Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang einer für die Frage der Grundsteuerbefreiung unschädlichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Von einem Wasser- und Bodenverband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben erworbene Grundstücke werden für hoheitliche Zwecke benutzt und sind daher von der Grundsteuer befreit.
2. Allein die Beurteilung von Grundstücken als Ackerland oder Forstfläche im Rahmen der Bodenschätzung und die entsprechende Eintragung beim Katasteramt genügen nicht für die Annahme einer die Steuerbefreiung ausschließenden land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung von Grundbesitz, wenn keine tatsächliche Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke vorliegt.
3. Eine forstwirtschaftliche Nutzung im Rahmen eines sog. aussetzenden Forstbetriebs ist erst bei einer Mindestgröße von zusammenhängenden Waldflächen von mehr als 2 Hektar anzunehmen.
4. Die gesetzlichen Mitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft stellt keine land- und forstwirtschaftliche Nutzung des Grund und Bodens dar.
Normenkette
GrStG §§ 3, 6; WVG § 2 Abs. 1; GrStR Abschn. 9 Abs. 1 Satz 4; BodSchätzG § 2; BodSchätzDB § 2; BewG § 53; BJagdG §§ 8, 10 Abs. 1 Satz 1; AO § 184 Abs. 1
Streitjahr(e)
1995
Tatbestand
Streitig ist, ob bestimmte Grundstücke des Klägers grundsteuerbefreit sind.
Der Kläger ist ein Wasser- und Bodenverband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Gemäß § 1 Abs. 2 Wasserverbandsgesetz (WVG) dient der Verband dem öffentlichen Interesse und dem Nutzen seiner Mitglieder. Zulässige Aufgaben eines Wasser- und Bodenverbandes sind gemäß § 2 WVG u. a., der Ausbau einschließlich naturnahem Rückbau und Unterhaltung von Gewässern, technische Maßnahmen zur Bewirtschaftung des Grundwassers und der oberirdischen Gewässer, Abwasserbeseitigung, Beschaffung und Bereitstellung von Wasser, Herrichtung, Erhaltung und Pflege von Flächen, Anlagen und Gewässern zum Schutz des Naturhaushalts, des Bodens und für die Landschaftspflege und Förderung der Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft und Fortentwicklung von Gewässer-, Boden- und Naturschutz. Der Kläger ist von der Körperschaftsteuer befreit.
Der Kläger ist Eigentümer verschiedener Flurstücke in der Gemarkung A-Stadt.
Durch Einheitswertbescheid (Nachfeststellung auf den 01.01.1995) vom 09.08.1999 stellte der Beklagte für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft – Stückländerei – A-Stadt Flur 15 Flurstück 274 und andere (Streubesitz) den Einheitswert auf den 01.01.1995 auf 12.900,00 DM fest. Die Flächen führte der Beklagte in dem Bescheid wie folgt auf: Landwirtschaft 47.675 m², anteilige Hof- und Gebäudefläche 1.171 m², insgesamt 48.846 m², Forstwirtschaft 13.400 m², Unland 850 m². Die Gesamtfläche wurde mit 63.096 m² angegeben.
Durch Grundsteuermessbescheid (Neuveranlagung auf den 01.01.1995) vom 09.08.1999 stellte der Beklagte den Grundsteuermessbetrag auf 77,40 DM (12.900,00 DM x Steuermesszahl 6 von 1000) fest.
Der Kläger legte sowohl gegen den Einheitswert- als auch gegen den Grundsteuermessbescheid fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung des Einspruchs berief er sich darauf, dass er die in dem Bescheid erfassten Grundstücke mit Ausnahme des Grundstücks Gemarkung A-Stadt Flur 14 vor geraumer Zeit für die Durchführung folgender „Verbandsunternehmen” erworben habe: Bau des Hochwasserrückhaltebeckens B in A-Stadt-1 in der Gemarkung A-Stadt Flur 3, Renaturierung des Bes in A-Stadt-2 in der Gemarkung A-Stadt Flur 5 und Bau des C-Sammlers und des Klärwerks A-Stadt-3 sowie Renaturierung des D- und des E-Baches und des Flusses F in der Gemarkung A-Stadt Flur 15 und 16. Alle Grundstücke mit Ausnahme der Grundstücke Gemarkung A-Stadt Flur 14, Flurstücke 135 und 138 seien ihrem Zweck entsprechend verwendet worden. Der Kläger begehrte die Grundstücke gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Grundsteuergesetz (GrStG) oder § 4 Nr. 4 GrStG als von der Grundsteuer befreit zu behandeln.
Der Beklagte forderte am 17.08.1999 den amtlichen landwirtschaftlichen Sachverständigen auf, darzulegen, welche Flächen des Klägers als Stückländerei zu bewerten seien. Der amtliche landwirtschaftliche Sachverständige des Finanzamtes G teilte dem Beklagten am 10.02.2000 u. a. mit, dass bei einer örtlichen Überprüfung festgestellt worden sei, dass die im Kataster ausgewiesenen Nutzungsarten teilweise nicht mehr zuträfen. Das gelte insbesondere dort, wo durch Baum- und Gehölzpflanzungen die ursprünglichen Nutzungen langfristig verändert worden seien oder verändert werden sollten. Eine nachhaltige Nutzungsänderung könne bei den Flächen nicht festgestellt werden, die seit einiger Zeit brach lägen oder noch bewirtschaftet würden. Es solle nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei den zur Zeit brachliegenden oder bewirtschafteten Flächen tatsächlich um sog. Ausgleichsflächen handele bzw. künftig handeln solle. Der Nutzungsartenkatalog der Vermessungs- und Katasterämter in NRW kenne keine Nutzungsart für...