rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagebefugnis des Abtretungsempfängers gegen den die Versagung der Kostenerstattung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Erstattungsanspruch nach § 77 EStG ist ein Erstattungsanspruch eigener Art, so dass der Kostenerstattungsanspruch ohne Rücksicht auf die einschränkenden Wirksamkeitsvoraussetzungen des § 46 AO formlos nach dem Vorschriften des BGB abgetreten werden kann.
  2. Der Abtretungsempfänger des Kostenerstattungsanspruchs ist zur Klage gegen die Kostenentscheidung befugt.
 

Normenkette

EStG § 77

 

Streitjahr(e)

2011

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger klagebefugt bzw. aktivlegitimiert ist und ob die Beklagte zu Recht die Kostenerstattung gemäß § 77 Einkommensteuergesetz (EStG) abgelehnt hat.

Der Kläger ist Rechtsanwalt und hatte Frau B, geschiedene S, in einem Verfahren bei der beklagten Familienkasse (im Folgenden: Beklagte) wegen Aufhebung der Kindergeldfestsetzung betreffend ihrer am 15. November 1989 geborenen Tochter J vertreten.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Frau B., die polnische Staatsangehörige ist, hatte im Februar 2008 für J, die in Polen lebt, Kindergeld beantragt, woraufhin mit Bescheid vom 27. November 2008 sogenanntes Differenzkindergeld in Höhe von 77 Euro ab August 2007 festgesetzt wurde. Diese Kindergeldfestsetzung wurde mit Bescheid vom 29. Juni 2010 ab Mai 2010 wieder aufgehoben. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Großmutter das Kind in ihren Haushalt aufgenommen habe, sodass diese den vorrangigen Anspruch auf Kindergeld gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 EStG habe.

Gegen diesen Bescheid legte Frau B., vertreten durch den Kläger, mit Schreiben vom 4. August 2010 Einspruch ein. Der Kläger begründete den Einspruch mit Schreiben vom 31. Januar 2011 damit, dass die Tochter von Frau B. nicht in den Haushalt der Großmutter aufgenommen sei; vielmehr lebten sowohl J und ihre ältere Schwester M (geb. am 3. März 1983) als auch deren Großmutter in der ehemaligen ehelichen Wohnung von Frau B. Sie finanziere mit regelmäßigen monatlichen Zahlungen den Lebensunterhalt und die Ausbildung ihrer Töchter, sie erziehe und versorge J bei regelmäßigen Besuchen in Polen. Die Großmutter trage mit ihrer niedrigen Rente nicht zum Unterhalt der beiden Kinder bei, sondern sei selbst auf die monatlichen Zuwendungen von Frau B. angewiesen. Die Großmutter sei aus gesundheitlichen Gründen auch nicht mehr in der Lage, die Kinder zu betreuen, vielmehr erfolge umgekehrt eine Betreuung der Großmutter durch die beiden Enkelinnen. Bei dieser Sachlage sei eine Haushaltsaufnahme durch die Großmutter zu verneinen.

Die Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 8. Februar 2011 gegenüber Frau B. – der Bescheid war auch an diese adressiert – wieder Differenzkindergeld für J ab Mai 2010 in Höhe von 92 Euro fest und half damit dem Einspruch ab.

Mit Datum vom 10. Februar 2011 erging ergänzend zum Abhilfebescheid eine Kostenentscheidung. Der Bescheid war an den Kläger gerichtet und enthielt den Ausspruch, dass die ihm wegen der Erhebung des Einspruchs möglicherweise entstandenen Kosten nicht erstattet werden könnten, da sie nicht notwendig gewesen wären. Der veränderte Sachverhalt wäre erst mit Schreiben vom 31. Januar 2011 dargestellt worden. Bis dahin habe die Beklagte davon ausgehen müssen, dass unter Berücksichtigung der Angaben von Frau B. und der polnischen Behörde eine Haushaltsaufnahme bei der Großmutter vorliege.

Mit Schreiben vom 11. März 2011 legte der Kläger – ausdrücklich namens und mit Vollmacht von Frau B. – Einspruch gegen die Kostenentscheidung ein. Mit Schreiben vom 28. März 2011 begründete der Kläger den Einspruch damit, dass seine Hinzuziehung im Vorverfahren notwendig gewesen sei. Die tatsächlichen und rechtlichen Aspekte des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG hätten von seiner Mandantin nicht in vollem Umfang erfasst und bewertet werden können. Ferner sei seine Mandantin aufgrund ihrer unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache nicht in der Lage gewesen, das Einspruchsverfahren selbst zu führen.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2011 als unbegründet zurückgewiesen. Er wurde von der Beklagten als Einspruch von Frau B., vertreten durch den Kläger, gewertet. Die Entscheidung wurde an den Kläger bekannt gegeben. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass zwar gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG die Familienkasse dem Antragsteller die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten hätte, soweit der Einspruch erfolgreich sei. Eine Ausnahme sehe die Vorschrift allerdings für solche Aufwendungen vor, die die Einspruchsführerin oder deren Vertreter verschuldet haben. Frau B. hätte in ihren Anträgen in der Vergangenheit stets angegeben, dass J bei der Großmutter lebe. Dies habe sich auch aus den Angaben der polnischen Behörde ergeben. Erst eine detaillierte und teilweise geänderte Darstellung des Sachverhalts habe zur Stattgabe des Einspruchs geführt.

Gegen diese Entscheidung w...

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