BMF, Schreiben v. 17.10.2007, IV B 7 - S 2800/07/0001, BStBl I 2007, 766

Bezug: BMF-Schreiben vom 14.9.2007, IV B 7 – S 2800/07/0001 (2007/0402143)

Der BFH hat mit Urteil vom 9.8.2006, BStBl 2007 I S.… als Reaktion auf das Urteil des EuGH vom 23.2.2006 (CLT-UFA) entschieden, dass der von einer ausländischen EU-Kapitalgesellschaft durch eine Zweigniederlassung im Inland erzielte Gewinn unter Anwendung der Grundsätze der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 und 48 EG bzw. vormals Art. 52 und 58 EGV) mit dem Steuersatz zu besteuern ist, der unter vergleichbaren Umständen bei Gewinnen einer inländischen Tochtergesellschaft, die ihre Gewinne voll ausschüttet („Ausschüttungsfiktion”), angewandt würde.

Die Grundsätze des BFH-Urteils sind nach dem Ergebnis einer Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder nach Maßgabe der folgenden Ausführungen über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden.

 

1. Geltungsbereich

Die Urteilsgrundsätze sind in allen offenen Fällen von beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften anzuwenden, deren Sitz oder Geschäftsleitung in einem EU/EWR-Mitgliedstaat liegt (EU/EWR-Kapitalgesellschaft) und die Gewinne in einer inländischen Betriebsstätte erzielen.

 

2. Steuerbelastung der Betriebsstätteneinkünfte

Die Steuerbelastung für inländische Betriebsstätteneinkünfte von EU/EWR-Kapitalgesellschaften ergibt sich auf der Grundlage des maßgebenden Ausschüttungssteuersatzes auf das zu versteuernde Einkommen zuzüglich darin nicht enthaltener Betriebsvermögensänderungen im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG a.F., einer zusätzlichen Körperschaftsteuerbelastung auf nicht abziehbare Aufwendungen, der Kapitalertragsteuer auf den als ausgeschüttet geltenden Gewinn und dem maßgebenden Solidaritätszuschlag auf die Körperschaftsteuer.

Sie berechnet sich wie folgt:

  • Auf das zu versteuernde Einkommen zuzüglich der darin nicht enthaltenen Betriebsvermögensänderungen im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG a.F. für das laufende Wirtschaftsjahr (z.B. Investitionszulagen) = Bemessungsgrundlage (BMG) ist der für den jeweiligen Veranlagungszeitraum maßgebende Steuersatz nach § 27 Abs. 1 KStG a.F. (Ausschüttungssteuersatz) anzuwenden (zuzüglich maßgebender Solidaritätszuschlag).
  • Die Steuerbelastung erhöht sich, sofern im zu versteuernden Einkommen nichtabziehbare Ausgaben i.S. des § 31 Abs. 1 Nr. 4 KStG a.F. enthalten sind. Zu diesen rechnet auch der Solidaritätszuschlag. Die nichtabziehbaren Ausgaben stehen für eine Ausschüttung im Sinne der „Ausschüttungsfiktion” des BFH-Urteils nicht zur Verfügung. Die Steuererhöhung auf die nicht abziehbaren Ausgaben ergibt sich aus der entsprechenden Spalte der nachfolgend enthaltenden Tabelle. Auf die Ermittlung eines Solidaritätszuschlags auf diesen Mehrbetrag wird aus Vereinfachungsgründen verzichtet.
  • Nach der „Ausschüttungsfiktion” des BFH-Urteils gilt der Unterschiedsbetrag zwischen dem handelsrechtlichen Betriebsvermögen am Schluss des letzten im maßgebenden Veranlagungszeitraum endenden Wirtschaftsjahrs der Betriebsstätte und dem handelsrechtlichen Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs als zum Ende des Veranlagungszeitraums ausgeschüttet. Bei abweichenden Wirtschaftsjahren oder bei Rumpfwirtschaftsjahren gilt der Schluss des Wirtschaftsjahrs als Ausschüttungszeitpunkt.

    Der Ausschüttungsbetrag unterliegt – unter Berücksichtigung der Mutter/Tochter/Richtlinie oder eines im Einzelfall maßgebenden Doppelbesteuerungsabkommens – der für den jeweiligen Veranlagungszeitraum maßgebenden Kapitalertragsteuer für Dividenden.

    Für Ausschüttungen im Veranlagungszeitraum 1996 an Gesellschaften, die Muttergesellschaften i.S.d. Mutter/Tochter/Richtlinie sind, gilt der Ausschüttungsbetrag im Hinblick auf § 44d Abs. 1 Satz 3 EStG in der für 1996 geltenden Fassung als anteilig zugeflossen, sofern die beschränkte Steuerpflicht nicht erst im zweiten Halbjahr eintrat; siehe auch Beispiel 2.

Die Steuerbelastung darf den Betrag nicht übersteigen, der sich unter Berücksichtigung des Betriebsstättensteuersatzes auf das zu versteuernde Einkommen oder für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 unter Berücksichtigung des Steuersatzes nach § 23 Abs. 1 KStG auf das zu versteuernde Einkommen ergibt.

Die Gesamtsteuerbelastung einer Betriebsstätte nach den Urteilsgrundsätzen berechnet sich wie folgt:

Gesamtsteuerbelastung E = A + B + D, wobei

– D I = Differenzbetrag von dem maßgebenden Thesaurierungssteuersatz i.S. des § 23 Abs. 1 Ausschüttungssteuersatz
– D II

=

Differenzbetrag von 100 und dem maßgebenden Thesaurierungssteuersatz i.S. des § 23 Abs. 1 KStG a.F.
– BMG * Ausschüttungssteuersatz = A (vorläufige Steuerbelastung)
– na A (Nichtabziehbare Ausgaben) * (D I/ D II) = B (Körperschaftsteuererhöhung)
– BMG – A – B – na A = C (fiktive Ausschüttung)
– C * Kapitalertragsteuersatz = D (Kapitalertragsteuer)
– A + B + D = E (Gesamtsteuerbelastung)

Bei der Berechnung sind folgende Steuersätze zu Grunde zu legen:

Veranlagungszeitraum Ausschüttungssteuersatz Thesaurierun...

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