Entscheidungsstichwort (Thema)

Spendenabzug. keine rückwirkende „Heilung” einer unberechtigt erteilten Spendenbescheinigung. Rechtserheblichkeit neuer Tatsachen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Zuwendungsbestätigung, die von einer Körperschaft ausgestellt wird, die im maßgeblichen Zeitpunkt der Ausstellung bereits dem Grunde nach zu einer solchen Handlung nicht befugt ist, kann nicht Grundlage für die Erlangung des Sonderausgabenabzugs sein.

2. Eine Zuwendungsbestätigung, zu deren Ausstellung die Stiftung seinerzeit keine Befugnis hatte, wird nicht – rückwirkend – dadurch ordnungsgemäß, dass sich im weiteren Verlauf herausstellt, dass die Stiftung im Jahr der Zuwendung gemeinnützig war und hierüber eine vorläufige Bescheinigung ausgestellt wurde.

3. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 AO scheidet aus, wenn die Unkenntnis der später bekannt gewordenen Tatsache für die ursprüngliche Veranlagung nicht ursächlich (rechtserheblich) gewesen ist.

 

Normenkette

EStG § 10b Abs. 1 S. 1; EStDV § 50 Abs. 1; AO § 173 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.12.2017; Aktenzeichen X R 46/16)

BFH (Urteil vom 12.12.2017; Aktenzeichen X R 46/16)

 

Tenor

Die Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009 vom 11.05.2012 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger beantragte mit der am 27.03.2009 beim Beklagten eingegangenen Steuererklärung für 2008 die Berücksichtigung einer Spende in den Vermögensstock einer Stiftung in Höhe von 73.850 EUR von insgesamt 75.000 EUR. Hierzu legte der Kläger eine Zuwendungsbescheinigung der B. Stiftung unter der Stiftung „C.” vom 24.12.2008 vertreten durch die Stiftungsträgerin D. GmbH vor. Als Tag der Zuwendung ist der 23.12.2008 benannt und es wird auf die vorläufige Bescheinigung des Finanzamts G. vom 16.01.2009 Bezug genommen, wonach die Stiftung ab dem 22.12.2008 als steuerbegünstigten Zwecken dienend anerkannt sei, welche ebenfalls in Kopie beigefügt war.

Der Beklagte veranlagte den Kläger zur Einkommensteuer 2008 mit Bescheid vom 29.05.2009 erklärungsgemäß.

Mit Bescheid vom 01.07.2010 veranlagte der Beklagte den Kläger zur Einkommensteuer 2009 mit Bescheid vom 01.07.2010 unter Berücksichtigung von Spenden bei Stiftungsgründung in Höhe von 1.150 EUR (Restspende von den 75.000 EUR). Der Erklärung war der Freistellungsbescheid für die B. Stiftung zur Körperschafsteuer und Gewerbesteuer 2008 vom 10.03.2010 beigefügt.

Im April 2012 teilte die Steuerfahndungsstelle des FA H. dem Beklagten mit, dass es sich bei der B. Stiftung nach ihren Ermittlungen nicht um eine Stiftung im eigentlichen Sinne, sondern um ein Anlagemodell am grauen Kapitalmarkt in Form eines Schneeballsystems handele. Nach der beigefügten Stiftungsvereinbarung (Angebot) vom 22.12.2008 hat der Kläger der D. GmbH (Stiftungsberater E.) gegenüber erklärt, einen Stiftungsvertrag über 75.000 EUR durch Schenkung unter Auflage abschließen zu wollen. Der Stiftungsvertrag sollte mit Eingang des Stiftungskapitals auf dem Konto der D. GmbH sowie mit der Annahmeerklärung der Stiftungsträgerin zustande kommen. Die B. Stiftung (vertreten durch die D. GmbH) gewährte dem Kläger noch am 22.12.2008 ein Darlehen über 65.430 EUR. Das Darlehen war über die Laufzeit von 10 Jahren mit 5 % jährlich zu verzinsen. Zur Sicherung des Darlehens wurde am gleichen Tag eine separate Abtretungsvereinbarung getroffen, wonach der Kläger an die Stiftung 10.000 EUR DDF II und 57.500 EUR Cash/Festgeld übertrug. Der am 29.12.2008 von der Stiftungsträgerin unterzeichnete Stiftungsvertrag weist unter § 2 Regelungen zum Unterhalt des Stifters aus. Danach sollte der Stifter auf Antrag aus den jährlich erwirtschafteten Erträgen seiner Stiftung Unterhalt bis zu einer Höhe erhalten, die nicht zur Gefährdung der Gemeinnützigkeit führt.

Mit nach § 173 Abs.1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geändertem Einkommensteuerbescheiden 2008 und 2009 – jeweils vom 11.05.2012 – ließ der Beklagte die als Sonderausgaben geltend gemachten Beträge im Zusammenhang mit der Stiftung nunmehr unberücksichtigt. Nach Feststellung des Finanzamts H. handele es sich bei dem als Sonderausgabe geltend gemachten Betrag nicht um eine Zahlung an eine Stiftung. Eine entsprechende Bescheidänderung sei vorgenommen.

Im Rahmen der außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren machte der damalige Bevollmächtigte geltend, die Zuwendung an die Stiftung sei uneigennützig erfolgt. Der Kläger habe auf die Richtigkeit der Spendenbescheinigung vom 23.12.2008 vertraut und vertrauen dürfen. Der Treuhänder bzw. unter Auflage beschenkte Empfänger, die D. GmbH habe bei Hingabe der Zuwendung keine unseriösen Anzeichen gezeigt. Der möglicher Weise zwischenzeitliche Entzug der Gemeinnützigkeit sei nicht geeignet, einen Steuerabzug rückgängig zu machen. Wie sich aus den Strafakten zum Treuhänder ergäbe, sei die Ei...

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