Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Steuerbarkeit von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielgeräten

 

Leitsatz (redaktionell)

Die EuGH-Rechtsprechung steht der Besteuerung der Aufsteller von Geldspielautomaten nicht entgegen. Die sonstige Leistung der Veranstalter besteht in der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance. Die entgeltliche Gegenleistung der Teilnehmer ist der Spieleinsatz. Insoweit besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung des Einsatzes und der Durchführung des Spiels. Ohne Geldeinwurf findet kein Spiel statt. Anders als in der Rs. „Tolsma” und in der Rs. „Bastova” ist die Gegenleistung damit weder freiwillig noch ungewiss.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 9b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.12.2019; Aktenzeichen XI R 23/18)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielgeräten steuerbar und steuerpflichtig sind bzw. die Besteuerung der Umsätze gegen das Unionsrecht verstößt.

Die Klägerin ist Geldspielautomatenaufstellerin. Sie erzielte im Streitjahr 2012 Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten. In Ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung erklärte die Klägerin steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug in Höhe von 437.123 €.

Der Beklagte behandelte die Umsätze im USt-Bescheid 2012 vom 05.12.2014 als steuerpflichtige Lieferungen und Leistungen zu 19% (Bemessungsgrundlage 367.330 €, USt. 69.792,70 €). Unter Berücksichtigung von Vorsteuern in Höhe von 25.154,15 € setzte er Umsatzsteuer in Höhe von 44.638,55 € fest. Gleichzeitig wurden Zinsen zur Umsatzsteuer in Höhe von 638,00 € festgesetzt.

Gegen den Umsatzsteuerbescheid legte die Klägerin am 09.12.2014 Einspruch ein. Zur Begründung machte die Klägerin geltend, dass ihre Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten entgegen der Auffassung des Beklagten von der USt befreit seien.

Mit Einspruchsentscheidung vom 14.01.2015, die nur die Umsatzsteuer, nicht die Zinsen betraf, wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der deutsche Gesetzgeber habe innerhalb des ihm aufgrund Art. 135 Abs. 1 i) MwStSystRL eingeräumten Ermessens gehandelt, als er die Umsätze gewerblicher Spielhallenbetreiber aus Geldspielgeräten nicht in die Umsatzsteuerbefreiung einbezogen habe. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Daraufhin hat die Klägerin am 11.02.2015 die vorliegende Klage erhoben.

Zur Begründung beruft sie sich auf § 6 der Verordnung über öffentliche Spielbanken (SpielbkV) vom 27.07.1938, wonach der Spielbankunternehmer für den Betrieb der Spielbank von den laufenden Steuern des Reichs, die vom Einkommen, vom Vermögen und vom Umsatz erhoben werden, sowie von der Lotteriesteuer und von der Gesellschaftssteuer befreit ist. Unter Hinweis auf die EuGH-Rechtsprechung in der Rechtssache Linneweber/Akritidis (Urt. vom 17.02.2005, Az: C 453/02 und C 462/02) vertritt die Klägerin die Auffassung, dass sich auch private Geldspielgeräteunternehmer auf die Steuerbefreiung des § 6 SpielbkV berufen könnten. Die Vorschrift gelte bis heute und sei nach Art. 125 Grundgesetz (GG) Teil des Bundesrechts geworden. Die Rechtsverordnung habe somit den Charakter eines Bundesgesetzes erhalten, das nur durch ein Bundesgesetz wieder geändert werden könne. Durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen (StEindämmG) vom 28.04.2006 sei § 4 Nr. 9b) UStG lediglich dahingehend geändert worden, dass die Umsatzsteuerfreiheit von Spielbanken entfallen sei, § 6 der SpielbkV von 1938 sei jedoch nicht aufgehoben worden. Auch das BVerfG sei im Jahr 2000 (1 BvR 539/96) und der BFH sogar noch im Jahr 2014 (Urt. vom 30.10.2014 – IV R 2/11) von der Wirksamkeit des § 6 Abs. 1 SpielbkV ausgegangen.

Selbst wenn die Umsatzsteuerfreiheit nach § 6 der SpielbkV entfallen sein sollte, so sei die Besteuerung der Spielbanken europarechtswidrig. Die Tatsache, dass bei Spielbanken nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache „Town and County Factors” sämtliche von den Spielern gesetzten Spielbeträge und nicht nur die dem Betreiber nach Abzug der Spielgewinne verbleibenden Beträge der Umsatzsteuer unterlägen, führe dazu, dass ab einer Spielgewinnquote von etwa 84% die Kasse der Spielbanken nicht mehr ausreiche, um die Umsatzsteuer zu zahlen. Spielbanken aber hätten in der Regel Ausschüttungsquoten von 90-97%, so dass von der Umsatzsteuerlast bei Spielbanken eine erdrosselnde Wirkung ausgehe. Zudem seien bei Spielbanken – anders als in der Regel bei Spielautomaten außerhalb von Spielbanken – die Spieleinsätze technisch und gegenständlich nicht von den Einsätzen getrennt, die der Betreiber tatsächlich für sich verbuchen könne. Wenn aber Spielbanken nicht besteuert werden dürften, so könnten sich hierauf aufgrund der EuGH-Rechtsprechung, insbesondere nach dem Urteil in der Rechtssache „Linneweber/Akritidis”, auch die Aufsteller von Geldspielautomaten berufen. Auch in diesem Verfahren seien die Spielbanken nicht beteiligt gewesen, dennoch sei die Frage ihrer Steuerfreiheit am Ende entscheide...

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