Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungsbescheid, Vermächtnisnehmer, Nichtigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Feststellungsbescheid über einen Grundbesitzwert für Zwecke der Erbschaftsteuer, dessen Inhaltsadressat nur einer von mehreren Vermächtnisnehmern ist, ist mangels inhaltlicher Bestimmtheit nichtig i.S.v. § 125 Abs. 1 AO.
2) Gegenüber einem Vermächtnisnehmer ist kein eigenständiger Feststellungsbescheid zu erlassen. Zutreffender Inhaltsadressat eines solchen Bescheides ist der Erbe als Erwerber des Grundbesitzes. Der Vermächtnisnehmer ist in diesem Bescheid zu benennen.
Normenkette
AO § 125 Abs. 1; BewG § 151 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 154 Abs. 1 Nr. 3; AO § 119 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes für Zwecke der Erbschaftsteuer.
Am 00.00.2015 ist M 2 verstorben. Zu seinem Alleinerben setzte er seinen Sohn M 3 ein, der auch zum Testamentsvollstrecker bestimmt war. Für seinen Sohn M 1, den Kläger, und seine Töchter M 4 und M 5 setzte er Vermächtnisse aus u. a. mit dem Inhalt, dass das ihm gehörende Grundstück A-Straße 1 in R zu gleichen Teilen auf die drei Vermächtnisnehmer übergehen solle.
Das Finanzamt T, das für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständig ist, fragte beim Beklagten nach den Grundbesitzwerten für verschiedene Grundstücke für Erbschaftsteuerzwecke an. Die Anfrage beinhaltet auch das Grundstück A-Straße 1, um das es im Klageverfahren geht. Das Finanzamt gab weiter in der Anfrage an, dass das Grundstück von dem Erblasser auf M 3 übergegangen sei. In der Anfrage wird nachrichtlich mitgeteilt, dass in dem Erbschaftsteuerfall Steuerberater O & Partner beteiligt seien. Es wird weiter mitgeteilt, dass das Grundstück der Testamentsvollstreckung unterliege und M 3 Testamentsvollstrecker sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anfrage vom 05.06.2013 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 08.07.2013 forderte der Beklagte den Prozessbevollmächtigten auf, eine Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwerts abzugeben und gab als Steuerpflichtigen „M 3 … bzw. die Vermächtnisnehmer” an. Angegeben sind neben dem Grundstück A-Straße 1 die weiteren im Bezirk des Beklagten belegenen Grundstücke, die zum Nachlass des Erblassers gehörten. In dem Anschreiben vom 08.07.2013 heißt es u. a.: Da die jeweiligen Vermächtnisnehmer die Schuldner der Erbschaftsteuer seien, würden die Bescheide auch an sie bekannt gegeben.
In der Akte befindet sich ein Vermerk vom 11.06.2014, dass die Erbschaftsteuerstelle irrtümlich Bedarfswerte für den Alleinerben M 3 angefordert habe. Es sollten jedoch die Bedarfswerte für die Vermächtnisnehmer ermittelt werden. Bezug genommen wird auf eine telefonische Rücksprache mit Frau E vom Erbschaftsteuerfinanzamt T vom 11.06.2014.
Am 20.09.2013 ist eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts abgegeben worden. Die Erklärung ist unterschrieben vom Kläger und von M 5. Nach der Erklärung soll der Bescheid an O & Partner, die Prozessbevollmächtigten, bekannt gegeben werden.
Der Beklagte stellte den Bedarfswert des Grundstücks auf 390.769 Euro fest. Er erließ 4 Bescheide, einen Bescheid gerichtet an den Erben, M 3, dem ein Anteil von 1/1 zugerechnet wird. Die anderen Bescheide enthalten als Inhaltsadressaten jeweils den Vermächtnisnehmer, dem im Bescheid ein Anteil von 1/3 zugerechnet wird. Alle 4 Bescheide sind den Prozessbevollmächtigten als Empfangsbevollmächtigte bekannt gegeben worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheide über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 00.00.2012 für Zwecke der Erbschaftsteuer vom 29.12.2014 Bezug genommen.
Gegen den Bescheid vom 29.12.2014 ist von den Prozessbevollmächtigten Einspruch eingelegt worden für M 3. Die angegebene Steuernummer betrifft allerdings die Vermächtnisnehmerin M 5. Auf dem Einspruchsschreiben vom 07.01.2015 befindet sich eine handschriftliche Abänderung in die Steuernummer von M 3 mit dem Hinweis, „lt. tel. Einverständnis des Herrn O sen.”.
Mit Schreiben vom 12.03.2015 teilte im Einspruchsverfahren von M 3 der Prozessbevollmächtigte mit, dass die Vermächtnisnehmer entschlossen seien, die Immobilie zu veräußern. Es werde gebeten, den Einspruch gegen den Bedarfswertbescheid zunächst ruhen zu lassen.
Der Beklagte forderte vom Klägervertreter eine Vollmacht von M 3 an, da die Begründung des Einspruchs sich auf die Steuernummer der Vermächtnisnehmerin M 5 beziehe. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wies mit Schreiben vom 06.05.2015 darauf hin, dass ihm die Bescheide über die Bedarfsbewertung für den Erben und die für die Vermächtnisnehmer vorlägen, die ihm als Empfangsbevollmächtigten bekannt gegeben worden seien. Es sei bei dieser Sachlage nur gegen den an M 3 adressierten Bescheid gleichen Inhalts Einspruch eingelegt worden, weil er alleiniger Erbe sei und die Bedarfsbewertung seines Erachtens zu Recht gegen den Erben gerichtet worden sei. M 3 habe als Erbe die Vermächtnisse zu erfüllen und habe dies ansc...