Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsbescheid
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Gegen diese Entscheidung wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin war an der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts H. und B. GbR beteiligt. Über das Vermögen des Gesellschafters H. ist am 27. Oktober 1988 der Konkurs eröffnet worden.
Aufgrund des Ergebnisses einer im August 1988 abgeschlossenen Betriebsprüfung ergingen gegen die GbR (jeweils auch z. Hd. der Klägerin) folgende Umsatzsteuerbescheide:
1980 Bescheid vom 02. Januar 1989, der durch die Rücknahme des Einspruchs mit Schreiben vom 28. November 1995 unanfechtbar wurde;
1981 Bescheid vom 02. Januar 1989, der ebenfalls durch die Rücknahme des Einspruchs mit Schreiben vom 28. November 1995 unanfechtbar wurde;
1982 Bescheid vom 02. Januar 1989, gegen die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 06. September 1994 wurde keine Klage erhoben;
1983 Bescheid vom 02. Januar 1989 und 22. September 1989, gegen die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 22. September 1994 wurde keine Klage erhoben;
1984 Bescheid vom 29. Dezember 1988, die gegen diese Festsetzung gerichtete Klage wurde abschließend mit Beschlüssen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. Mai 1994 abgewiesen.
Alle Bescheide enthalten kein Leistungsgebot. Der Beklagte ging von der Möglichkeit aus, die festgesetzte Schuld mit Erstattungsansprüchen der Klägerin zu verrechnen. Gegenüber dieser waren Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1980 bis 1984 aufgehoben worden.
Der Beklagte erließ am 11. August 1994 gegen die Klägerin einen Haftungsbescheid über folgende Umsatzsteuer-Rückstände der GbR:
Umsatzsteuer 1980 |
571.114 DM |
Umsatzsteuer 1981 |
42.024 DM |
Umsatzsteuer 1982 |
594 DM |
Umsatzsteuer |
14.475 DM |
Umsatzsteuer 1984 |
6.701 DM |
|
634.908 DM |
Der Haftungsbescheid enthält eine „Zahlungsaufforderung” mit dem Hinweis auf eine Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen der Klägerin.
Gegen den Haftungsbescheid richtet sich die nach erfolglos gebliebenem Einspruch erhobene Klage. Die Klägerin beantragt sinngemäß dessen Aufhebung.
Zur Begründung ist für die Klägerin im Klage- und Aussetzungsverfahren vorgetragen, die Haftungsansprüche gegen sie als Gesellschafterin der H. und B. GbR seien bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides nach § 159 HGB verjährt gewesen. Eine Unterbrechung der Verjährung sei auch gegenüber der Gesellschaft nicht erfolgt. Den gegen die Gesellschaft gerichteten Umsatzsteuerbescheiden sei ein Leistungsgebot nicht beigefügt gewesen. Schon aus diesem Grund seien die Voraussetzungen einer Verjährungsunterbrechung nach der hier alleine anwendbaren Vorschrift des § 231 Abgabenordnung (AO) nicht gegeben.
Der Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
Er ist der Auffassung, eine Verjährung des Haftungsanspruchs sei wegen Unterbrechung nicht eingetreten.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin haftet nach zivilrechtlichen Grundsätzen für die Schulden der GbR, an der sie im Zeitpunkt des Entstehens der Verbindlichkeiten beteiligt war (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27. Juni 1989 VII R 100/86 BStBl II 1989, 92 mit zahlreichen Hinweisen auch auf zivilrechtliche Literatur und Rechtsprechung). Der Beklagte war daher berechtigt, die Klägerin durch Haftungsbescheid nach § 191 AO in Anspruch zu nehmen, solange die Haftungsschuld nach dem hierfür maßgebenden Recht noch nicht verjährt war (§ 191 Abs. 4 AO).
Die somit zu beachtende zivilrechtliche Verjährungsfrist (vgl. z.B. Tipke/Kruse, AO, 16. Aufl., Rdnr. 12 zu § 191 AO) kann sich aus § 195 BGB (30 Jahre) oder der analogen Anwendung des § 159 Abs. 1 HGB (5 Jahre) ergeben. Welche dieser Bestimmungen anwendbar ist, kann im vorliegenden Fall aber dahingestellt bleiben. Auch bei Anwendung des § 159 HGB könnte vom Eintritt der Verjährung im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids nicht ausgegangen werden, weil die Verjährung unterbrochen gewesen wäre.
Eine Unterbrechung einer aus dem Zivilrecht folgenden Verjährung des Haftungsanspruchs gegen die Klägerin als ehemalige Gesellschafterin einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kann nur nach zivilrechtlichen Regeln erfolgen. Die steuerliche Vorschrift des § 231 AO ist lediglich für die abgabenrechtliche Zahlungsverjährung anwendbar. Die Unterbrechung auch der Verjährungsfrist nach § 159 HGB richtet sich daher nach der Bestimmung des § 209 BGB (vgl. z.B. Heymann, HGB, 2. Aufl., Rdnr. 8 zu § 159).
Die Finanzbehörden sind allerdings befugt und deshalb auch gehalten, sowohl den Steueranspruch als auch einen zivilrechtlichen Haftungsanspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen (§§ 155, 191 AO). Insoweit kommt für sie eine Unterbrechungshandlung nach dem Wortlaut des § 209 BGB (insbesondere Erhebung einer zivilrechtlichen Feststellungs- oder Leistungsklage) nicht in Betracht. Da jedoch der Erlaß eines den Anspruch feststellenden bzw. seine Erfüllung verlangenden Verwaltungsakts in seiner Wirku...