältnis für den Stpfl. tätig geworden ist (z.B. durch Erstellung der Buchführung, der Steuererklärung oder der Jahresabschlussarbeiten) und nicht selbst dem FA gegenüber eigene Erklärungen (z.B. durch eigenhändig unterschriebene Umsatzsteuervoranmeldungen, kommentierende Begleitschreiben zur Steuererklärung oder Beantwortung von Nachfragen seitens des FA) abgegeben hat.

In seiner Entscheidung vom 29.10.2013[15] hat der BFH klargestellt, dass eine eigenhändige Tatbegehung erforderlich ist, es genügt hingegen nicht das bloße "Bewirken" des Taterfolgs. Ein Mitwirkungsvermerk des Steuerberaters genügt hier nicht; die unrichtigen Angaben werden vom Stpfl. und nicht vom Steuerberater getätigt. In diesem Urteil legt der BFH erstmals als notwendige Voraussetzung für § 378 AO fest, dass für eine Strafbarkeit des Steuerberaters dessen eigene Angaben notwendig sind, worin sich der BFH der strafrechtlichen Judikatur der OLG[16] anschließt. Solche fehlen, wenn der Steuerberater lediglich die von ihm vorbereitete und vom Stpfl. unterzeichnete Steuererklärung beim FA einreicht[17]. In der Beifügung eines Begleitschreibens des Steuerberaters könnte hingegen schon dessen "Angabenmachen" gesehen werden[18]. Der BFH lehnt darüber hinaus in diesem Urteil auch die Begehungsweise eines Steuerberaters durch Unterlassen nach § 378 AO i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (s. Rz. 44) sowie die mittelbare Täterschaft ab. Darüber hinaus hat diese Entscheidung Bedeutung zur Beurteilung der Leichtfertigkeit des Mandanten (vgl. Rz. 70).

Zum grundsätzlichen Streit, ob ein Hilfeleistender tauglicher Täter ist, wurden in Rspr. und Literatur folgende Meinungen vertreten:

 

Rz. 20

[Autor/Stand] Die ältere Rspr. des RG[20] verneinte diese...

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