Entscheidungsstichwort (Thema)

Progressionsvorbehalt bei Einkünften aus EU-Betriebsstätte

 

Leitsatz (redaktionell)

Einkünfte aus einer in den Niederlanden ausgeübten Tätigkeit als Belastingadviseur, für die das Besteuerungsrecht ausschließlich den Niederlanden zusteht, sind gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. Die Sonderregelungen in § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG stehen dem nicht entgegen, da hierdurch nur passive gewerbliche EU-Einkünfte von der Anwendung des Progressionsvorbehalts ausgenommen werden.

 

Normenkette

EStG § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, S. 2 Nr. 2; DBA Niederlande Art. 5 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1, Art. 20 Abs. 2; EStG § 2a Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 26.01.2017; Aktenzeichen I R 66/15)

BFH (Beschluss vom 26.01.2017; Aktenzeichen I R 66/15)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Einbeziehung von in den Niederlanden bezogenen Einkünften aus der Tätigkeit des Klägers als Belastingadviseur in den sogenannten Progressionsvorbehalt.

Der Kläger ist ausgebildeter Steuerfachangestellter und betreibt seit 2001 in A (Niederlande) ein Büro als Belastingadviseur, aus dem er in den Streitjahren Einkünfte bezog. Er hat seinen Wohnsitz mit seiner Ehefrau in Deutschland, mit der er zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen 2010 und 2011 schätzte der Beklagte niederländische Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG)) i.H. von jeweils 25.000 EUR. Bei den Einkommensteuerfestsetzungen 2010 vom 24.01.2013 und 2011 vom 28.01.2013 berücksichtigte der Beklagte diese bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes nach § 32b EStG (sog. Progressionsvorbehalt). Die Bescheide ergingen nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Da die Kläger ihre hiergegen erhobenen Einsprüche vom 25.02.2013 nicht begründeten, wies der Beklagte diese mit Entscheidung vom 24.05.2013 zurück und hob gleichzeitig die Vorbehalte der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 AO auf.

Die hiergegen am 13.06.2013 erhobene Klage begründen die Kläger im Wesentlichen damit, dass nach der Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 29.03.2007 RS C-347/04 (REWE-Zentralfinanz), BStBl II 2007, 492 die niederländischen Einkünfte des Klägers nicht dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen seien. Auch die aufgrund dieser EuGH-Rechtsprechung erfolgte Gesetzesänderung führe zu diesem Ergebnis. Denn der Progressionsvorbehalt greife nach § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG nicht für EU-Einkünfte, die nicht die Voraussetzungen des § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllen. Dies sei gegeben, da der klägerische Betrieb weder im Drittland liege, noch negative Einkünfte bezogen würden, so dass § 2a EStG weder direkt noch indirekt zur Anwendung komme. Im Übrigen handele es sich bei den Einkünften des Klägers um sog. „passive Einkünfte”, da es sich um keine Tätigkeit handele, die in § 2a Abs. 2 EStG aufgezählt sei.

Die Kläger beantragen,

die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2010 und 2011 einschließlich der dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen insoweit zu ändern, als die darin jeweils in den Progressionsvorbehalt einbezogenen ausländischen Einkünfte nicht mehr berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Klageabweisungsantrags nimmt der Beklagte Bezug auf die Gründe des Urteils 9 K 2563/09.

In diesem Verfahren wendeten sich die Kläger gegen die Einbeziehung der niederländischen Einkünfte in den Progressionsvorbehalt der Einkommensteuerfestsetzungen 2002 bis 2006. Mit Urteil vom 25.01.2012 wurde die Klage durch das Finanzgericht Köln abgewiesen. Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BFH mit Beschluss vom 06.11.2012, I B 28/12, BFH/NV 2013, 246 als unbegründet zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 13.05.2013, 2 BvR 27/13 hat das BVerfG die weitergehend erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Auf Antrag der Kläger wurde die Akte des Verfahrens 9 K 2563/09 beigezogen, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden der Kläger die niederländischen Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Belastingadviseur in den Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG in der geschätzten Höhe einbezogen.

Denn es handelt sich hierbei um Einkünfte i.S. von § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG, die nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA-NL) steuerfrei sind. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich bei den Einkünften als Belastingadviseur um solche aus Unternehmensgewinnen (Art. 5 DBA-NL) oder aus selbständiger Arbeit (Art. 9 DBA-NL) handelt. Denn in beiden Fällen liegt das Besteuerungsrecht bei den Niederlanden. So hätten die Niederlande zum einen nach Art. 5 Abs. 1 DBA-NL als „anderer” als der Wohnsitzstaat das alleinige Besteuerungsrecht fü...

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