Leitsatz (amtlich)

Pachtzahlungen für die pachtweise Nutzung eines Apothekenbetriebs stellen für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Apothekenwesen vom 20. August 1960 (BGBl I 1960, 697) auch nicht zum Teil Aufwendungen für die Benutzung eines im Eigentum eines Dritten stehenden Wirtschaftsguts des Anlagevermögens dar.

 

Normenkette

GewStG 1962 § 8 Nr. 7

 

Tatbestand

Der Revisionsbeklagte (Steuerpflichtiger) betrieb gemäß dem Pachtvertrag vom 3. November 1958 in der Zeit vom 1. Januar 1959 bis zum 30. April 1962 in V (Saar) eine Apotheke. Verpächterin war die Witwe eines Apothekers, der diese Apotheke rd. zwei Jahre vor Pachtbeginn in gemieteten Räumen neu eröffnet hatte. Für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 1962 hatte der Steuerpflichtige an Pachtzinsen 15 061,50 DM gezahlt, die er in seiner Verlust- und Gewinnrechnung mit 13 178,82 DM als "Miete Apotheke" und mit 1 882,68 DM als "Miete Inventar" ausgewiesen hatte. Die Hälfte der 1 882,68 DM (941 DM) hatte er in seiner Gewinn- und Gewerbesteuererklärung 1962 gemäß § 8 Nr. 7 GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet.

Demgegenüber sah der Revisionskläger (das FA) ein Drittel der gezahlten Pachtzinsen (rd. 5 000 DM) als Aufwand für die Überlassung des Apothekenbetriebsrechts an und rechnete die Hälfte dieses Betrages (2 500 DM) - neben den 941 DM - gemäß § 8 Nr. 7 GewStG und unter Berufung auf das Urteil des BFH IV 349/62 U vom 26. November 1964 (BFH 82, 129, BStBl III 1965, 293) dem Gewinn des Steuerpflichtigen hinzu. Der Einspruch des Steuerpflichtigen, mit dem dieser unter Hinweis auf die Niederlassungsfreiheit (Urteil des BVerfG 1 BvR 596/56 vom 11. Juni 1958, BVerfGE 7, 377) den Fortfall des Apothekenbetriebsrechts geltend machte, führte unter Zurückweisung seiner Einwendungen zu einer Erhöhung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags. Wie die berichtigte Bilanz des Steuerpflichtigen zum 31. Dezember 1960 ausweise, entfielen ein Viertel der gezahlten Pachtzinsen auf Miete für gewerblich genutzte Räume, drei Viertel auf Pacht für Apothekenrecht und Inventar, so daß für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 1962 insgesamt 5 648 DM (15 061 DM - 3 765 DM = 11 296 DM : 1/2) gemäß § 8 Nr. 7 GewStG dem Gewinn hinzuzurechnen seien.

Das FG gab der Berufung des Steuerpflichtigen statt. Es führte aus:

Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 7 GewStG setze voraus, daß der aufgewendete Betrag für die Benutzung eines - fremden - Wirtschaftsguts des Anlagevermögens im Sinne des Einkommensteuerrechts verausgabt worden sei, denen auch immaterielle Wirtschaftsgüter zugehörten. Im Falle der Verpachtung einer Apotheke spiele es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine ausschlaggebende Rolle, ob das immaterielle Wirtschaftsgut noch als Apothekenbetriebsrecht, das - im Streitfalle - auf einem vor dem 2. November 1860 erteilten Privileg beruhe und vom Verpächter im Erbgang erworben worden sei, oder als Geschäftswert betrachtet werde (BFH-Urteil III 65/62 U vom 27. Juli 1962, BFH 75, 460, BStBl III 1962, 436).

