Rz. 15

Eine wichtige Ausnahme vom Abzugsverbot außergewöhnlicher Belastungen aufgrund der Gegenwartlehre ist der sog. verlorene Aufwand. Ein Abzug als außergewöhnliche Belastung ist demnach möglich, wenn bei dem zugrunde liegenden Sachverhalt ein für den Stpfl. existenziell bedeutsamer Bereich betroffen ist und die Aufwendungen auf einem unabwendbaren Ereignis beruhen[1] bzw. medizinisch indiziert sind.[2] Der verlorene Aufwand gilt insoweit als Korrektiv, das die Bedeutungslosigkeit eines Gegenwerts für den Stpfl. berücksichtigt.[3] Es liegt keine reine Vermögensumschichtung vor[4], vielmehr wird ein entstandener Schaden beseitigt, der aus einer vom Stpfl. unverschuldeten und unabwendbaren Situation entstanden ist. Darunter fallen insbesondere Schäden, die durch Naturkatastrophen verursacht werden (Brand, Überflutung etc.).

Basiert der Schaden auf einem unabwendbaren Ereignis, hat die Finanzverwaltung in R 33.2 EStR 2012 einen umfangreichen Katalog der zu erfüllenden Voraussetzungen aufgestellt. Insbesondere wird gefordert, dass kein Verschulden des Stpfl. (z. B. Unterlassen von Schutzmaßnahmen) vorliegt, der Stpfl. tatsächlich Aufwendungen zu tragen hat (der Eintritt eines Schadens allein soll nicht ausreichen, vielmehr muss dieser auch beseitigt werden) und eine Schadenbeseitigung innerhalb von 3 Jahren nach dem schädigenden Ereignis erfolgt. Auch wird verlangt, dass lediglich der Ursprungszustand wieder hergestellt wird, eine Werterhöhung soll nicht berücksichtigungsfähig sein. Dies ist m. E. allerdings insoweit kritisch zu sehen, als eine eingetretene Werterhöhung auf der Erneuerung des Vermögensgegenstands beruht.[5] Der verlorene Aufwand ist gerade eine Ausnahme zur Gegenwertlehre, die auf dem Gedanken der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen zur Sicherung der Existenz des Stpfl. beruht. Ein Ausschluss des Abzugs derart zwangsläufig entstandener Aufwendungen widerspricht dem Zweck der Vorschrift und sollte dementsprechend ausscheiden. Nur soweit die Werterhöhung auf einer Standardhebung beruht, sollte ein Abzug ausgeschlossen sein.

 

Rz. 16

Fraglich ist, ob bei gemischten Aufwendungen eine Aufteilung dahingehend erfolgen muss, welche Kosten als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind und welche nicht. In einem früheren Urteil hatte der BFH eine derartige Aufteilung noch abgelehnt.[6] Wird indes eine Parallele zu gemischten Aufwendungen i. S. d. § 12 Nr. 1 EStG gezogen, würde die Änderung der Rspr. vom Aufteilungsverbot zum Aufteilungsgebot[7] auch für außergewöhnliche Belastungen gelten. M. E. ist kein Grund ersichtlich, warum eine derartige Aufteilung bei der Anwendung des § 33 EStG nicht gelten sollte, zumal der Abzug außergewöhnlicher Aufwendungen ohnehin durch die allgemeinen Tatbestandsmerkmale sowie die Gegenwartslehre eingeschränkt wird.

[3] Kanzler, in H/H/R, EStG/KStG, § 33 EStG Rn. 38.
[4] So auch Heger, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 33 EStG Rz. 61; BFH v. 6.5.1994, III R 27/92, BStBl II 1995, 104, Haufe-Index 65281.
[5] So auch Brockmeyer, DStZ 1998, 214.

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