Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausbildungfreibetrag: Stichtagsregelung und zeitanteilige Gewährung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Stichtagsregelung des § 33a Abs. 2 Nr. 1 EStG 1977 über die Gewährung von Ausbildungsfreibeträgen für über 18 Jahre alte Kinder, wie sie die Fachgerichte dem Wortlaut dieser Bestimmung entnommen haben, verletzt nicht Art. 3 Abs. 1 GG.

2. Wenn der Gesetzgeber mit dem EStG 1979 ab dem Veranlagungszeitraum 1978 die Stichtagsregelung in § 33a Abs. 2 EStG hat fallen lassen und auch bei Vollendung des 18. Lebensjahres im Veranlagungszeitraum anteilige Freibeträge gewährt,weil § 33a Abs. 2 EStG 1977 „unbefriedigend ist”, so hat der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit lediglich einer als gerechter empfundenen, wenngleich komplizierteren Lösung den Vorzug gegeben.

 

Normenkette

EStG 1977 § 33a Abs. 2 Nr. 1; EStG 1979 § 33a Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 14.05.1980; Aktenzeichen VI B 7/80)

 

Gründe

Die Stichtagsregelung des § 33a Abs. 2 Nr. 1 EStG 1977, wie sie die Fachgerichte dem Wortlaut dieser Bestimmung entnommen haben, verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Bei der Gewährung von Ausbildungsfreibeträgen für über 18 Jahre alte Kinder konnte der Gesetzgeber im Rahmen der ihm im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG zustehenden Gestaltungsfreiheit davon absehen, für im Veranlagungszeitraum 1977 das 18. Lebensjahr vollendende Kinder anteilige Ausbildungsfreibeträge zu gewähren. Der dem Gesetzgeber eingeräumte Spielraum ist bei Begünstigungen, insbesondere bei der Gewährung von Leistungen, weiter als bei Belastungen (BVerfGE 11, 245 [253]; 17, 210 [216], ständige Rechtsprechung, zuletzt BVerfGE 36, 230 [235]). Grenzen der gesetzgeberischen Freiheit bestehen aufgrund des Art. 3 Abs. 1 GG insofern, als der Gesetzgeber keine Differenzierung vornehmen darf, für die sachlich einleuchtende Gründe nicht auffindbar sind. Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere als die vom Gesetzgeber getroffene Regelung zweckmäßiger oder gerechter wäre oder dem Bedürfnis nach Gleichbehandlung besser entspräche (BVerfGE 11, 245 [253 f.], ständige Rechtsprechung, zuletzt BVerfGE 48, 281 [288]). Die Stichtagsregelung des § 33a Abs. 2 Nr. 1 EStG 1977 ist nicht willkürlich. Der Gesichtspunkt der Vereinfachung der Gesetze, insbesondere der Steuergesetze, läßt es nicht als sachwidrig erscheinen, vom Stichtagsprinzip auszugehen und dabei besonders liegende Fälle unberücksichtigt zu lassen (BVerfGE 21, 12 [27]), 22, 349 [367 f.]). Mit dem Stichtagsprinzip, wie es der Gesetzgeber hier gewählt hat, entfiel die Ermittlung etwaiger anteiliger Freibeträge ab dem Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres im Veranlagungszeitraum 1977.

Wenn der Gesetzgeber mit dem Einkommensteuergesetz 1979 ab dem Veranlagungszeitraum 1978 die Stichtagsregelung in § 33a Abs. 2 EStG hat fallen lassen und auch bei Vollendung des 18. Lebensjahres im Veranlagungszeitraum anteilige Freibeträge gewährt,weil § 33a Abs. 2 EStG 1977 „unbefriedigend ist” (BTDrucks. 8/2116 S. 11), so hat der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit lediglich einer als gerechter empfundenen, wenngleich komplizierteren Lösung den Vorzug gegeben.

Auch ein Verstoß geren Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht ersichtlich. Die Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs, daß die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision durch das Finanzgericht unbegründet ist, liegt im Bereich der Anwendung des einfachen Rechts und ist der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen (vgl. BVerfGE 18, 85 [92]).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1611085

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