Im vorliegenden Streitfall sei aber beim Verpächter weder ein Apothekenbetriebsrecht noch ein Geschäftswert vorhanden gewesen noch verpachtet worden. Gegenstand des Pachtvertrages sei - so weit es hier darauf ankomme - der Apothekenbetrieb gewesen. Etwas anderes sei auch aus den Worten des Pachtvertrages, nach denen "der Betrieb" der Apotheke den Pachtgegenstand bilde, nicht herauszulesen. Zwar sei der Pachtvertrag noch unter der Geltung des Gesetzes über die Verpachtung und Verwaltung öffentlicher Apotheken vom 13. Dezember 1935 (RGBl I 1935 S. 1445) geschlossen worden; nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Apothekenwesen vom 20. August 1960 (BGBl I 1960 S. 697) habe sich die Rechtslage jedoch entscheidend geändert. Nach § 3 Nr. 1 dieses Gesetzes gebe es vom Augenblick des Todes des Erlaubnisinhabers an das Recht zum Betrieb nicht mehr, sei vielmehr die Betriebserlaubnis als höchstpersönliches Recht erloschen. Das habe - von der Übergangsregelung in § 13 des Gesetzes abgesehen - zur Folge, daß nur noch die Apotheke als solche - der eigentliche "Apothekenbetrieb" oder das "Apothekengehäuse" zurückbleibe; ein werbendes Unternehmen sei nicht mehr vorhanden (Urteil des BVerfG 1 BvL 17/61, 1 BvR 494/60, 128/61 vom 13. Februar 1964, NJW 1964, 1067). Nach § 1 des genannten Gesetzes sei der Betrieb einer Apotheke nicht mehr von einem förmlichen Betriebsrecht abhängig. Daher könne ein solches Recht auch nicht mehr Gegenstand eines Pachtvertrages sein, sondern nur noch die Apotheke als eingerichteter Gewerbebetrieb, als das "Apothekengehäuse".

Die Verpächterin selbst habe im Augenblick der Verpachtung keine Betriebserlaubnis, sondern lediglich "das Apothekengehäuse" besessen, da sie kein approbierter Apotheker gewesen sei. Eine Erlaubnis (Konzession) oder gar ein Apothekenbetriebsrecht habe sie daher auch nicht verpachten können. Es treffe somit zu, daß die Verpächterin nur den Apothekenbetrieb, nicht aber ein Recht verpachtet habe. Da es sich im Streitfall um eine neu eröffnete Apotheke gehandelt habe, die der erste Inhaber noch keine zwei Jahre aufgrund einer nur ihm erteilten Betriebserlaubnis (Personalkonzession) betrieben habe, habe dem Betrieb auch noch kein besonderer Geschäftswert innegewohnt, der bei der Verpachtung irgendwie hätte ins Gewicht fallen können.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte, vom FG zugelassene Revision des FA mit dem Antrag, die Einspruchsentscheidung vom 15. Juli 1965 wiederherzustellen und die Kosten des Verfahrens dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Das FA führt zur Begründung aus, daß der Steuerpflichtige, dem als Pächter keine besondere Konzession zur Weiterführung der Apotheke vom 1. Januar 1959 ab erteilt worden sei, die Apotheke nur mit der ihm verpachteten Betriebserlaubnis habe betreiben können. Diese Betriebserlaubnis sei mit dem Tode des Ehemanns der Verpächterin auf diese übergegangen und weder durch das (saarländische) Gesetz Nr. 664 über die vorläufige Regelung der Erlaubnis zum Betrieb von Apotheken vom 14. April 1959 (Amtsblatt des Saarlandes 1959 S. 831) noch durch das Gesetz über das Apothekenwesen vom 20. August 1960 aufgehoben worden. Das FG hätte bei seiner Entscheidung die Übergangsvorschriften der §§ 26 Abs. 1 und 28 Abs. 2 des Gesetzes über das Apothekenwesen berücksichtigen müssen. Hinzu komme, daß der Steuerpflichtige noch in der Zeit vom 1. Januar bis 30. April 1962 eine Umsatzpacht von rd. 8 v. H. bezahlt habe, wie dies für den Fall der Verpachtung einer Apotheke nach dem Gesetz vom 13. Dezember 1935 üblich gewesen sei. Daraus sei zu folgern, daß er auch für das ihm überlassene Apothekenbetriebsrecht ein Entgelt gezahlt habe.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

1. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, ist gemäß § 1 Abs. 2 des Gesetzes über das Apothekenwesen der Betrieb einer Apotheke erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis erlischt nach § 3 Nr. 1 dieses Gesetzes durch den Tod des Erlaubnisinhabers. Im Falle der - nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 zulässigen - Verpachtung der Apotheke durch den überlebenden erbberechtigten Ehegatten bedarf der Pächter der genannten Erlaubnis nach § 1 (§ 9 Abs. 2 des Gesetzes).

