Entscheidungsstichwort (Thema)
"Bewohnt" i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GrEStEigWoG
Leitsatz (NV)
1. Bewohnt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GrEStEigWoG) wird eine Wohnung stets dann, wenn der Inhaber in ihr sein Heim hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 1981 II R 131/80, BFHE 132, 490, BStBl II 1981, 330).
2. Das bedeutet, daß nicht auf die melderechtliche Lage abgestellt werden kann, sondern daß der Erwerber tatsächlich die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzen muß, die Wohnung also weder leersteht, noch an andere Personen vermietet ist.
3. Die wohnliche Nutzung muß grundsätzlich die gesamte Wohnung umfassen.
4. Der Aufenthalt in einem - möglicherweise stets wechselnden - Raum zur Durchführung von Renovierungsarbeiten kann dann nicht den Tatbestand des Bewohnens der Wohnung erfüllen, wenn dies der Hauptzweck des Aufenthalts ist und die Renovierung jeweils zum Zwecke der Vermietung des entsprechenden Raumes erfolgt.
Normenkette
GrEStEigWoG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3
Tatbestand
Der Erwerb des Grundstücks X-Straße 6 in Z durch den Kl. mit Vertrag vom 11. Juli 1977 wurde vom FA antragsgemäß vorläufig von der GrESt freigestellt. Da das FA im Zuge der Überwachung zu der Überzeugung gekommen war, der Kl. habe keine der beiden Wohnungen des Zweifamilienhauses innerhalb von fünf Jahren ein Jahr ununterbrochen bewohnt, setzte es mit Bescheid vom 28. April 1982 GrESt und Zinsen nach § 3 GrEStEigWoG gegen den Kl. fest. Der Einspruch blieb erfolglos. Das FG hat die Klage abgewiesen.
Während des Laufs des Revisionsverfahrens hat der Kl. beantragt, die Vollziehung des angefochtenen Bescheids auszusetzen. Zur Begründung wird ausgeführt, Tatsache sei, daß der Kl. ein Jahr lang eine Wohnung des erworbenen Gebäudes ununterbrochen bewohnt habe mit der Folge, daß das finanzgerichtliche Urteil von dieser Tatsache so lange auszugehen habe, bis es nicht selbst das Gegenteil in seinem Urteil feststelle. Außerdem sei der Kl. zur Zeit nicht in der Lage, den Steuerbetrag aufzubringen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist zwar zulässig, aber unbegründet. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen GrESt- und Zinsbescheides, die nach § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 FGO die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigten, sind ebensowenig zu erkennen, wie davon ausgegangen werden kann, daß die Vollziehung des Bescheides eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für den Kl. zur Folge hätte.
1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GrEStEigWoG war von der GrESt auf Antrag der Erwerb eines Grundstücks mit einem Zweifamilienhaus ausgenommen, wenn mindestens eine Wohnung vom Erwerber oder den sonst dort genannten Personen binnen fünf Jahren mindestens ein Jahr ununterbrochen bewohnt wird und das Zweifamilienhaus zu mehr als 66 2/3 v. H. Wohnzwecken dient. Nach § 2 Nr. 2 GrEStEigWoG ist der Erwerber eines Grundstücks, der diese Steuerbefreiung in Anspruch genommen hat, verpflichtet, spätestens einen Monat nach Ablauf der Fünfjahresfrist nachzuweisen, daß die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind. Werden die Steuerbefreiungsvoraussetzungen nicht erfüllt, so entfällt nach § 3 Abs. 1 GrEStEigWoG die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit. Die Steuer ist dann nach Maßgabe von § 3 Abs. 2 GrEStEigWoG zu verzinsen.
Zutreffend konnte das FG - an dessen Feststellungen der BFH auch bei der Entscheidung im Vollziehungsaussetzungsverfahren als Nebenverfahren zu einer Revision gebunden ist (vgl. Beschluß des BFH vom 21. November 1973 I S 8/73, BFHE 110, 498, BStBl II 1974, 114) - davon ausgehen, daß der Kl. bei der besonderen Fallgestaltung nicht den ihm obliegenden Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erbracht habe. Bewohnt wird eine Wohnung stets dann, wenn der Inhaber in ihr sein Heim hat (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 1981 II R 131/80, BFHE 132, 490, BStBl II 1981, 330). Das bedeutet einmal, daß nicht auf die melderechtliche Lage abgestellt werden kann, sondern daß der Erwerber die Wohnung tatsächlich zu eigenen Wohnzwecken nutzen muß, die Wohnung also weder leersteht noch an andere Personen vermietet ist. Zum anderen bedeutet es, daß die wohnliche Nutzung grundsätzlich die gesamte Wohnung umfassen muß.
Der Aufenthalt in einem - möglicherweise stets wechselnden - Raum zur Durchführung von Renovierungsarbeiten kann dann nicht den Tatbestand des Bewohnens der Wohnung erfüllen, wenn dies der Hauptzweck des Aufenthalts ist und die Renovierung jeweils zum Zwecke der Vermietung des entsprechenden Raums erfolgt. Denn das Gesetz geht von der eigenwohnlichen Nutzung der Wohnung über einen ununterbrochenen Zeitraum von einem Jahr aus. Das FG konnte aufgrund der eindeutigen, dem Kl. vorgelesenen und von ihm genehmigten Einlassung auch davon ausgehen, daß die Einzelraumvermietung der mit dem Erwerb verfolgte endgültige Zweck war. Anhand der vom Kl. im Einkommensteuer- und Einheitswertverfahren abgegebenen Erklärungen konnte das FG auch davon ausgehen, daß er die renovierten Räume alsbald vermietete und sein Aufenthalt in dem Erwerbsanwesen nur der Durchführung der Renovierungsarbeiten diente und sich allenfalls auf einen Raum bezogen hat. Die Nutzung eines Raumes allein bei dem vorgegebenen Zweck stellt aber nicht das Innehaben eines Heimes im Sinne des Bewohnens ,,mindestens einer Wohnung" i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GrEStEigWoG dar. Der Kl. irrt, wenn er meint, das FG habe von der Tatsache ausgehen müssen, daß er (der Kl.) im ersten Obergeschoß des Hauses gewohnt habe, und das Gegenteil feststellen müssen. Es oblag allein dem Kl., den Nachweis der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung zu erbringen (§ 2 Nr. 2 GrEStEigWoG), so daß es angesichts der nicht aufklärbaren Widersprüche genügte, schlüssig darzulegen - wie es das FG getan hat -, daß der Kl. diesen Nachweis nicht geführt habe.
2. Soweit der Kl. Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte begehrt, hat er sein Vorbringen nicht näher substantiiert. Allein der Hinweis darauf, daß er zur Zeit den Steuerbetrag nicht aufbringen könnte, ist nicht ausreichend.
Fundstellen
Haufe-Index 414460 |
BFH/NV 1987, 533 |