Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschaftsteuerbescheide

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerinnen sind … neben…, der Testamentsvollstreckerin, – zu je ¼ Miterbinnen des am …1989 verstorbenen H (Erblasser).

Der Erblasser hatte mit notariellem Vertrag vom… 1988 seine Unternehmensbeteiligungen an der H GmbH & Co KG, der Komplementär-GmbH sowie der H GmbH mit Wirkung zum 01.01.1989 für … DM an R (Erwerber) veräußert. Der Kaufpreis war in Höhe von … DM am 31.01.1989 fällig. Weitere … DM waren zu zahlen nach Vorlage der geprüften Bilanzen auf den 31.12.1988. Der Restkaufpreis wurde verzinslich gestundet mit der Maßgabe, daß, beginnend am 31.12.1989, jährlich …DM zu zahlen waren. Für den Fall, daß das in den Bilanzen der veräußerten Unternehmen ausgewiesene Eigenkapital unter …DM liegen sollte, war eine Reduzierung des Kaufpreises vorgesehen, die schließlich im Ergebnis dazu führte, daß der Gesamtkaufpreis am…1989 zwischen Testamentsvollstreckerin und Erwerber einvernehmlich auf … DM herabgesetzt wurde. Auf dieser Basis, d. h. unter Berücksichtigung einer noch ausstehenden Kapitalforderung in Höhe von … DM, zog der Beklagte (Bekl.) die Erbinnen durch insoweit endgültige, geänderte Bescheide vom… 1989 zur Erbschaftsteuer heran. Diese Bescheide änderte der Bekl. in der Folge aus das vorliegende Verfahren nicht berührenden Gründen mehrfach, zuletzt am … 1995.

Gegen die veräußerten Firmen wurde am …1991 das Konkursverfahren eröffnet, das am…1991 mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt wurde. Auch der Erwerber wurde illiquide. Der restliche Kaufpreisanspruch der Erbinnen fiel infolgedessen in Höhe von … DM aus.

Am…1993 beantragte die Testamentsvollstreckerin unter Hinweis auf den Beschluß des Großen Senates des BFH vom 19.07.1993 GrS 2/92, BStBl II 1993, 897, die Erbschaftsteuerbescheide gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO in der Weise zu ändern, daß die Kaufpreisforderung um … DM niedriger angesetzt wird. Der Bekl. lehnte diese Anträge durch Verfügung vom …1994 ab. Die Einsprüche der Klägerinnen wies er aus folgenden Gründen als unbegründet zurück:

Der Ausfall der restlichen Kaufpreisforderung stelle kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dar. Für die Bewertung des Nachlasses sei der Zeitpunkt der Steuerentstehung maßgeblich, d. h. der Todeszeitpunkt des Erblassers. Kapitalforderungen seien dabei nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. m. § 12 Abs. 1 BewG grundsätzlich mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder einen niedrigeren Wert begründeten. Derartige Umstände seien insbesondere die volle oder teilweise Uneinbringlichkeit der Forderung (vgl. BFH-Urteil vom 28.09.1993 II R 39/92, BStBl II 1994, 36). Wertveränderungen nach dem Stichtag seien damit bedeutungslos. Etwas anderes gelte nur dann, wenn bereits am Bewertungsstichtag Umstände ersichtlich gewesen seien, die darauf hätten schließen lassen, daß eine zum Nachlaß gehörende Forderung nicht zu realisieren sei. Die ertragsteuerliche Behandlung sei für die Erbschaftsbesteuerung nicht maßgeblich, die vielmehr an die zivilrechtliche Rechtslage anknüpfe. Zivilrechtlich sei aber die Kaufpreisforderung im Streitfall erst durch den Konkurs des Zahlungsschuldners im Jahre 1991 ausgefallen. Nach dem BFH-Beschluß GrS 2/92 ändere sich zwar der Veräußerungsgewinn, wenn die Kaufpreisforderung später uneinbringlich werde. Auf den Veräußerungsgewinn komme es aber bei der Erbschaftsteuer nicht an (Einspruchsentscheidungen vom…1995).

Gegen diese Entscheidungen wenden sich die Klägerinnen mit der vorliegenden Klage. Sie sind der Ansicht, daß der Forderungsausfall auch erbschaftsteuerrechtlich auf den Zeitpunkt des Erbfalles zurückwirke, da sich hierdurch die Erbmasse verändert habe. Die Klägerinnen hätten zwar zivilrechtlich einen Anspruch auf Zahlung des Restkaufpreises, der sich aber nicht durchsetzen lasse. Entsprechend dem Beschluß des Großen Senates des BFH GrS 2/92 sei deshalb der Nachlaßwert zu korrigieren.

Die Klägerinnen beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom … 1995 und der Verfügung vom … 1994 den Bekl. zu verurteilen, die Erbschaftsteuerbescheide in der Fassung vom… 1995 unter Ansatz eines um … DM reduzierten Nachlaßwertes zu ändern.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidungen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klagen sind unbegründet.

Mit Recht hat es der Bekl. abgelehnt, die bestandskräftigen Erbschaftsteuerbescheide zu ändern. Der teilweise Ausfall der gestundeten Kaufpreisforderung stellt kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dar.

Nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Ob eine nachträgliche Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bed...

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