Entgegen der Auffassung des FA hat das FG auch nicht Wesen und Zweck der Vorschriften der §§ 26 Abs. 1 und 28 Abs. 2 des Gesetzes über das Apothekenwesen verkannt. Nach § 26 Abs. 1 des Gesetzes gelten Personalkonzessionen, Realkonzessionen und sonstige persönliche Betriebserlaubnisse, die vor seinem Inkrafttreten erteilt worden sind, als Erlaubnisse im Sinne von § 1 und findet § 9 über die Einschränkung der Möglichkeit der Verpachtung gegenüber dem bisher geltenden Recht keine Anwendung. Nach § 28 Abs. 2 des Gesetzes bleiben die am 1. Mai 1960 bestehenden Pachtverträge bis zum Ende ihrer Gültigkeit in Kraft, auch wenn sie den Vorschriften der §§ 9 und 13 über die zwischenzeitliche Verpachtung bzw. Verwaltung der Apotheke nach dem Tode des Erlaubnisinhabers nicht entsprechen. Diese Regelung ist - unbeschadet der vom FG zitierten Ausführungen des BVerfG im Urteil vom 13. Februar 1964 (a. a. O.) über die Folgen des Erlöschens der Erlaubnis im Falle des Todes des Erlaubnisinhabers - nach Auffassung des Senats auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Nach dem Urteil des BVerfG vom 11. Juni 1958 (a. a. O.) "entspricht auf dem Gebiete des Apothekenrechts der Verfassungslage gegenwärtig allein die Niederlassungsfreiheit, verstanden als das Fehlen objektiver Beschränkungen der Zulassung". Damit erklärte das BVerfG Art. 3 Abs. 1 des (bayerischen) Gesetzes über das Apothekenwesen vom 16. Juni 1952 in der Fassung des Gesetzes vom 10. Dezember 1955 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1955 S. 267) für nichtig, der die Erteilung der Betriebserlaubnis für eine neu zu errichtende Apotheke von einer Reihe nicht allein in der Person des Apothekers gelegenen Voraussetzungen abhängig machte; es erklärte indes nicht auch damit - entgegen der Auffassung des FA - die bereits erteilten Konzessionen als solche als gegenstandslos. Dem entspricht es deshalb auch, wenn in § 26 Abs. 1 des Gesetzes über das Apothekenwesen ausgesprochen wird, daß sie als Erlaubnisse nach § 1 dieses Gesetzes "gelten", d. h. in vollem Umfang als solche Erlaubnisse zu behandeln sind. Das bedeutet aber nichts anderes als die Weitergeltung dieser Konzessionen bis zu ihrem Erlöschen, das durch die in § 3 des Gesetzes über das Apothekenwesen aufgezählten Ereignisse ausgelöst wird (siehe Schiedermair-Blanke, Kommentar zum Apothekengesetz, Anm. Allgemeines zu § 3, Anm. 3 zu § 26), zumal der Entwurf, der die ausdrückliche Aufhebung aller nach bisher geltendem Recht begründeten Rechte und erteilten Bewilligungen vorsah, nicht Gesetz geworden ist (siehe Schiedermair-Blanke, Anm. Allgemeines zu § 26).

Der Pächter einer Apotheke bedarf nach § 9 Abs. 2 des Gesetzes über das Apothekenwesen der Erlaubnis. Bei Apotheken, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes verpachtet waren, gilt die dem Pächter verliehene Betriebserlaubnis oder die Bestätigung als Pächter als Erlaubnis nach § 1 dieses Gesetzes. Denn nach § 3 des Gesetzes über die Verpachtung und Verwaltung öffentlicher Apotheken vom 13. Dezember 1935 (a. a. O.) war der Pachtvertrag genehmigungsbedürftig; der Pächter bedurfte für seine Person einer Bestätigung. Das (saarländische) Gesetz über die vorläufige Regelung der Erlaubnis zum Betrieb von Apotheken vom 14. April 1959 (a. a. O.) beließ es hierbei (siehe Schiedermair-Blanke, Anm. 1 Abs. 4 zu § 28). Diese nun als Erlaubnis geltende Bestätigung stand zunächst neben dem Apothekenbetriebsrecht des Verpächters, das jedoch seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Apothekenwesen für den Betrieb der Apotheke durch den Pächter nicht mehr entscheidend ist (siehe Schiedermair-Blanke, Anm. 18 zu § 9). Damit ist aber auch von diesem Zeitpunkt ab für die Annahme einer Pachtzahlung für die Überlassung eines Apothekenbetriebsrechts kein Raum mehr.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68698

BStBl II 1969, 740

BFHE 1970, 83

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