Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein pRAP bei Rechtskaufvertrag
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Auslegung eines Vertrags als Kaufvertrag oder Lizenzvertrag richtet sich nach dem Gesamtinhalt der Vereinbarung.
2) Ist danach ein Vertrag über die Einräumung eines Patentrechts als Rechtskaufvertrag zu qualifizieren, ist der erzielte Erlös - ohne Bildung eines pRAP - im Jahr der Realisation in vollem Umfang gewinnerhöhend zu erfassen.
Normenkette
HGB § 250 Abs. 2; EStG § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist die ertragsteuerliche Beurteilung des am 02.11.2000 zwischen der Klin. und der T AG (nachfolgend: AG) abgeschlossenen Vertrages.
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute und werden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.
Die Klin. ist Erfinderin medizinischer Produkte. Sie erfand als erstes Produkt die Einlage für einen U-beutel, durch den die einlaufende Flüssigkeit absorbiert wird. Sie ließ sich diese Erfindung beim Deutschen Patent- und Markenamt in N unter der Nr.: … (…) patentieren. Dieses Patent wurde am 27.11.1997 angemeldet und am 26.08.1999 erstveröffentlicht.
Mit Vertrag vom 02.11.2000 schloss die Klin. mit der AG einen Patentlizenzvertrag über das vorgenannte Patent ab. Er endet mit Ablauf des Vertragsschutzrechts am 27.11.2017. Die Lizenz gilt für die Bundesrepublik Deutschland und umfasst das gesamte Anwendungsgebiet der Erfindung sowie die Herstellung, den Gebrauch und den Vertrieb. Nach den Vertragsbedingungen ist die Klin. nicht berechtigt, die unter die Lizenz fallenden Gegenstände selbst in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen. Im Falle der Erweiterung des Patentes auf andere Länder gehen die erworbenen Nutzungs- und Vertriebsrechte auf die AG über; für die Übertragung dieser Rechte schuldet die AG keine zusätzliche Vergütung. Die AG ist jederzeit berechtigt, ohne Rücksprache mit der Klin. Lizenzrechte an andere zu vergeben. Im Falle der Auflösung der AG ist die AG berechtigt, das Patent an Dritte zu veräußern. Für die Laufzeit des Vertrages hat die AG eine Lizenzgebühr in Höhe von 400.000 DM zuzüglich Umsatzsteuer (USt) zu zahlen. Ein Teilbetrag in Höhe von 200.000 DM und die gesamte USt auf 400.000 DM war mit Abschluss des Vertrages fällig. Der Restbetrag in Höhe von 200.000 DM ist nach den vertraglichen Bestimmungen in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 5 % des Umsatzes der Lizenznehmerin des jeweiligen vorherigen Monats zur Zahlung fällig. Für den Fall, dass in der Laufzeit des Vertrages ein Umsatz der Lizenznehmerin in Höhe von 4 Mio. DM nicht erreicht werden sollte, ist die Lizenzgebühr von 400.000 DM um 5 % des 4 Mio. DM unterschrittenen Umsatzes, max. um 200.000 DM, zu kürzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 02.11.2000 Bezug genommen und verwiesen.
Die Klin. ermittelt ihren Gewinn aus der Erfindertätigkeit durch Betriebsvermögens(BV)-Vergleich. Die bei der Veranlagung vorgelegte Bilanz weist im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Lizenzvertrag einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten (pRAP) von 396.079,00 DM sowie Erträge aus Patentgebühren in Höhe von 3.921,00 DM (= 400.000,00 DM × 2 Monate/204 Monate – 12 Monate × 17 Jahre –) auf.
Der Bekl. setzte mit Bescheid vom 21.10.2002 die ESt unter Berücksichtigung der von der Klin. vorgelegten Bilanz unter Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Im Rahmen einer bei der Klin. durchgeführten Außenprüfung gelangte der Beklagte (Bekl.) zur Auffassung, dass die Lizenzierung des Patentes eine dauerhafte, der Veräußerung nahekommende Nutzungsüberlassung darstelle. Mit Änderungsbescheid vom 27.12.2004 berücksichtigte der Beklagte die aus dem Lizenzvertrag bereits realisierte Forderung in Höhe von 200.000 DM im Streitjahr als Ertrag bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 Einkommensteuergesetz (EStG) und bewertete den ausstehenden Restbetrag mit 0 DM. Zugleich hob der Bekl. den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Hiergegen legten die Kl. am 27.01.2005 Einspruch ein. Die Klin. begehrte die Qualifikation der Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit nach § 18 EStG sowie die Erhöhung des Gewinns im Zusammenhang mit dem Lizenzvertrag rückgängig zu machen.
Nach ihrer Überzeugung stelle der streitgegenständliche Vertrag ein
Dauerschuldverhältnis und keinen Kaufvertrag über das Patentrecht dar. Sie habe das Schutz- bzw. Verwertungsrecht nicht vollständig und dauerhaft übertragen wollen.
Das Vorliegen eines Lizenzvertrages ergebe sich aus Art. 8 des Patentlizenzvertrages, wonach jede Partei berechtigt ist, auf ihre Kosten die ausschließliche Lizenz in die Patentrolle eintragen zu lassen.
Das zu lizenzierende Recht sei nicht dauerhaft der AG gewährt worden, sondern es sei ihr lediglich die Verwertung in festgesetzten Grenzen erlaubt. Unbeachtlich sei, dass sich die Vertragslaufzeit mit der Laufzeit des Patentes decke. Sie verwies auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 15.06.1983 I R 113/79, wonach auch solche Nutzungsüberlassungen, die bis zum Ablaufen der Patente erfolgt sind, keine Kaufvertr...