rechtskräftig; Nichtzulassungsbeschwerde unbegründet durch BFH Beschluss IX B 157/10 vom 8. 6. 2011

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösung einer GmbH durch Gesellschafterbeschluss und Verlustentstehungszeitpunkt bei Begleichung der Verbindlichkeiten der GmbH durch Gesellschafter

 

Leitsatz (amtlich)

Nachträgliche Anschaffungskosten eines Gesellschafters für die Begleichung von Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber Dritten entstehen erst, wenn und soweit der Gesellschafter zur Begleichung dieser Verbindlichkeiten tatsächlich in Anspruch genommen wird bzw. ernstlich mit der Inanspruchnahme rechnen muss (z.B. als Sicherungsgeber) oder diese Verbindlichkeiten - ohne zuvor begründete Verpflichtung - tatsächlich begleicht.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 2, 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 08.06.2011; Aktenzeichen IX B 157/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und ggf. in welcher Höhe der Kläger im Streitjahr 2001 einen Verlust nach § 17 Abs. 4 Einkommensteuergesetz - EStG - geltend machen kann und ob deshalb ein zum 31. Dezember 2001 verbleibender Verlustvortrag nach § 10 d Abs. 4 EStG festzustellen ist.

Der Kläger ist verheiratet und wird im Jahr 2001 gemäß § 26 a EStG getrennt zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit als Dekorateur, gewerbliche Einkünfte aus einem Innendekorationsbetrieb, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte aus dem Bezug einer Altersrente. In seiner Einkommensteuererklärung für 2001 machte er u. a. einen Verlust aus der Liquidation der Firma H Innendekoration GmbH in Höhe von 347.031 DM (Stammkapital 50.000 DM + 297.030,61 DM „Verbindlichkeiten gegenüber Geschfhr.“) geltend.

Der Kläger war seit der Gründung der GmbH (6. Januar 1981) und bis zum Beschluss über die Auflösung der GmbH vom 19. Februar 2001 (Bl. 91 f. der Einkommensteuerakte 2001) Alleingesellschafter der GmbH. Laut „Liquidationseröffnungsbilanz zum 30.06.2001“ - auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Blatt 2 ff. der Bilanzakte 2001) - betrug der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag 297.030,61 DM. Auf der Passivseite wurden unter anderem „Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten“ i.H.v. 281.705,14 DM (Sparkasse R und Daimler Benz) und „Sonstige Verbindlichkeiten“ (u.a. „Verrechnungskonto M. H.“ und „Darl. M. H.“) i.H.v. insgesamt 163.630,06 DM ausgewiesen. Auf der Aktivseite der Bilanz wurde kein Anlagevermögen aufgeführt, nur Umlaufvermögen (u.a. „Forderungen aus Lieferungen und Leistungen“ i.H. von insgesamt 153.557,34 DM).

Mit Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 16. Dezember 2003, der nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO teilweise vorläufig und nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, wurde die Einkommensteuer auf 0 € festgesetzt (Gesamtbetrag der Einkünfte 18.853 DM) und in den Erläuterungen u.a. ausgeführt, dass nach § 17 EStG nur das verlorene Stammkapital in Höhe von 50.000 DM steuerlich anerkannt werden könne. Die erklärten „Verbindlichkeiten gegenüber Geschfhr. 297.030,61 DM“ könnten nicht berücksichtigt werden, weil es sich um Verlustvorträge bzw. Fehlbeträge der GmbH handele und der Nachweis nicht erbracht worden sei, dass der Kläger diesen Verlust durch Einzahlungen aus dem Privatvermögen ausgeglichen habe.

Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2004 beantragte der Kläger den Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides auf den 31. Dezember 2001 und machte u.a. geltend, dass das Stammkapital i.H.v. 50.000 DM im Einkommensteuerbescheid nicht erfasst sei.

In einem Telefonat vom 12. Februar 2004 erläuterte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass der Verlust nach § 17 EStG (= Stammkapital) mit dem Gewinn aus dem Einzelunternehmen des Klägers (Firma M. H. Innendekoration) i.H.v. 41.229 DM verrechnet worden sei (veranlagte Einkünfte aus Gewerbebetrieb ./. 8.771 DM).

Am 23. April 2004 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, den Einkommensteuerbescheid für 2001 nach § 164 Abs. 2 AO zu ändern, und machte geltend, den in Anlage beigefügten Unterlagen (zwei Schreiben der Sparkasse R und ein „Kauf- und Darlehensvertrag“ mit Datum vom 2. Januar 1981, Blatt 53 bis 55 der ESt-Akte 2001) sei zu entnehmen, dass der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer zur Schuldenübernahme der GmbH verpflichtet sei. Dementsprechend handele es sich um folgende Verluste nach § 17 EStG:

Stammkapital

50.000,00 DM

Darlehen

83.824,20 DM

Kontokorrentkredit

182.687,04 DM

Darlehen M. H.

67.538,90 DM

Gesamt

384.050,14 DM

Die Liquidationseröffnungsbilanz zum 30.06.2001, die zugleich das Liquidationsergebnis darstelle, lasse erkennen, dass beim Kläger nach Verrechnung mit allen offenen Positionen ein Betrag in Höhe von 347.030,61 DM verbleibe, den er aus seinem privaten Vermögen zu begleichen gehabt habe.

Die beiden vorgelegten Schreiben der Sparkasse R datieren beide vom 21. Mai 2001. Ein Schreiben ist an den Kläger persönlich und ein Schreiben ist an die GmbH i.L. bzw. den Kläger als Liquidator gerichtet. In dem Schreiben an den Kläger wir...

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