Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Erbschaft, Schenkung und Steuern

 

Leitsatz (amtlich)

Für das Vorliegen einer schenkungsteuerpflichtigen freigebigen Zuwendung durch freiwillig erhöhte Umstellung einer RM-Forderung in DM anläßlich der Währungsreform sind objektiv Bereicherung des Gläubigers und subjektiv der Bereicherungswille des Schuldners erforderlich.

An dem Bereicherungswillen fehlt es, wenn sich der Schuldner zu der erhöhten Umstellung für rechtlich verpflichtet gehalten hat. Jedoch wird für die Verneinung des Bereicherungswillens regelmäßig die erhöhte Umstellung einschließlich der Umstände, die zur Annahme einer rechtlichen Verpflichtung geführt haben, besonders gegründet und äußerlich, z. B. durch Schriftwechsel aus der Umstellungszeit, im Interesse der steuerlichen Klarstellung festgehalten sein müssen. Dies gilt besonders für erhöhte Forderungsumstellungen unter Familienangehörigen.

Hat das Finanzgericht das Vorliegen des Bereicherungswillens bei einer freiwillig erhöhten Forderungsumstellung bejaht, so ist der Bundesfinanzhof an die tatsächliche Feststellung gebunden, es sei denn, daß ein Rechtsverstoß zu erkennen ist.

 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Ziff. 2

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) lieh vor 1938 seinem Schwiegersohn 5.000 RM für die Bezahlung von Verbindlichkeiten an seine Lieferanten. Die Darlehnsschuld bestand noch am Währungsstichtage. Die Beteiligten vereinbarten Umstellung im Verhältnis 1 : 1 auf DM.

Das Finanzamt hat in der Umstellung, soweit sie über den im § 16 des Umstellungsgesetzes (UmstG) vorgeschriebenen Satz von 10 : 1 hinausging, eine schenkungsteuerpflichtige freigebige Zuwendung an den Bf. als vorliegend erachtet und der Schenkungsteuer unterworfen.

Der Bf. hat im Rechtsmittelverfahren das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung verneint, weil sich beide Teile darüber einig gewesen seien, daß die Wertbeständigkeit des Darlehens wegen seiner Hingabe für die Begleichung von Warenschulden sichergestellt sei, und weil das Geld bei seiner Hingabe noch seinen vollen Wert gehabt habe. Der Schuldner habe sich wirtschaftlich-rechtlich oder - so lautet die Ausdrucksweise gegenüber dem Finanzgericht - kaufmännisch-moralisch zur Umstellung im Verhältnis von 1 : 1 für verpflichtet gehalten. Auf den Vorhalt des Finanzamts vom 9. Januar 1954, der Bf. habe, worauf es steuerrechtlich allein ankomme, nie behauptet, der Darlehnsempfänger habe sich rechtlich zur Umstellung im Verhältnis 1 : 1 für verpflichtet gehalten, und es fehlten auch Anhaltspunkte für eine rechtliche Verpflichtung, hat der Bf. in seinem Schriftsatz vom 3. März 1954 an das Finanzgericht mitgeteilt, die Parteien hätten die Umstellung der Darlehnsschuld zu ihrem vollen Betrage als selbstverständlich angesehen und sie demzufolge nach der Währungsumstellung vereinbart. Die DM-Eröffnungsbilanz, die diese Umstellung berücksichtigte, sei zu Beginn des Jahres 1950 aufgestellt worden.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht hat ausgeführt, eine steuerpflichtige freigebige Zuwendung liege dann vor, wenn der Empfänger objektiv bereichert sei und der Zuwendende seine Bereicherung gewollt habe. Im vorliegenden Falle sei der Bf. objektiv bereichert, weil der Darlehnsnehmer in eine Umstellung im Verhältnis 1 : 1 gewilligt habe, obwohl nach § 16 UmstG die Umstellung lediglich im Verhältnis 10 : 1 hätte zu erfolgen brauchen. Angesichts der Eindeutigkeit der Rechtslage hätten sich die Beteiligten nicht im Unklaren darüber sein können, daß es an einem Rechtsgrunde für eine höhere Umstellung als diejenige im Verhältnis 10 : 1 gefehlt habe. Das Finanzgericht hat deshalb die Behauptung des Bf., der Darlehnsschuldner habe sich zu der Umstellung im Verhältnis 1 : 1 rechtlich für verpflichtet gehalten, nicht geglaubt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Bf. Der Bf. hat auf sein früheres Vorbringen Bezug genommen und betont, der Schuldner sei zur Umstellung im Verhältnis 1 : 1 rechtlich verpflichtet gewesen, weil er sich für die Wertbeständigkeit des Darlehens verbürgt habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Ausführungen des Finanzgerichts über die Voraussetzungen einer steuerpflichtigen freigebigen Zuwendung lassen einen Rechtsirrtum nicht erkennen. In tatsächlicher Hinsicht, insbesondere auf dem Gebiete der Beweiswürdigung, ist der Senat nach § 296 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) an die Feststellungen des Finanzgerichts gebunden. Das Finanzgericht konnte bei der Würdigung des ihm vorgetragenen Sachverhalts ohne Rechtsverstoß zu der überzeugung kommen, daß sich der Darlehnsempfänger zwar kaufmännisch-moralisch, aber nicht rechtlich zu einer höheren Umstellung als 10 : 1 für verpflichtet gehalten hat, zumal der Bf. seine Angaben in dieser Richtung erst vor dem Finanzgericht auf den Vorhalt des Finanzamts vom 9. Januar 1954 präzisiert hat. Das Finanzgericht konnte zu dieser Auffassung im vorliegenden Falle um so eher gelangen, als die Vertragsparteien zur Zeit der Darlehnshingabe - vor 1938 - an die Währungsumstellung vom 21. Juni 1948 so, wie sie vor sich gegangen ist, nicht haben denken können, und weil eine äußere Festhaltung der behaupteten Sonderabrede, z. B. durch Schriftwechsel, wie man sie bei solcher Abmachung unter Familienmitgliedern im Interesse der steuerlichen Klarstellung der Verhältnisse erwarten muß, unterblieben ist.

Daher ist die Rb. mit der Kostenfolge des § 307 AO als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408208

BStBl III 1955, 231

BFHE 1956, 86

BFHE 61, 86

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